13 kleine Friesenmorde
Verfügung«, antwortete der Arzt.
»Kommen Sie bitte zum Revier, Knyphauser Straße.Unser Frontera bringt uns zum Tatort. Bis dann«, sagte Wibke und legte auf.
Sie schlug das Telefonbuch auf.
»Insel- und Bäderzeitung!« Sie wählte die Nummer.
»Redaktion, Bruns«, vernahm sie.
Wibke trug ihr Anliegen vor.
»Ich bin gleich zur Stelle«, sagte Bruns.
»Einen Sarg?«, fragte sich Wibke und drückte die Zahlen der Wachstube.
»Willers, Sie sind Insulaner. Wir benötigen einen Bestatter mit einem Sarg, der hier auf den Unimog warten muss. Der tote Marineoffizier befindet sich im unwegsamen Gelände der Rattendünen«, sagte sie.
»All up Stee!«, sagte Menke Willers.
Der Opel Frontera hielt vor der Polizeistation. Wachtmeister Luitjens stieg aus und öffnete die Türen.
»Bitte«, sagte er knapp angebunden, wartete, bis die Fahrgäste Platz genommen hatten, setzte sich hinter das Steuer und startete den Motor.
Er fuhr über die Straße, bog an der Georgshöhe ab und lenkte den Wagen am Januskopf und am Surf-Café entlang auf den Nordstrand.
Das Wasser trug Schaumköpfe. Möwen schossen davon. Die Strandkörbe standen verwaist im harten Ostwind, der mit Stärke 6 den Sand in Fußhöhe vor sich herwehte.
»Hier kommt man selten hin«, unterbrach Dr. Bontjes die Stille.
Er war knapp unter vierzig, schlank und hatte gelichtetes Haar.
»Ich bin zwar gut zu Fuß, doch so weit habe ich michnoch nicht vorgewagt«, antwortete Wibke. Sie blickte auf den weiten Horizont, an dem ein Schiff vorbeizog.
»Ich war das letzte Mal hier, als der Wal strandete«, trug Bruns zur knappen Unterhaltung bei. Er trug Jeans, war um die dreißig und hatte eine Künstlermähne. Über seiner Schulter lag der Riemen der Reportertasche.
Der Weg wurde holprig.
»Die Seehundsbänke«, sagte der Fahrer.
Beltrum lag zum Greifen nahe. Die Insassen blickten auf die Herde, die sich auf der Sandbank sonnte. Der Frontera schaukelte. Sie näherten sich dem Wrack.
»Die Helfer befinden sich bereits auf dem Heimweg«, sagte Luitjens. Er lenkte den Wagen an der Schutzhütte vorbei einer Dünenkette entgegen.
»Drüben liegt der Tote.« Er zeigte nach vorne. Wenig später hielt er vor einem mit Moos, Gras und Disteln bewachsenen Dünenfuß. Er stieg aus und öffnete die Türen.
»Jetzt wird es ernst«, sagte er.
Tamme Tammen trug seine Feuerwehruniform. Der Wind fuhr durch sein graues Haar. Er kam ihnen entgegen.
»Dr. Bontjes, Herrn Bruns kennen Sie«, sagte Kommissarin Meesters.
Der Alte führte sie um den Fuß der Düne. »Wachtmeister Klüver und Henning Henninga von der Kurverwaltung. Er fand die Leiche. Die beiden halten die Totenwache und verscheuchen die Möwen, die wie Aasgeier hier herumschwirren.«
Die Kommissarin fuhr erschrocken zusammen, als ihr Blick auf den Toten fiel.
Bruns öffnete seine Reportertasche, entnahm ihr dieKamera, näherte sich dem Toten und schoss ohne innere Regungen, wie es schien, Fotos. Sand wehte vom Dünenkamm.
Dr. Bontjes entledigte sich seines Anoraks, legte ihn auf im Wind tanzende Strandhaferhalme, öffnete seine Medizinertasche, zog Gummihandschuhe über, beugte sich über den Toten, fuhr mit der Hand über den Hinterkopf des Opfers und schloss seine Augenlider. Er entnahm seiner Tasche Wattetupfer, reinigte die zur Sonne gewendete Gesichtshälfte vom schleimigen, blutigen Sand, den er in eine Plastiktüte schob. Er hob die Schulter des Toten hoch und betrachtete die klaffende Halswunde und studierte die Handverletzungen.
»Der Mann wurde von einem Hund angefallen. Er hat sich vergeblich gewehrt«, sagte er, entnahm der Tasche eine Schere, setzte sie an und schnitt den Anorak, V-Ausschnittpullover samt Oberhemd und Wäsche auf.
»Eine Bestie hat ihm die Kehle durchgebissen«, sagte er, senkte den Oberkörper des Opfers ab und erhob sich. Er streifte die Gummihandschuhe ab, steckte sie in einen Plastikbeutel.
»Entsetzlich!«, sagte Wibke Meesters.
Tamme Tammen blickte sich um. »Ich bin Jäger. Hier im Naturschutzgebiet gibt es keine Bestien«, sagte er angewidert.
»Ausgebüxt, ein leichtsinniger Hundehalter«, warf Wachtmeister Klüver ein.
»Das ist Scheiße mit den Hunden auf der Insel! Es wird Zeit, dass die Kurverwaltung eingreift«, meinte Luitjens.
»Nach dem Gerinnungsprozess des Blutes verstarb der Mann gestern gegen 18 Uhr. Ich lege Wert darauf,dass das Opfer von einem erfahrenen Chirurgen untersucht wird«, sagte Dr. Bontjes.
»Er muss nach Oldenburg zum
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