1287 - Wiedersehen im Jenseits
Alwin brauchte ich mich nicht zu kümmern. Vielleicht würde ich ihm irgendwann mal sagen, dass ich ihm durch diese Aktion das Leben gerettet hatte. Im Moment war es unwichtig für mich, denn jetzt ging es um Helena und natürlich um ihren Verwandten.
Ich fuhr herum.
Die Beretta machte die Bewegung mit. Ich war bereit, beide zu stoppen, doch mein Zeigefinger zog sich vom Abzug zurück, obwohl ich das Ziel sah.
Beide standen dicht beisammen. Sie hielten sich sogar umschlungen. Ihre Wangen berührten sich, aber sie waren bereits nicht mehr in dieser Ebene. Sie traten die Reise an. Sie würden verschwinden.
Möglicherweise im Jenseits landen, was wusste ich schon.
»Wir holen dich noch!«, keifte mir Ascot entgegen. Obwohl er in meiner Nähe stand, hörte sich seine Stimme an, als dränge sie aus der Unendlichkeit an meine Ohren.
Beide traten die Reise an, und ich war nicht mehr in der Lage, sie zurückzuhalten…
Gewonnen - verloren?
Es kam mir beides in den Sinn. Wenn ich an Alwin dachte, konnte ich mich als Sieger betrachten, denn ich hatte ihm das Leben gerettet. Aber Helena war mir entkommen, und sie hatte ihren Verwandten mitgenommen, um keine Spuren zu hinterlassen.
Ich ging davon aus, dass sie wieder einen Menschen brauchte. Man hatte Alwin für sie ausgesucht. Er kam nicht mehr für sie in Frage, also brauchte sie eine andere Person.
Brauchen…
Ich dachte über diesen Begriff nach und stellte ihn in einen direkten Zusammenhang mit Helena. Warum brauchte sie die Männer? Nicht zum Spaß, um mit ihnen Sex zu haben. Diesen Wunsch verspürten die Kerle bestimmt, aber nicht sie.
Helena ging es um etwas anderes.
Sie wollte leben, existieren. Sie brauchte einen Stoff, einen Treibstoff, der dafür sorgte. Meiner Meinung nach konnten das nur die Männer sein, die sie zunächst um ihren kleinen Finger wickelte, um sie danach loszuwerden.
Loszuwerden, zu töten, sie in den Tod zu treiben. Die Männer nahmen sich das Leben und gaben ihr etwas zurück. Ihr Leben, ihre Seelen…
Wenn ein Vampir existieren will, braucht er Blut. Helena war kein normaler Vampir mit zwei gefährlichen Beißzähnen, aber man konnte sie als etwas Ähnliches wie einen Vampir ansehen. Auch sie saugte die Menschen aus, nur trank sie nicht ihr Blut, sondern holte die Kraft aus ihren Seelen.
Das war die Lösung!
Zumindest eine vorläufige. Etwas anderes konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, und wenn ich zurückdachte, dann war dieser Fall im Prinzip nicht neu. Ähnliches hatte ich schon erlebt, nur eben in einer anderen Variation.
Männer mussten für sie in den Tod gehen, damit sie überleben konnte. Sie opferte die Menschen und bekam dafür als Belohnung so etwas wie das große und ewige Leben.
Eine andere Lösung fiel mir nicht ein, und auch Alwin würde mir nicht helfen können, auch wenn er in der Lage gewesen wäre zu sprechen. So aber lag er am Boden, und ich konnte fast zuschauen, wie die Beule auf seinem Kopf wuchs.
Er war nicht mal mehr eine Randfigur in diesem makabren Spiel. Für mich kam es jetzt darauf an, Helena zu finden und natürlich auch Ascot. Er hatte voll auf sie gesetzt, sie ebenfalls auf ihn, und meine Gedanken drehten sich plötzlich in eine bestimmte Richtung.
Man hatte Helena sehr drastisch und direkt erlebt. Sie war um ihren Erfolg betrogen worden, aber eine wie sie konnte das nicht hinnehmen. Was sie brauchte, das würde sie sich holen, und ich dachte daran, dass die Vorzeichen die gleichen geblieben waren, sich die Personen aber verändert hatten.
Wenn nicht Alwin, dann Ascot!
Da kennt man keine Verwandten. Das Sprichwort fiel mir bei dieser Lösung ein. Ich war sogar sicher, dass es so laufen würde und sah Abraham Ascot jetzt in Lebensgefahr.
Mochte er gewesen sein und getan haben, was er wollte, dieses Schicksal musste ich ihm ersparen.
Nur waren beide verschwunden. Wohin konnten sie gegangen sein?
Der Friedhof fiel mir ein. Etwas anderes kam für mich nicht in Frage. Er war Helenas Gebiet. Dort hatte alles begonnen, dort ging es weiter, dort würde es auch enden.
Ich hörte, wie im Vorzimmer die Tür aufgerammt wurde. Schnelle Schritte hasteten durch den Raum.
Ich stand wirklich auf dem Sprung, doch ich entspannte mich wieder, denn der eilige Besucher war mein Freund Suko.
Bevor er etwas sagen konnte, winkte ich ab. »Alles im grünen Bereich, Suko.«
Er deutete auf Alwin. »Was ist mit ihm?«
»Er schläft und kann froh darüber sein.«
»Was ist mit…«
Ich ließ ihn
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