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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Tasche.
    Einem plötzlichen Gedanken folgend zog er dabei die Fotos der Iris Melchior aus der Tasche.
    »Das ist die Tote, mit der Ihre Frau die Kabine 382 E auf der ?Polar-Road Star? geteilt hat«, sagte er gelassen. Dabei betrachtete er die Sportdiplome, die die gesamte Wand des Korridors zierten.
    Nordmann, der meinte, etwas Überbrückendes einfließen lassen zu müssen, sagte: »Eine Schande. Sie war jung und schön!«
    Kirkenö blickte auf die Fotos, die der Funker in der Sturmnacht aufgenommen hatte. In Sekundenschnelle wich das Blut aus seinem Gesicht. Mit seiner Hand suchte er Halt am Holz der Täfelung.
    Knutsen schaute Kirkenö überrascht an. »Ist etwas? Kannten Sie etwa das Mädchen?«, fragte er.
    Kirkenö hatte sich gefangen. Er presste die Lippen zusammen. »Nein, nein«, sagte er. »Ich bin ein wenig überarbeitet. Ich hasse jede Art von Kriminalität und Gewalt.«
    Knutsen steckte die Fotos wieder ein. »Herr Kirkenö, wir danken Ihnen. Grüßen Sie Ihre Gattin von uns. Unser Besuch war nicht sonderlich wichtig.«
    Als sie auf den Steinplatten standen, flog die Tür zu. Die Frage nach dem Taxi blieb aus.
     
     
    Um 9 Uhr stand Kaldenkirchen vor dem Fenster und blickte in den sich auflösenden Seenebel. Kein Telefonat, kein Fernschreiben, kein Telegramm hatte ihn von seinen Beamten erreicht.
    »Gerade heute«, dachte er, »wo Staatsanwalt van Felde den Gutachter der Universität Bremen mitbringen will, um diesen idiotischen Mörder aufzusuchen! Das geht entschieden zu weit! Ich bin der Dienststellenleiter!«
    Er ordnete den Schreibtisch. Er duldete kein Durcheinander. Seine dicken Finger sprangen über die Tischplatte.
    »Feine Sippschaft!«, sagte er.
    Ihm war der Tag verdorben. Die große Verantwortung reizte seinen Magen.
    Doch es lief besser, als er erwartet hatte. Van Felde forderte nur Torfner an, der an dem Gespräch mit Fredo Wattnor teilnehmen sollte. Der Professor hatte sich vorher ausführlich mit dem Lehrer Martin Karski beraten und ihn ebenfalls dazugebeten. Ein Dienstwagen brachte sie nach Varel, wo das eckige Gefängnisgebäude, eine ehemalige Kaserne, vor weiten Wiesen in Deichnähe für Milde und Großzügigkeit im Umgang mit jungen Straftätern bekannt war.
    Dennoch hatte der Aufenthalt Fredo Wattnor gewaltig verändert.
    Es war nicht die Reue, auch nicht die Scham, die sein Gesicht geprägt hatten. Das lange blonde Haar lag um den eckigen Schädel, das trübe linke Auge war starr und zeigte kein Zucken.
    Der breitlippige Mund hing offen. Ein nicht gekanntes Feuer prägte den stierenden Ausdruck. Fredo wirkte kämpferisch und aggressiv. Die Ledermanschettenspannten sich um seine kräftigen Handgelenke. Aufrecht, mit gedehnten Schultern, suchte er nicht ängstlich nach Hilfe. Er ließ die winselnde Hundehaltung vermissen.
    Karski fiel die Veränderung auf. Er war überrascht. Das war nicht der Fredo, den er versucht hatte, mit pädagogischen Bemühungen in bürgerliche Bahnen zu steuern. Karski schüttelte sich, als er die Kälte wahrnahm.
    Fredo Wattnor ließ sie kommen. Er ging keinen Schritt zurück.
    Das war nicht der erwartete geknickte Sünder.
    Fredo Wattnor schrie sie an: »Was wollen Sie von mir? Hauen Sie ab!«
    Das mit den Erkenntnissen der modernen Psychologie ausgearbeitete Konzept zu Fredos Rettung, das der Professor überrascht in den Händen hielt, fiel unter den Tisch, als Fredo seine Beschimpfung fortsetzte.
    »Ihr Arschlöcher, haut ab! Schreibt auf, dass ich es war! Ich werde mir noch mehr holen! Lasst mich raus, dann werde ich es den Weibern zeigen! Ich werde sie zwingen, mich zu mögen, sonst schlage ich sie in Stücke!«
    Als Staatsanwalt van Felde beruhigend mit den Worten eingriff: »Junger Mann, Sie verkennen Ihre Situation!«, lag das starre Auge auf ihm. Fredo Wattnor begehrte auf.
    Der Aufseher griff nach dem kräftigen Arm des Seemannes.
    »Ich gehöre zum schäbigen Rest! Ich bin stolz darauf! Wenn Sie jetzt nicht verduften, dann schlage ich Sie zu Brei!«, rief Fredo außer sich. Wütend, wie ein Ringer in Duckhaltung, stand er vor seinem Stuhl.
    Der Aufsichtsbeamte schob zur Vorsicht den Arm des unbeherrschten Angeklagten in die seitliche Rückenpartie.
    Fredo brüllte: »Ja, ja, ich bin der Mörder!«
    Der Beamte vom Strafvollzug führte Fredo ab. Willenlos, mit hoch gerichtetem Rückgrat, ließ er sich abführen. Mit erhobenem Kopf, sein linkes Auge starrte geradeaus, schritt er an den Türen der Gefängniszellen vorbei. Fredo Wattnor war hier

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