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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Bücherwand, entnahm einer Schublade eine Kamera, bediente sie versiert, wie Theodor Roggendorf beobachtete, trat an den Tisch und schoss Fotos.
    »Für mein letztes Album«, meinte sie, lächelte und reichte sie Roggendorf.
    »Bitte, gnädige Frau, nehmen Sie in meinem Sessel Platz«, sagte er und fand sich schnell zurecht mit der historischen Leica. Er schoss Fotos, und Hanna und Wilma reagierten reserviert.
    Petra van Loo stupste mit ihrem Ellbogen ihren Mann an. Er verstand den Hinweis.
    Dr. Schöllhorn gefiel die schrullige Alte.
    »Frau Goselar, der Kuchen schmeckte hervorragend, Ihr Tee ist ein Genuss nach einem langen Tag«, warf er lobend ein. Die Alte griff zur Kanne und schenkte Tee nach.
    »Ihr Schwiegervater nahm ihn gerne bei mir ein. Das hat Tradition in Friesland und Ostfriesland«, antwortete sie.
    »Frau Goselar, bevor wir nach Zigaretten greifen undIhnen die Bude voll qualmen, bitte ich Sie, sich an die alten Dokumente zu erinnern, die schließlich den Anlass unseres gemütlichen Zusammenseins boten«, sagte Jesko van Loo höflich.
    In das alte, faltige Gesicht fiel ein verschmitztes Lächeln.
    »Herr van Loo, nach einem langen Leben stellt man fest, dass es mit den Zufällen so seine Tücken hat. Edo van Loo, verzeihen Sie, wenn ich es wage zu behaupten, dass er mir genauso nahe war wie Ihnen. Er verstarb hier im Heim am 25. September. Heute schreiben wir den 14. Oktober 1992.« Sie verließ den Stuhl, trat an den Bücherschrank, zog eine Schublade hervor, entnahm ihr eine kleine Ledermappe mit einem veralteten Messingschloss und trug sie an den Tisch.
    »Der Inhalt wird Sie überraschen. Edo van Loo deponierte die Mappe bei mir. Ich war Lehrerin am Humboldt-Gymnasium und ging als Studiendirektorin in Pension. Abgesehen von Danzig galt mein geschichtliches Interesse unserer See- und Hafenstadt. Für die Beilage der Wilhelmshavener Zeitung ?Wir erinnern uns . . . ? verfasse ich gelegentlich Beiträge aus vergangenen Zeiten. Edo van Loo vertraute mir die Mappe kurz vor seinem Tode an, deren Inhalt ich meinen Lesern nicht vorenthalten möchte.«
    In die erwartungsvolle Stille tickte die Meerwievken-Uhr. Sie zierte die mit Raufaser tapezierte Wand zwischen Fenster und Fernseher.
    Die Gäste der Studiendirektorin Mimke Goselar blickten gebannt auf die buchgroße, abgegriffene Ledermappe.
    »Sie spannen uns ganz schön auf die Folter«, durchbrach Dr. Schöllhorn die Stille.
    »Nur zu!«, forderte die Alte Jesko van Loo auf. Ihr Gesicht war gerötet.
    »Nun mach schon«, sagte Petra van Loo.
    Jesko van Loo griff entschlossen nach der Mappe, betrachtete das kleine Messingschloss, betätigte den Druckknopf, legte die brüchige Lederkappe nach hinten und griff vorsichtig in die Tasche. Im Zimmer lag die Stille eines unbesetzten Beichtstuhles.
    Die Alte genoss mit hochrotem Kopf die gespannten Blicke ihrer Gäste, die wie gebannt zusahen, wie Jesko van Loo der Tasche Dokumente und einen Zeitungsartikel entnahm, der bis auf einige vergilbte Stellen an den Rändern keine weiteren Beschädigungen aufwies. Jesko van Loo schob den Zeitungsartikel beiseite und entfaltete die Dokumente. Sie glichen mit schwarzer Tinte handschriftlich geführten Seiten eines Logbuches. Jesko van Loo schwitzte. Er blickte kurz auf und las laut:
    »Das Schiff, die 725 BRT große Bark ?Jade-Adler?, in Hamburg auf der ?Jensen-Schiffswerft? 1890 erbaut, 56,72 Meter lang, 9,70 Meter breit und 5,50 Meter tief, machte folgende Fahrten:
    1892 Liverpool (16.10.) nach Bremen.
    1893 Bremen – Falmouth (14.02.) – Belfast – Liverpool – Bremen (14.8.) – Bremen – Honolulu.
    1894 Honolulu (1.3.) – Honolulu – San Francisco (12.03).
    1895 Liverpool (4.1.) – Port Natal (3.4) – Apia – Samoa (10.8.) – Punta Delgada – Hamburg (2.1.1896).
    Auf dieser Reise fiel am 14.02. der Matrose Fredo Brunken aus Berum von der Fockrah auf das Deck. Er erlag seinen Verletzungen am nächsten Tag.«
    Van Loo blickte auf. Seine Schwestern und Schwäger hingen wie gebannt an seinen Lippen.
    »Ich überspringe einige unleserlich gewordene Eintragungen«, sagte er. »Die ?Jade-Adler? hat die Weltmeere durchpflügt«, fügte er hinzu.
    Allen Anwesenden war klar geworden, dass Garn van Loo, der Vater von Edo van Loo, der Großvater von Jesko, Anna und Wilma auf der Bark »Jade-Adler« als Kapitän das Sagen gehabt und die Dokumente selbst abgefasst hatte.
    Sie fühlten eine tiefe Betroffenheit und einen aufkeimenden Stolz.
    Jesko van Loo nutzte die

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