1287 - Wiedersehen im Jenseits
Erstes über seine Lippen.
»Es tut mir so schrecklich Leid«, flüsterte er, »aber ich habe es nicht gewollt und nicht gewusst.«
»Was hast du nicht gewollt?«
»Das mit Alwin.«
»Ja«, flüsterte Helena. »Das ist schon ein Fehler gewesen. Du weißt, worum ich dich gebeten habe. Ich brauchte einen Mann so schnell wie möglich, denn dieser Bill Conolly ist mir aus meinem Netz entwischt. Du hast schnell Alwin geholt. Wir haben uns beeilt. Es wäre auch fantastisch gelaufen und ich wäre zufrieden gewesen und auch satt, aber dann ist dieser verdammte Mensch gekommen, den ich hasse wie sonst nichts auf der Welt. Er hat mir meine Nahrung genommen, verstehst du das, Abraham?«
»Sicher.«
»Und du hast nichts dazu getan, dass es anders ausgegangen wäre. Verstehst du das auch?«
Er nickte.
»Mein Hunger ist noch da. Ich muss ihn schnell loswerden, Abraham. Ich brauche schnell jemanden, der sich für mich interessiert. Es ist leider niemand in der Nähe. Oder siehst du jemanden?«
»Nein!«, würgte er hervor, obwohl er wusste, auf was Helena hinauswollte.
»Aber ich sehe einen Mann!«
Ascot senkte den Blick. Er konnte nicht mehr in Helenas Gesicht schauen, da er wusste, wie die nächsten Sekunden ablaufen würden.
»Hörst du?«
»Ja…«
»Das ist gut, Abraham. Es gibt nur dich, mein Freund, und keinen anderen. Du bist der Mann, und du wirst die Rolle des Alwin einnehmen. Ich muss weiterleben. Ich brauche die Energie. Ich muss erleben können, wie sich jemand für mich opfert. Ich brauche die Macht und den Geist der Toten, nur das ist wichtig.«
»Ich weiß es.«
»Bist du bereit?«
Die letzte Frage hatte sie mit scharfer Stimme gestellt, und sie zwang Ascot dazu, den Kopf zu heben, damit er in ihr Gesicht schauen konnte.
Beide standen nicht mal eine Schrittlänge voneinander entfernt. Sie schauten sich an. Auge um Auge, und Ascot merkte, dass er keine Gnade zu erwarten hatte. Deshalb wirkten die Worte der Frage wie ein Hohn, als sie sprach. »Du liebst mich auch, nicht wahr?«
»Ja, ich mag dich.«
»So muss es sein. Jeder, der mich mag, der ist bereit, alles für mich zu tun. Ich habe es vier Mal erlebt. Man ging für mich in den Tod, und jetzt bist du an der Reihe. Du kennst die Regeln. Wir werden uns im Jenseits wiedersehen. Die Ascots bleiben zusammen, das verspreche ich dir hier.«
Der Psychologe konnte nichts sagen. Hier ging es nicht um einen Patienten, sondern um ihn allein, und genau das machte ihn so hilflos. Der Druck in seiner Kehle nahm zu. Es war ihm sogar unmöglich, einen Satz zu sagen. Er starrte nach vorn, und er sah, dass Helena etwas aus den Falten ihres Kleides hervorholte.
Es war ein sehr schmales Messer, dessen Klinge noch in der Scheide steckte. Mit einem Ruck löste sie es davon, sodass die Waffe frei lag: »Nimm es, und stich es dir ins Herz!«
Auch jetzt sagte Ascot nichts. Er konnte nicht sprechen. Er wusste nicht mal, ob er normal atmete. Die Welt hatte sich für ihn auf einen Punkt zusammengezogen. Es war ihm auch egal, in welch einer Umgebung er sich befand, und er spürte nicht mal die Kälte des Griffs, als er das Messer an sich nahm.
»Es wird ganz leicht in deinen Körper hineindringen«, erklärte ihm Helena.
Ascot nickte.
»Dann tu es jetzt!«
Der Psychologe zögerte noch. Schweiß rann über sein Gesicht. Die Luft in der Gruft schien noch stickiger geworden zu sein, denn sie war kaum zu atmen.
Plötzlich konnte er wieder sprechen, und er stellte eine Frage. »Wiedersehen im Jenseits?«
»Ja.« Sie lächelte. »Wie alle Männer vor dir. Sie haben davon geträumt. Du doch sicherlich auch oder? Ich war dir nicht egal. Du hast gelitten, wenn ich mir die anderen holte.«
»Manchmal.«
»Dann wirst du nicht mehr leiden, denn im Jenseits werden wir uns noch oft treffen.«
Einen letzten Blick warf er in das Gesicht der Frau. Dort sah er noch immer das Grinsen oder das Lächeln. Es hatte Falten in der Haut hinterlassen, völlig normal, aber in ihrem Fall sahen diese Falten anders aus, denn sie erinnerten mehr an Risse.
Ja, die Haut riss bereits. Helena brauchte das neue Opfer. Zu lange hatte sie warten müssen, und Ascot wusste genau, was er zu tun hatte. Nichts warnte ihn mehr. Nichts hielt ihn davon ab, das zu tun, was sein musste.
Er drehte das Messer! Jetzt wies die Spitze der Klinge auf seine linke Brustseite. Aber sie berührte den Körper noch nicht. Dazu musste sie noch weiter auf seinen Körper zuwandern.
Es kam zur ersten Berührung. Ascot
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