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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Silberminen mit technischem Gerät war Sache des Großkapitals, nicht mehr der Abenteurer, die allerdings, gut bezahlt, das tief im Fels verborgene Edelmetall förderten. Die Silver und Bonanza Kings investierten ihre Gewinne. Es wurden Straßen, Wohnungen und Bürohäuser und Fabriken gebaut. Sollte, was ich Ihren Fragen entnehme, warum auch immer, dieser Ino Feeken seine Heimat verlassen haben, dort fand er mit Sicherheit genügend Chancen, ein neues Leben zu beginnen.« Der Doktorand nahm seine Brille ab und blickte die Besucher nicht ohne Stolz an.
    Sie saßen im kargen Besuchszimmer. Annchen und Harald Feeken nickten verwirrt.
    »Seltsam, ein spätes Lebenszeichen eines Verschollenen«, sagte Harald Feeken. Draußen schien die Sonne. Der Wind blies mit Stärke 5. Ideales Segelwetter an der Küste. Ihre »Rysum« lag vertäut am Steg in Norddeich.
    »Steht in den Akten, warum sich dieser längst verstorbene Kommissar damals auf den Fersen des Seemannes befand?«, fragte der Zahnarzt.
    »Herr Dr. Feeken, Sie überfordern den Zufall«, sagte der Doktorand. »Ihre Ahnenforschung endet zuerst einmal im historischen Hafen Emden. Weitere Fragen kann ich nicht beantworten. Sprechen Sie mit dem Leiter der Archivverwaltung. Er händigt Ihnen sicherlich gegen eine geringe Gebühr eine Kopie des Protokolls aus, auf das ich rein zufällig stieß. Ich gebe Ihnen einen Tipp. Für Sie näher liegend empfehle ich Ihnen einen Besuch im Staatsarchiv Aurich und des Rathausarchivs von Emden. Ich meinerseits verdanke dem ?Friesischen Kurier?, der seit 1814 lückenlos über Schiffsbewegungenan der Küste berichtete, eine Menge wertvoller Informationen.«
    Er reichte den Besuchern die Hand, die im Alter seiner Eltern waren, und wünschte ihnen viel Erfolg.
    Es waren gute Tipps, wie sich im Nachhinein herausstellen sollte.
    Annchen und Harald Feeken gingen akribisch zu Werke. Mit ihrem Elan, ihrer Ausdauer und netten Art überzeugten sie skeptische Verwaltungsbeamte und fanden schließlich ihre freundliche Mithilfe beim Durchsuchen verstaubter Akten in den Archiven und amtlichen Registern.
    Sie korrespondierten mit Professor Dr. Henry Feeken, flogen im Spätherbst nach Beendung der Segelsaison, die angesichts ihrer Bemühungen nicht vollends ihre Erwartungen erfüllt hatte, nach San Francisco. Ihnen war es gelungen, was dem wackeren Kommissar aus Emden vor mehr als hundert Jahren vorenthalten geblieben war: Ino Feekens Schicksal zu folgen.
    Dem Chronisten sei es gestattet, sich an dieser Stelle nach Durchsicht des gesicherten Materials einzuschalten, um in einer »Nacherzählung« unter dem Titel »Rolling home, Rolling home across the Sea . . . « dem Koch Ino Feeken auf den Fersen zu bleiben und über sein Schicksal zu berichten.
     
    Der 102 BRT große Schoner »Euridike« wurde 1883/84 in Emden auf der Cassenschen Werft erbaut. Er hatte eine Länge von 25,70 Metern, war 5,68 Meter breit und 2,77 Meter tief. Das Schiff wurde bereedert von den Gebrüdern Hugo und Jan Thomasens, Heimathafen der »Euridike« war Neuharlingersiel.
    Ende Februar 1886 nahm der Schoner in Newcastle Fracht an Bord. Sie bestand aus Stahlträgern und weiteren Hüttenerzeugnissen aus Leeds. Bestimmungshafen war Bremen.
    Kurz nach Übernahme der Ladung musterten zwei Matrosen ab. Es waren Tomko Fisser von Juist und Harm Oldtmann aus Greetsiel. Ergriffen von der Auswanderungswelle heuerten sie auf der Brigg »Fortuna« an, die mit Kurs auf Baltimore am selben Tag wie die »Euridike« den Hafen von Newcastle verließ.
    Kapitän Reent Renken, 52, ein gestandener, erfahrener Seefahrer, der bereits mehrmals das berüchtigte Kap Hoorn umsegelt hatte und erst vor Monaten einen Anteil an der »Euridike« übernommen hatte, nahm den Vorwurf des Lotsen, das Schiff sei unterbesetzt, nicht sonderlich ernst. Seine ehemals fünfköpfige Besatzung bestand bis dato nur aus dem Steuermann Eilrich Benninga, 44, aus Großefehn, ein tüchtiger und zuverlässiger Mann, dem Matrosen Keno Warfmann, 28, aus Oldersum und dem Koch Ino Feeken, 28, aus Upgant-Schott.
    Auf der Reise nach Bremen Anfang März steuerte die »Euridike« am Morgen um 6 Uhr in eine Schlechtwetterfront. Am Nachmittag kurz vor 15 Uhr bei Orkanböen mit Windstärken von 130 Kilometern die Stunde geriet der Schoner in schwere See und wurde zum Spielball der Gewalten. Bereits beim Raffen des Großsegels und Setzen der Sturmsegel fehlte es an zupackenden Händen. Koch Ino Feeken, ungeübt und unerfahren im Besteigen

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