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1285 - Das Spiel des Lebens

Titel: 1285 - Das Spiel des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Spitzel sind hinter mir her. Fänden sie meine Werkstatt, wäre ich so gut wie tot. Ich weiß nicht, wie lange ich sie noch an der Nase herumführen kann. Meine Freunde sind ebenfalls in Gefahr. Targiiv weiß, mit wem ich tagaus, tagein zu tun habe.
    Ohne uns fiele die Knospe des Pfirsichs in Denguon auseinander. Wir sind gezwungen zu handeln, bevor es zu spät ist."
    „Du begibst dich in Gefahr", sagte ich, „wenn du dir den Termin deines Handelns von Targiiv bestimmen läßt. Ich verstehe deine Gründe, aber ich glaube nicht, daß dein Vorhaben erfolgreich sein wird. Was habt ihr geplant?"
    „Der Despot ist schutzlos ohne seine Leibgarde. Die Leibgarde ist am Fuß des Burgbergs kaserniert. Wir planen, die Kaserne anzugreifen und die Leibgarde auszuschalten. Danach fällt uns der Tyrann in den Schoß wie eine reife Pflaume."
    Es war die hirnverbrannteste Idee, die ich je gehört hatte.
    „Wie viele seid ihr?" fragte ich.
    „Fast dreißig."
    „Und wie viel Mann Leibgarde liegen in der Kaserne?"
    „Achthundert." Er sah meine Bedenken und wehrte rasch ab: „Auf einen Kampf Mann zu Mann lassen wir es selbstverständlich nicht ankommen. Wir arbeiten mit Bomben und Granaten."
    „Oh", staunte ich, „ihr versteht euch auch auf dem Gebiet der Chemie?"
    „Wir sind stolz darauf, den besten Chemiker des Landes Huun in unseren Reihen zu haben", erklärte er.
    „Wer ist das?"
    „Ich."
    Soviel Bescheidenheit verschlug mir den Atem. Paß die Rebellen von Denguon auch Sprengstoffe herzustellen verstanden, ließ Wrashs Vorhaben in einem etwas weniger katastrophalen Licht erscheinen. Aber ich war überzeugt, daß er seine kleine Mannschaft trotz Bomben und Granaten ins Verderben führen würde. Es gereichte den Denguonern zum Vorteil, daß ich rechtzeitig auf der Szene erschienen war. Denn mein Plan war eindeutig der bessere.
    „Höre, Wrash", sagte ich zu dem Wirt vom Löwen und Schwert, „du wirst mir jetzt deine Werkstatt zeigen, und ich werde dir erklären, wie man sich des Tyrannen entledigt, ohne daß dabei mehr als eine Handvoll Männer den Hals zu riskieren brauchen."
     
    *
     
    Er war gut eingerichtet, das mußte man ihm lassen. Vor allen Dingen der chemische Laborteil seiner Werkstatt rief meine Bewunderung hervor. Brandflecken an der kahlen, aus natürlichem Fels gewachsenen Wand wiesen darauf hin, daß die Tätigkeit des Chemikers nicht immer ungefährlich war. Ich musterte Wrash verstohlen. War es möglich, daß die Pockennarben, die sein kantiges Gesicht zierten, von der Beschäftigung mit der Chemie stammten?
    Ich hatte teureres Gerät in meiner Experimentierkammer. Das lag in der Natur der Sache: Einem Junggrafen mangelte es selten an Geld. Aber Wrash arbeitete systematischer als ich; das erkannte ich an der Weise, wie er seine Werkstatt eingerichtet hatte. Für die Revolution war es gewiß ein gutes Ding, daß wir beide zueinander gefunden hatten: er, der Gründliche, und ich, der Impulsive.
    Ich sah mich um und gelangte zu dem Schluß, daß mit dem, was hier vorhanden war, und jenem, was ich mitgebracht hatte, mein Plan sich verwirklichen ließ. Es ging allmählich auf den Morgen zu. Ich mußte noch vor Tagesanbruch zum Krug und Schwan zurückkehren, damit die schnarchende Schöne nicht Verdacht schöpfte, wenn sie allein in meinem Bett aufwachte. Die Nacht war kühl geworden. Ich bat Wrash, uns einen heißen, gezuckerten Wein zu bereiten. Heißer Wein wärmt nicht nur den Körper; er beruhigt die Seele. Und eine ruhige Seele brauchte ich auf selten meines Zuhörers; denn der Plan, den ich ihm auseinander zu setzen hatte, verstieß gegen alles, was im Lande Huun den Menschen von klein auf über Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und Ehre beigebracht wurde.
    Wir schlossen die Hände um die Becher, um die Wärme auch auf diesem Wege in uns einströmen zu lassen, und ich begann mit meinem Bericht. Wrash war ein guter Zuhörer.
    Er unterbrach mich kein einziges Mal. Seine Miene war undurchdringlich. Er ließ mich nicht erkennen, was er dachte.
    Als ich geendet hatte, schwieg er eine Zeitlang. Er starrte über den Rand des Bechers hinweg zu Boden.
    „Kein Kampf", sagte er plötzlich mit dumpfer Stimme.
    „Kein Kampf", bestätigte ich.
    „Alles nur Hinterlist und Tücke."
    „Alles."
    „Man wird uns kreuzigen - ob wir Erfolg haben oder nicht."
    „Recht hast du", sagte ich.
    Er machte abermals eine Pause. Dann fuhr er fort: „Aber wir bekämpfen den Tyrannen nicht, um Vorteile für uns selbst zu erringen. Wir

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