1298 - Atlantis-Vampire
war es noch gut zwei Stunden. Aber der Ort wirkte so leer wie in den frühen Morgenstunden, denn niemand war unterwegs. So etwas kannte ich aus anderen Orten in meiner Heimat. Da konnte man das Gefühl haben, dass sich die Menschen bewusst versteckt hielten, um kein Risiko einzugehen.
Unseren Leihwagen sah ich nicht. Ich wusste nicht, was das bedeutete, aber ein positives Gefühl breitete sich nicht eben in mir aus. Er konnte sich nicht in Luft aufgelöst haben, und ich glaubte auch nicht, dass sich Suko eine andere Stelle ausgesucht hatte, um den Fiat zu parken. Er kannte sich in Bova nicht aus. Er wusste nicht, wie breit die Gassen waren und ob er überhaupt mit dem Auto hindurchkam, nein, nein, dieser Platz war schon ideal. Von hier aus konnte er die Kirche und damit den Pfarrer bequem zu Fuß erreichen.
Sollte ich dort ebenfalls hingehen?
Es wäre nicht verkehrt gewesen, aber mir kam auch ein anderer Gedanke in den Sinn, und der hing unmittelbar mit diesem Platz zusammen. Ich dachte daran, dass wir hier etwas getrunken hatten. Die Tische standen noch draußen, aber die kleine Trattoria war längst geschlossen, obwohl ich hinter der Scheibe schwaches Licht sah.
Ich verzichtete vorerst darauf, den Pfarrer zu besuchen und machte mich auf den Weg zum Lokal. Natürlich war die Tür verschlossen. Ich rappelte trotzdem einige Male an der Klinke.
Schließlich vernahm ich hinter der Tür eine Männerstimme. »He, was soll das? Was wollen Sie?«
Mein Mund verzog sich zu einem Lächeln. Die Stimme kannte ich. Sie gehörte dem Wirt, der Suko und mich bedient hatte.
»Bitte machen Sie auf!«
»Nein!«
Ich verdrehte die Augen und ließ mich nicht so leicht abschütteln. »Es ist wichtig.«
»Hauen Sie ab!«
»Nicht bevor ich mit Ihnen geredet habe. Sie brauchen keine Angst zu haben. Ich komme von Bruder Anselmo. Er ist ein Freund von mir, verstehen Sie. Ich stamme zwar nicht aus diesem Land, aber ich arbeite für die Polizei. Wenn Sie wollen, zeige ich Ihnen meinen Ausweis.«
Nach dieser Erklärung blieb es zunächst einmal ruhig. Der Mann überlegte, ob er es sich wirklich leisten konnte, mich einzulassen. Ich hörte, dass er sich mit jemandem unterhielt. Was die beiden sagten, verstand ich nicht.
Wichtig war nur, dass sich der Schlüssel einige Male von innen drehte und sich der Wirt endlich entschlossen hatte, die Tür zu öffnen. An der Fassade hatte ich gesehen, dass die Trattoria »da Peppino« hieß. So ging ich davon aus, dass dies auch der Name des Besitzers war, der jetzt vor mir stand, leicht zitterte und einen Gummiknüppel in der rechten Hand hielt.
»Den brauchen Sie nicht«, sagte ich und lächelte.
»Ich glaube Ihnen.«
»Danke.«
Im Hintergrund sah ich eine Frau verschwinden. Eine Tür klappte zu, ich aber konnte eintreten und wurde in den Gastraum geführt, auf dessen Tischen Tannenzweige lagen, die mit Kunstschnee besprüht waren. Wir setzten uns an einen Tisch.
»Sie sind Peppino?«
»Ja, bin ich.«
»Ich heiße John.« Ich reichte ihm die Hand, die er zögernd ergriff. Seine Handfläche war feucht. Ein Anzeichen dafür, dass der Mann nervös war?
»Möchten Sie etwas trinken, Signore?«
»Ein Wasser vielleicht.«
»Gut.«
Er ging zur Theke und kehrte mit einer großen Flasche Mineralwasser zurück. Zwei Gläser hatte er ebenfalls mitgebracht, schenkte uns ein und kippte etwas über, weil er noch immer unter seiner Nervosität litt. Das Lächeln auf seinen Lippen wirkte sehr verkrampft.
Im Gastraum roch es noch nach Essen und Gewürzen. Peppino fuhr durch sein dunkles Haar. Über seiner Oberlippe und um das Kinn herum wuchsen Barthaare. Im Gegensatz zu seinem Kopfhaar waren sie grau.
»Sie wissen, weshalb ich gekommen bin, Peppino?«
Er zuckte nur mit den Schultern.
»Es geht um meinen Freund und Kollegen. Wir waren vor einigen Stunden bei Ihnen und haben draußen vor dem Lokal gesessen.«
»Si.«
Ich war froh, dass er sich daran erinnerte. »Dann sind wir weggefahren, haben das Kloster besucht, aber mein Freund kehrte bei Anbruch der Dunkelheit noch mal nach Bova zurück.«
Der Mann senkte den Kopf. Und wie er das tat, war für mich Beweis genug. Er hatte ihn gesehen.
Obwohl ich jetzt wesentlich gespannter war, ließ ich mir Zeit und trank zunächst einen Schluck von dem kalten Mineralwasser.
»Habe ich Recht?«
Er nickte nur.
»Gut, Peppino, und jetzt möchte ich von Ihnen wissen, was hier vorgefallen ist. Sie haben ihn gesehen: Das entnehme ich Ihrer Reaktion. Hat er
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