1287 - In der Kalmenzone von Siom Som
informieren, denn wir wissen nichts über die Absichten und die Stärke unseres Gegners."
„Es wäre überhaupt kein Problem gewesen, den Eindringling zu erwischen." Sandro Andretta hielt die beiden nakkischen Sprech-Sichtmasken hoch. „Aber diese Nakken stellen sich derart dämlich an. Sie haben weder mich registriert, noch die Hilfsgeräte akzeptiert. Wenn sie mir geholfen hätten, wäre alles ein Kinderspiel gewesen. Ich hätte den Gorim bestimmt erwischt."
„Ich erinnere mich an die Worte des Kriegers", mahnte der frühere Hyperbiologe. „Wir sollen möglichst unauffällig handeln und die Nakken in Ruhe lassen. Sie haben einen besonderen Status, der sie außerhalb unserer Hierarchie stehen läßt."
Sandro Andretta winkte ab. Dann rief er den Dritten im Bund, Oliver Grueter, der früher als Wartungstechniker für Medo-Roboter auf dem TSUNAMI-113 tätig gewesen war. Der Shad, der sich seit Stunden im Heraldischen Tor und seit kurzem auch in der Nähe der Permitträger und ihrer geistigen Konkubinen aufhielt, konnte seine beiden Mitstreiter beruhigen.
„In der Nähe unserer Zielpersonen ist kein Unbefugter aufgetaucht", berichtete er. „Hier läuft alles seinen geregelten Gang. Die Show im linken Siegelraum ist zu Ende. Die Permitträger kommen jetzt heraus. Ich lasse sie keinen Sekundenbruchteil aus den Augen."
„Fassen wir uns in Geduld", stellte Gerard Hoegener fest.
Sandro Andretta nickte. „Irgendwann macht er einen Fehler. Und dann ist er erledigt."
*
Seine Ankündigung, die Permitträger über die Bedeutung des Heraldischen Tores aufzuklären, machte der Kodexwahrer Dokroed nicht wahr. Schweigend führte er die vier Vironauten durch das Innere des mächtigen Bauwerks. Die drei Pailliaren folgten der kleinen Gruppe wortlos. In der Nähe des Somers wagten sie nicht, etwas zu sagen.
„Es wäre vielleicht doch besser gewesen", flüsterte Jennifer Thyron ihrem Mann zu, „wenn Roi und du nicht so vorlaut gewesen wärt."
„Unsinn!" erwiderte Tek lauter. „Wir sind Permitträger, die der Sotho eingesetzt hat. So mußt du das sehen. Damit stehen wir haushoch über diesem pailliarischen Fußvolk. Das sollen ruhig alle sehen und spüren."
„Auch Dokroed", fügte Roi Danton hinzu. „Wir lassen uns nicht unterbuttern."
„Seid doch still", bat Demeter. „Ich versuche mich gerade zu orientieren. Wenn ich mich nicht täusche, dann nähern wir uns dem Block an der Spitze des Tores, wo sich der Hauptkommandostand befinden soll."
„Die geistigen Konkubinen haben zu schweigen!" zirpte Dokroed energisch, ohne sich dabei umzudrehen.
„Da hast du es", feixte Roi. „Die Frauen haben den Mund zu halten."
Demeter warf Jennifer einen hilfesuchenden Blick zu, aber die schüttelte nur kurz den Kopf.
Der Somer stolzierte in eine Art Fahrstuhl. Er winkte den anderen, die ihm auch folgten.
Roi und Tek sahen sich um, aber außer kahlen Wänden erkannten sie nichts.
Das änderte sich aber schlagartig. Auf einer Breite von mindestens 200 Meter wurde die Innenwand durchsichtig. Eine riesige Schaltzentrale bot sich den Blicken der Vironauten.
„Der Hauptkommandostand", erklärte der Kodexwahrer. „Von hier werden alle Untersysteme des Heraldischen Tores gesteuert."
„Durch wen?" wollte der Smiler wissen. „Etwa durch diese aufrechten Gummiwürmer?"
Er deutete auf eine der seltsamen Gestalten, die aufrecht gleitenden Schnecken ohne Haus glichen.
Der Somer sah durch Ronald Tekener hindurch, aber er ging auf seine Frage ein.
„Das sind die Torhüter", erläuterte er bereitwillig. „Sie gehören dem Volk der Nakken an.
Der, der dort oben auf der Empore vor der großen Schalttafel steht, ist Guhut, der Tormeister. Ihm unterstehen die 480 Torhüter dieses Heraldischen Tores. Sie sind die eigentlichen Techniker des Tores. Ohne Nakken gibt es keine Heraldischen Tore."
„Sie sehen nicht gerade besonders überzeugend aus", bemerkte Roi. „Sie haben ja nicht einmal Augen im Kopf."
„Das ist richtig." Der Kodexwahrer blieb unbeeindruckt. „Seht hin, wie Guhut arbeitet. Er scheint geistig abwesend zu sein. In der Tat ist er, wie alle Nakken, blind, taub und stumm, was die Dinge unserer vierdimensionalen Umgebung betrifft. Sie besitzen keine Sinne wie wir. Sie brauchen sie auch nicht, denn sie sehen mehr als wir. Mit ihren Fühlern nehmen sie die energetischen Strömungen psionischer Kraftfelder direkt auf. Ihre Ganglien können diese Informationen sinngerecht verarbeiten. Das macht sie so
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