1289 - Desteros Söhne
herrschte das gleiche Durcheinander wie in seinem Kopf.
Da hatte ein Vater einfach Angst um seinen Sohn!
Es gab mehrere Hallen, und es wäre fatal gewesen, wenn wir sie erst noch hätten durchsuchen müssen. Zum Glück wusste ich, wohin wir mussten, und wir erlebten auch, dass die Eingangstür zwar geschlossen, aber nicht verschlossen war.
Bill wollte in den Bau stürmen wie ein Stier, der ein rotes Tuch gesehen hatte. Suko war schneller als ich und zerrte ihn zurück. »Mach keinen Fehler, Bill.«
»Johnny…«
»Holen wir gemeinsam.«
Die beiden waren beschäftigt. So war ich der Erste an der Tür der Halle und machte den Eingang frei.
Wir hatten Tag. Durch die großen Fenster fiel genügend Licht. Ich sah die vier Tennisplätze, ich sah den Gang dazwischen, aber ich sah noch mehr.
Drei starre junge Männer, die auf dem Fleck standen, als wären sie Statuen in einem Park. Die Lippen hielten sie geschlossen, die Augen standen weit offen, und wir sahen deutlich die Angst, die sich darin festgesetzt hatte.
Tiefer in der Halle lag jemand am Boden. Schon aus der Ferne war der große Blutfleck auf seinem Rücken zu sehen, und da wussten wir Bescheid, dass es bereits ein Opfer gegeben hatte.
Bills Stimme schrillte nicht nur in meinen Ohren nach, als er die jungen Männer anschrie. »Wo steckt Johnny?«
Dave Norris streckte den Arm aus. »Er ist dort durch die Tür gelaufen.«
»Und der Henker?«
»Auch…«
»Scheiße!«, zischte ich nur und sprintete los…
***
Ob die Schattengestalt mit der Waffe zugeschlagen hatte oder ob er selbst zu schnell gewesen war, das wusste Johnny nicht. Jedenfalls war er der verdammten Waffe entwischt und hatte es geschafft, sich durch die Tür zu drängen und damit hinein in den Gang.
Eine Fluchtmöglichkeit war das auch nicht. Er kannte sich hier nicht aus und wusste deshalb nicht, ob es an dem einen oder anderen Ende des Gangs noch eine Tür gab, durch die er ins Freie gelangen konnte. Er musste sich für eine Seite entscheiden.
Johnny rannte nach rechts.
Er lief schnell. Seine Beine bewegten sich in einem rasenden Tempo. Er wollte nicht bis zum Ende des Gangs laufen, weil er dort in einer Falle steckte, wenn es keine Tür nach draußen gab. Aber er hatte an den Seiten andere Türen gesehen. Zwar wusste er nicht, wo er landen würde, doch eine minimale Chance ist besser als keine.
Die dritte Tür auf der linken Seite riss er auf. Der Sprung in den Raum dahinter. Der erste Rundblick, begleitet von seinem Keuchen. Der Zufall hatte ihn in eine schmale Toilettenkabine gebracht. Es gab eine Schüssel, ein Urinal und ein kleines Waschbecken. Und eine Vorrichtung, mit deren Hilfe er die Tür abschließen konnte.
Er drehte den dicken Halbmond aus Kunststoff herum und ging zurück bis an die Wand neben dem Becken. Er atmete schwer. Er war schweißnass, aber er merkte auch die Stille, die ihn umgab. Jetzt sprach niemand mehr, aber das machte ihn nicht eben optimistischer.
Die schnelle Flucht hatte ihn nicht an seine eigene Angst denken lassen. Die allerdings würde zurückkehren, das stand für ihn fest, denn Johnny wusste genau, dass ihn Destero nicht entkommen lassen konnte. Er würde ihm mit großem Vergnügen den Kopf abschlagen.
Jetzt kam es darauf an, ob John Sinclair schnell genug war, um noch eingreifen zu können. Die Sekunden rannen dahin. Johnny versuchte zu lauschen, etwas von dem mitzubekommen, was sich draußen auf dem Gang tat, aber sein eigenes Atmen war einfach zu laut. Er war deshalb nicht in der Lage, etwas zu hören.
Wenig später änderte sich das. Da war etwas zu hören. Schritte und zugleich dumpfe Laute, als jemand gegen die anderen Türen des Gangs schlug und es sogar schaffte, sie aufzubrechen. Das Splittern und Krachen war wie eine Folter für Johnnys Ohren. Das mörderische Beil war so scharf, dass Destero jeweils nur zwei Schläge brauchte, um die Türen zu zerstören.
Danach reichte ihm ein Blick. Dann machte er sich an der nächsten Tür zu schaffen.
Johnny hatte sich mit dem Rücken gegen die Wand gepresst. Erhörte jetzt überdeutlich, wie die Schattengestalt des Henkers mit der mörderischen Waffe näherkam und plötzlich seine Tür erreichte.
Er schlug noch nicht dagegen, aber Johnny wusste trotzdem, dass seine Zeit des Versteckspielens vorbei war.
Er stellte sich vor, wie die mörderische Gestalt draußen stand und sein Beil anhob.
Wenige Augenblicke später wurde aus der Theorie grausame Praxis. Der erste Schlag traf die dünne
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