1296 - Wenn der Albtraum kommt
geben.«
»Aber was soll ich denn jetzt machen?«, fragte sie mit einer jammernden Jungmädchenstimme.
»Es wird am besten sein, wenn Sie in unserer Nähe bleiben. Eine hundertprozentige Sicherheit kann ich Ihnen zwar auch nicht versprechen, aber wir können uns gegen ihn wehren.«
»Das glaube ich nicht.«
»Müssen Sie aber.«
»Wie kann er uns denn sehen?«
Ich hätte ihr gern eine Antwort gegeben, aber ich wusste leider keine. Dieser Mensch hatte sich mit den Mächten der Finsternis verbündet, und dadurch war er uns Menschen überlegen.
»Sie wissen auch nichts - oder?«
»Nein, Mrs. Scott. Nichts Genaues. Aber wir stehen ebenfalls auf seiner Liste.«
»Das ist kein Trost für mich.«
»Das glaube ich Ihnen.«
»John…«
Ich horchte auf. Wenn Suko so sprach, dann störte ihn etwas. Er hatte sich an der Unterhaltung nicht beteiligt, sondern sich in der Umgebung umgeschaut. Es gab nicht viel zu sehen. Wir standen gewissermaßen mitten in der Prärie. In der Nähe befand sich weder ein Haus noch eine Ortschaft. Es gab nur die Landschaft, über die sich die Dunkelheit ausgebreitet hatte. In der Ferne waren Lichter zu sehen, die wie Sterne wirkten, so weit waren sie weg.
»Was ist denn?«
»Es wird neblig!«, lautete sein knapper Kommentar.
»Ist das so ungewöhnlich zu dieser Jahreszeit?«
»Das nicht, John. Aber ich traue dem Nebel nicht. Er kriecht heran, und er ist auf ein bestimmtes Gebiet begrenzt. Einzig und allein auf unsere Straße.«
Das war genau der Satz, der mich ebenfalls aufmerksam werden ließ. Ich drehte mich wieder zurück in die normale Position und schaute nach vorn.
Auf der Windschutzscheibe klebten zahlreiche kleine Tropfen und erschwerten die Sicht. Suko ließ die Wischer zwei Mal hin und her gleiten, dann war die Scheibe frei, und Suko schickte auch das Fernlicht in die Nacht.
Es reichte normalerweise sehr weit. Bei uns allerdings nicht, denn schon bald baute sich das Hindernis auf, und das Licht traf die Wolken des auf die Straße begrenzten Nebels.
»Jetzt bist du dran, John…«
»Da stimmt was nicht.«
»Genau. Der Vorbote des Albtraums.«
Ich nickte. »Super. Jetzt kommt es darauf an, wie wir uns verhalten.«
»Wir können zurückfahren.«
Ich musste lachen. »Willst du das tatsächlich?«
»Nein, eigentlich nicht.«
»Was dann?«
Ich schaute Suko an, sah sein Lächeln und wusste, dass er ebenso dachte wie ich. »Also, wenn das der Albtraum ist, dann werden wir vor ihm nicht weglaufen. Er will die Konfrontation. Er kommt sich im Nebel sicherer vor. Soll er.«
»Gut. Dafür bin ich auch.«
Auf dem Rücksitz hatte uns Corinna Scott nicht nur gehört. Ihr war auch die Veränderung vor dem BMW aufgefallen, und sie konnte sich den plötzlichen Nebel nicht erklären.
»He, he, das ist nicht normal.«
»Wissen wir«, sagte ich.
»Kommt er?« Wir konnten hören, wie sie zitterte, denn das schlug sich auf ihre Stimme nieder.
»Es ist noch nichts zu sehen«, sagte ich, »aber ich habe auch keine Lust, so lange zu warten.«
»Wie? Was haben Sie vor?«
»Ich steige mal aus.«
Corinna Scott erschrak. »Bitte, Mr. Sinclair, das können Sie doch nicht tun. Der Mann wird Sie töten!«
Sie war so aufgeregt, dass sie sich sogar an meiner rechten Schulter festkrallte, um mich am Aussteigen zu hindern.
»Keine Sorge, so leicht sterbe ich nicht.«
Die Hand rutschte wieder weg. Ich löste den Sicherheitsgurt und wollte die Tür öffnen, als ich die Hand wieder zurückzog. Suko und ich hatten die Gestalt gesehen, die sich aus dem Nebel löste. Sie war deshalb so gut zu erkennen, weil das Fernlicht gegen die Nebelwand strahlte und noch ein Stück in sie hinein.
»Mein Gott, das ist er! Lieber Himmel, er ist da!« Corinna Scott konnte die Angst nicht mehr unterdrücken. Sie musste einfach raus, aber es gab für sie keine tröstenden Worte, denn wir hatten Wichtigeres zu tun.
Suko schaute kurz nach links. »Willst du wirklich aussteigen, John?«
»Jetzt warte ich ab.«
»Gut.«
Ich lächelte hart. »Dass er sich traut, wundert mich schon. Er muss damit rechnen, dass wir auf ihn schießen.«
»Kann sein, dass er kugelfest ist«, sagte mein Freund. »Oder dass seine Kräfte so stark sind, dass ihm auch ein geweihtes Silbergeschoss nichts ausmacht.«
»Möglich.«
Wir schwiegen, weil sich der Killer wieder vorbewegte. Er musste die Gabe besitzen, den Nebel kontrollieren zu können, denn er bewegte sich nicht mit. Er blieb an einer bestimmten Stelle pappen, und nur Theo
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