1283 - Der Mörder-Mönch
Zigarette mit.
»Du kommst von weit her, nicht?«
»Ja, aus dem Süden.«
»Du hast einen guten Namen.«
»Den habe ich mir nicht ausgesucht.«
»Das weiß ich«, flüsterte sie und deutete mit beiden Händen in die Runde. »Kann es einen schöneren Platz auf der Welt geben, als dieser hier, an dem wir sitzen?« Sie wies auf verschiedene Bäume. »Äpfel, Birnen, Kirschen, die schon geerntet wurden. Das hohe Gras, die Sonne und auch der Schatten. Ich habe es gut und bin froh, dass ich mir schon damals das kleine Haus hier gekauft habe.«
Sie räusperte sich. »Aber das kann dir egal sein, du bist ja zu mir gekommen, um etwas zu erfahren. Viele kommen zu mir, weil sie meinen Rat hören wollen. Sogar der Bürgermeister fragt mich hin und wieder um meine Meinung, aber das kann dir egal sein. Du willst etwas ganz anderes wissen, mein Sohn.«
»Woher wissen Sie das?«
Die Frau winkte fast müde ab. »Frage nicht, ich weiß es. Außerdem solltest du mich auch duzen. Das tun alle.«
»Danke.«
Sie kicherte plötzlich wie ein kleines Mädchen. »Du gefällst mir. Deine Augen lügen nicht. Das finde ich toll. Es gibt heute nicht mehr viele ehrliche Menschen.«
»Das mag sein.«
»Es ist so, mein Freund. Entschuldige die Plauderei einer alten Frau, die gerne mal redet. Dass du Sorgen hast, sehe ich dir an. Leider kann ich sie nicht wegzaubern, aber wir können darüber reden, denke ich mal. Deshalb bist du auch hier.«
»Das stimmt.«
»Gut.« Asche fiel von der Zigarette ab und landete in der leeren Tasse. »Was also möchtest du von mir wissen?«
Godwin musste sich erst räuspern. »Es ist nicht einfach zu sagen, da bin ich ehrlich.«
»Ich höre gern.«
»Also gut.« Er musste sich erst sammeln und griff auch nach dem Glas Cidre, das ihm angeboten worden war. »Es geht um ein Phänomen der Vergangenheit.«
»Aber wir leben jetzt!«
»Du wirst es trotzdem kennen.«
»Dann höre ich zu.«
Sie nahm die Zigarette aus dem Mund und drückte den Rest in einer Metallschale aus, in der schon zahlreiche Kippen ihr Grab gefunden hatten.
Es war ziemlich still geworden im Garten. Ein weicher Wind wehte ihnen entgegen und brachte den Geruch von frisch gemähtem Gras mit, der sie wie ein wohltuender Vorhang umgab.
»Hinter dir, genau zwischen den Bäumen bewegt sich jemand. Er hat uns beobachtet.«
»Wer ist es?«
Die Frau bekam eine Gänsehaut. »Ich kenne ihn nicht, aber wenn mich nicht alles täuscht, trägt er eine rote Kutte.«
»Was?« Godwin wollte aufspringen, doch eine Hand legte sich auf sein Gelenk.
»Nicht so hastig. Er tut uns ja nichts. Es kann sein, dass er schon eine ganze Weile steht und uns beobachtet. Er hat sich einen sehr schattigen Platz ausgesucht. Direkt bei den Brombeerhecken.«
»Der Rote Mönch…«
»Vielleicht…« Sie löste ihre Hand von Godwins Arm und der entspannte sich wieder.
Äußerlich blieb er ruhig. Im Innern fühlte er sich wie elektrisiert. »Ich werde ihn mir trotzdem ansehen.«
»Tu das. Aber nichts überstürzen.«
»Keine Sorge«, flüsterte der Templer. Er hatte sich noch immer nicht beruhigen können. Sein Herz schlug schneller als normal und er merkte auch, dass kalter Schweiß auf seiner Stirn lag. Aber er riss sich zusammen und stand völlig normal auf. Danach stieg er mit dem rechten Bein zuerst über die Bank, es folgte das linke und dabei bewegte er sich in eine bestimmte Richtung, um zu den Bäumen und Büschen schauen zu können.
Er war noch da! Aber er stand nicht voll im Freien oder im Licht. Zwischen den Stämmen und auch in der direkten Nähe des Buschwerks schimmerte das helle Rot seiner Kutte.
»Was willst du jetzt tun, Godwin?«
»Hin zu ihm!«
Die Zauberin hatte etwas dagegen. Nur gelang es ihr nicht mehr, ein Wort zu sagen, denn Godwin de Salier startete durch.
***
Wir hatten es tatsächlich geschafft. In der Nacht waren wir zur Küste gefahren und hatten dort die erste Fähre in Richtung Frankreich bekommen. Im Sommer startete sie schon sehr früh, was auch wichtig war, denn es lag eine ziemliche Fahrstrecke vor ihr.
Viel zu sehen gab es auf dem offenen Meer nicht. Die wetterlichen Gegebenheiten waren günstig, und so hatten Suko und ich uns Plätze auf dem Deck gesucht. Wir nahmen die Liegestühle, die am Heck standen und machten uns lang.
Es war wichtig, Schlaf zu finden, denn davon hatten wir in der Nacht einfach zu wenig bekommen. Da keiner von uns an der Seekrankheit litt, dösten wir sehr schnell ein.
Gut erholt erreichten wir
Weitere Kostenlose Bücher