1287 - Wiedersehen im Jenseits
nur auf meinem Rücken, sondern überall am Körper. Und ich hatte das Gefühl, der Lösung des Problems ein großes Stück näher gekommen zu sein.
Ascot erhob sich von seinem Stuhl. Er drückte beide Hände in die Höhe und spreizte die Finger. »Zeige dich, meine Schwester! Zeige dich. Wir warten…«
Und dann erschien die schöne Helena…
***
Lady Sarah Goldwyn erwartete noch im gleichen Augenblick den Einschlag der Kugel in ihrem Kopf.
Sie fragte sich zudem, ob sie überhaupt etwas wahrnehmen würde oder ob ihr der Lebensfaden sofort gekappt wurde. Sie konnte es nicht sagen, sie wunderte sich nur, dass sie noch lebte und dass der Abschussknall so laut gewesen war, wobei sie noch ein anderes Geräusch vernommen hatte.
Ihr Blick war auf Katja gerichtet. Und die zog ein Gesicht, wie es Sarah bei ihr noch nicht erlebt hatte.
Sie staunte. Sie war blass. Den rechten Arm mit der Waffe hielt sie gesenkt, er war praktisch an ihrem Körper herab nach unten gefallen, und sie dachte nicht mehr daran, auch nur einen Schuss abzufeuern.
Das hatte seinen Grund, denn im unteren Teil der linken Schulter befand sich ein Loch. Der Stoff der Bluse sah dort aus wie verbrannt. Es war eine Schusswunde, aus der Blut sickerte.
Hatte sie selbst auf sich geschossen und war das andere Vorhaben nur ein Bluff gewesen?
Es wies alles darauf hin. Sarah glaubte es trotzdem nicht, denn hinter dem Sessel hörte sie Geräusche, und sie vernahm auch eine ihr sehr bekannte Stimme.
»Es ist alles okay, Sarah. Bleib sitzen.«
Suko, mein Gott, es war Suko. Ihn musste der Himmel geschickt haben. Sarah vernahm auch das Klirren, als eine Scheibe noch mehr zu Bruch ging, und dann schaute sie zu, wie die Verletzte den Stuhl erreicht hatte und sich fallen ließ.
Hart sank sie darauf nieder. Der Ruck löste auch die Starre der rechten Hand. Die Waffe fiel zu Boden und blieb dort liegen, während Suko durch das Fenster kletterte und Sekunden später vor und zugleich neben Sarah Goldwyn stand.
»Ich glaube es nicht, Suko.«
»Das kannst du aber ruhig. Ich bin wirklich nicht mein eigener Geist.«
»Wieso…«
»Später, Sarah. Zunächst muss ich mich hier um diese schießwütige Person kümmern.«
»Ja, tu das.« Mehr brachte die Horror-Oma im Moment nicht heraus. Sie war völlig geschafft. Wie ein Film lief alles in ihrem Kopf ab, was sie erlebt hatte. Da drehte sich die Rolle zurück, und ihr wurde erst jetzt bewusst, in welcher Gefahr sie gesteckt hatte. Dass sie anfing zu zittern, lag auf der Hand, denn auch eine Sarah Goldwyn steckte die Dinge nicht so einfach weg.
In der Tasche ihres Kleides fand sie ein Tuch, mit dem sie über ihr Gesicht wischte. Vom Rücken her traf sie der kühle Wind am Kopf, der durch das zerstörte Fenster drang.
Suko stand neben Katja. Sie war bleich und presste eine Hand gegen ihre Schusswunde. Sie musste unter starken Schmerzen leiden, denn ihr Gesicht zeigte diesen Ausdruck. Aber sie war auch stark genug, um nicht bewusstlos zu werden, und darauf setzte Suko, der zuvor den Notarzt über sein Handy alarmiert hatte. Bis der Mann eintraf, wollte er die nötigen Antworten bekommen.
Katja schwankte. Lange würde sie nicht durchhalten. Über ihre Lippen drang ein Stöhnen, danach kippte sie zur Seite, aber Suko fing sie ab und hielt sie fest.
»Der Arzt wird gleich eintreffen«, machte Suko ihr Mut. »So lange müssen Sie durchhalten.«
Katja schwieg.
Suko wollte Antworten haben. Er wusste, dass die Zeit drängte. Deshalb wandte er sich an Sarah Goldwyn. »Wer ist diese Frau?«
»Sie heißt Katja und hat mit Ascot zu tun!«
Der Inspektor überlegte blitzschnell. Das Ergebnis war zwar klar, nur gefiel es Suko nicht. »Dann ist er informiert, was hier abläuft, denke ich. Er hat dir nicht getraut, Sarah, sonst hätte er diese Person nicht zu dir geschickt.«
»Das befürchte ich auch.«
»Es wird John nicht gerade gefallen.«
»Ich weiß es nicht, Suko. Er ist hingefahren. Man darf Ascot nicht unterschätzen, aber das weißt du selbst.«
Suko fühlte sich wie ein Gefangener, dem nicht viel Spielraum blieb. Er wusste nicht, wie er reagieren sollte. Es drängte ihn, ebenfalls zu Ascot zu fahren, auf der anderen Seite saß diese angeschossene Frau neben ihm.
»Frage doch Katja«, flüsterte die Horror-Oma. »Sie kann dir mehr sagen.«
Als die Verletzte ihren Namen hörte, zuckten ihre Lippen. Sie wollte grinsen, was sie nicht schaffte.
Ein letztes Seufzen war zu hören, dann packte sie die Bewusstlosigkeit.
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