1285 - Das Spiel des Lebens
dazu, sondern ließ sich wortlos abführen.
6.
Die Situation war ein wenig anders als zur Zeit unserer Abreise aus Mardakka. Das große Haus wimmelte von Gestalten in Shants. Einige davon waren eindeutig terranischer Herkunft, und Ronald Tekener geriet in Erregung, weil er in ihnen Besatzungsmitglieder der verschollenen Tsunamis 113 und 114 erkannte. Er sprach sie an, aber sie antworteten nicht. Er schrie sie an; sie gingen ihm aus dem Weg. Er streifte den eisernen Handschuh über und zeigte ihnen, daß er ein Privilegierter sei. Da mußten sie ihm antworten. Aber alles, was sie hervorbrachten, war: „Wir folgen dem Gebot des Gehorsams. Der Ewige Krieger hat uns nicht erlaubt, zu dir zu sprechen."
Ron und ich fühlten uns eingeengt. Die Vironauten, die während unserer Abwesenheit das Haus gehütet hatten, wirkten verschüchtert und verängstigt. Veedro und Tomkan waren ständig in unserer Nahe. Sie hatten ihr achtungsvolles Gehabe abgelegt und behandelten uns wie entfernte Verwandte, deren Besuch man wohl in Kauf nimmt, ohne sich jedoch darüber zu freuen. Gewisse Gebäudeteile waren uns versperrt. Wir erkundigten uns nach dem Grund und erfuhren, daß der Panish Panisha es so angeordnet habe. Er werde im übrigen in Kürze erscheinen, um uns über die Ergebnisse des Spiels des Lebens zu unterrichten. Bisher wußten wir nämlich noch immer nicht, ob wir gewonnen oder verloren hatten.
Wir nahmen Verbindung mit Irmina Kotschistowa auf, die ihr Quartier in einem anderen Gebäudeteil aufgeschlagen hatte und angesichts der Überschwemmung von Shant-Gekleideten Wert darauf legte, ein so niedriges Profil wie möglich zu wahren. Sie hatte den Elfahder in Behandlung, das erfuhren wir. Salov hatte ihn pünktlich abgeliefert. Sie war besorgt, weil jedermann sich leicht ausrechnen konnte, daß es dem Willen des Ewigen Kriegers widersprach, wenn Volcayr vor dem Tode bewahrt wurde. Sie hatte sich in einen der hintersten Winkel des großen Hauses zurückgezogen und erzielte, wie wir hörten, mit ihrer Behandlung gute Erfolge. In kurzer Zeit würde der Elfahder wieder auf den Beinen sein.
Bald darauf erfuhren wir gerüchtweise, daß Irmina von den terranischen Shana festgenommen und eingesperrt worden war. Wir unternahmen nichts dagegen. Es war klar, daß ihr keine physische oder psychische Gefahr drohte. Sie hatte, ebenso wie Reginald Bull, der sich ebenfalls irgendwo in den unergründlichen Tiefen dieses Hauses befand, auf die Ankunft des Kriegers Ijarkor zu warten.
Zu Jo Polynaise hatten wir wesentlich freieren Zutritt. Der hünenhafte Androide berichtete uns von Bullys Expedition zum Nordpol. Er sprach von Chimba, den wir nicht kannten, und von Twik, von dem wir wenigstens gehört hatten. Er erzählte uns von der Entscheidung, die der Panish Panisha getroffen hatte, und wir begriffen aufgrund seiner Schilderung, daß die achtundvierzig Shana, die Überlebenden der Tsunami-Besatzungen 113 und 114, mit uns nichts mehr zu tun haben wollten. Sie waren Jünger des Ewigen Kriegers und mit Kodexgas wahrscheinlich so vollgepumpt, daß sie keinen normalen Gedanken mehr zu fassen vermochten. Susa Ail und Luzian Bidpott befanden sich in Sicherheit im Innern des Androiden. Soweit sich ermitteln ließ, waren sie während ihres Einsatzes in der Hohen Schule des Nordens von niemand bemerkt worden. Dasselbe galt für Twik, den Ulupho. Jo Polynaise und Chimba waren von einem subalternen Angestellten der Upanishad per Schweber nach Mardakka zurückbefördert worden.
Während dieser Zeit hatte Twik sich kein einziges Mal aus Jos Tasche gerührt. Nach der Ankunft im Haus im Park war er plötzlich verschwunden. Wir wußten von Salov, daß er inzwischen längst zu seinen Gesinnungsgenossen zurückgefunden hatte.
Dann kam der große Tag. Der Panish Panisha kündete seine Ankunft an. Wir hätten ihn auch dann im großen Saal empfangen, wenn uns dies nicht von Tomkan und Veedro allen Ernstes nahegelegt worden wäre. Wir betrieben den üblichen Aufwand. Ophalische Leckerbissen wurden zubereitet, Graucums Lieblingsgetränke - soweit sie uns bekannt waren - zurechtgestellt. Wir ließen es an nichts mangeln, wodurch wir dem Panish Panisha vor Augen führen konnten, daß wir die Lage nach wie vor als normal betrachteten.
Daß dem nicht so war, wußten wir ebenso gut wie sonst jemand. Das Spiel des Lebens hatte einen ungewöhnlichen Verlauf genommen. Wer der Gewinner war, ob es überhaupt einen Gewinner gab, das hing alles noch in der
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