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13 alte Esel

13 alte Esel

Titel: 13 alte Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Bruns
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wußte er doch schon eine Menge über sie. Er wußte, daß das Fest sie neugierig gemacht hatte; er wußte, daß sie es leid geworden waren, ehe es begonnen hatte; er wußte, daß sie sich gegen Enttäuschungen wehren würden — auf ihre Art. Er hatte nur gehofft, es würde so lange gut gehen, bis er sie durch Spiel und Fröhlichkeit gelockert haben würde. Und da nun lachte Gerda — ein böses, verletzendes, überhebliches Lachen, Gerda, die im modischen hellgeblümten Organzakleid mit weichem Ledergürtel und frischfrisiertem Haar bei den anderen stand, bei den Zuschauern, den »besseren« Leuten, vor denen sie sich nicht blamieren sollten, für die sie gestern geschuftet hatten und heute morgen auch noch. Und Gerda zeigte ihnen mit diesem hämischen Auflachen, wie sehr sie es genoß, auf der anderen Seite zu stehen.
    Ännes Augen funkelten haßerfüllt; Leo schob den Nacken vor und machte die Augen klein; Andreas’ Augen, die in der vergangenen Woche ein paarmal einen scheu aufhorchenden Schimmer bekommen hatten, blickten wieder stumpf und gleichgültig. Don Chaussee wurde der Kragen so eng, daß er sich die ungewohnte Krawatte einfach vom Hals riß; ihm war, als müsse jeder den heißen Haß spüren, der in jener Ecke des Raumes aufgesprungen war.
    Doch die ahnungslosen Gäste nahmen die sture Ablehnung aller mitgebrachten Schokolade und Bonbons und das störrische Weggucken für Schüchternheit. Die Gaben sammelten sich auf der Anrichte. Frau Martha übersah es ungeduldig. Sie verteilte die Plätze an den Tischen und dirigierte Monika und die beiden großen Mädchen mit fast unsichtbaren Winken: Kaffee holen, Kuchen holen, Gebäck zurechtstellen, Zucker und Sahne rundreichen. Königlich thronte sie an der Stirnseite der von allen so bewunderten Festtafel.
    Es funktionierte wie geölt.
    Knapp zwei Minuten später stellte Leo Schwester Monika ein Bein. Sie stolperte, fing sich mit einer Hand an der nächsten Lehne und goß mit der anderen Malwine einen Schuß kochendheißen Kaffee auf die Schulter. Ein durchdringender Schrei und jämmerliches Wimmern ließen beide Tische hochfahren. Alle Damen versammelten sich tröstend um Malwine, die davon noch verstörter wurde, Frau Martha legte sie persönlich aufs Sofa im Wohnzimmer, und Schwester Monika behandelte die wunde Stelle mit Brandsalbe. Es dauerte geraume Zeit, bis jedermann wieder Platz genommen hatte und sich mit einem Schluck des mittlerweile kalt gewordenen Kaffees stärkte.
    Franziska allein genoß den Nachmittag in vollen Zügen. Sie hatte sich vorn tatsächlich die Haare kurz geschnitten und mit einer alten Brennschere im letzten Moment noch zu einem Haufen grausiger Krüllen verarbeitet, die wie ein Wulst über ihrer niedrigen Stirn standen. Um die Wirkung zu unterstreichen, hatte sie eine ganze Flasche Veilchenparfüm darüber ausgegossen. Selbst Leo, der wahrlich an Gerüchen etliches gewohnt war, hielt sich die Nase zu, wenn sie vorbeikam. Franziska indessen bot mit fletschendem Lachen ihren Kuchen an, überzeugt von ihrer Unwiderstehlichkeit.
    Die Damen unter den Gästen sahen einander nach dem ersten Bissen seltsam an. Frau Martha blieb die Gabel im Kuchen stecken, als sie das neuerliche Malheur entdeckte: Der saftige Apfelkuchen, ihr ganz besonderer Stolz, war gänzlich verkletscht, eine pappige Masse. Sie hatte ihn heute morgen selbst aus dem Ofen genommen und Änne gegeben, damit sie ihn neben dem Ofen langsam abkühlen ließ. Wahrscheinlich war sie kurz nach draußen gegangen, und Änne... Änne mußte ihn absichtlich in die Zugluft gehalten haben. Sie kombinierte blitzschnell, während sie sich stammelnd entschuldigte: »Es ging etwas durcheinander hier beim Backen .«
    »Gewiß — natürlich, das macht doch gar nichts, so was passiert immer mal, ein Jammer um die schönen Zutaten .«
    Alle die eifrigen Beteuerungen trafen Frau Martha wie ebenso viele spitze Nadelstiche. In einem gutgeleiteten Haus merkt man nicht, wieviel Arbeit Festvorbereitungen kosten. Mit einem zornigen Wink wies sie Monika an, alles abzuräumen.
    Änne brachte die Sahnetorte, die nicht danebengeraten war. Die Ahs und Ohs bei ihrem Erscheinen verrieten die Bewunderung der Gäste. Es war ein Prachtstück, mit kandierten Kirschen verziert und mit knusprig braunem Baiser überbacken. Mutter Münte schmatzte anerkennend: »Viel feiner als von die Konditorei in der Stadt !« , und Herr Müller leckte sich beim bloßen Anblick des Sahneberges die Lippen.
    Leider war das

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