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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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kleine eingetretene Pause, um sich aus seinem Trenchcoat zu schälen, atmete tief durch und las vom Dokument:
    1899 Manzanillo – Navidad (1.3.) – Hamburg.
    Auf dieser Reise starb Koch Renke Wilkens aus Marienhafe an einer unerkannten Krankheit.
    1900 Hamburg – Paranaguá – Rosario – Buenos Aires – Falmouth – Antwerpen – Hamburg.
    Auf dieser Reise wurde der Leichtmatrose Ewe Ennen aus Neuharlingersiel beim Brassen über Bord gespült.«
    Jesko van Loo legte die Seite ab, griff zur nächsten.
    »Eine Darstellung vom Seeamt Emden«, sagte er und las:
    »Am 14.10.1902 lag die Bark ?Jade-Adler? in Nachbarschaft mit dem Vollschiff ?Magnus? und der Bark ?Josefa? auf der Reede von Oslo vor Anker. In der Nacht kamen orkanartige Böen auf, die mit einem außergewöhnlichen Seegang die vor Anker liegenden Schiffe ins Treiben brachten. An diesem verhängnisvollen Abend strandeten in den Ostseehäfen fünfzehn große und fünf kleinere Schiffe. Unter ihnen befand sich auch die von Hamburg bereederte Bark ?Jade-Adler? unterder Führung von Kapitän Garn van Loo, dem nach durchgeführten Untersuchungen am Untergang seines Schiffes kein Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Das trifft auch auf seine Steuermänner und auf die gesamte Mannschaft zu. Für den Reeder ist der Versicherungsfall gegeben.«
    Jesko van Loo blickte auf.
    »Hier enden die Eintragungen«, sagte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Darf ich?«, fragte er. Er schaute Mimke Goselar müde an und entnahm seiner Hosentasche die Zigarettenpackung.
    »Bitte, Ihr Vater rauchte Pfeife«, antwortete sie, erhob sich, holte vom Fernsehuntersatz einen Aschenbecher und trug ihn an den Tisch.
    »Auch ich fröne dem Laster«, fügte sie hinzu und nahm von Jesko van Loo eine Zigarette entgegen.
    Roggendorf und Dr. Schöllhorn bedienten sich. Sie rauchten.
    »Unvorstellbar! Zu der Zeit gab es keinen Wetterfunk, kein Radar, keine Motoren, die gegensteuern halfen«, sagte Schöllhorn.
    Mimke Goselar blickte spöttisch auf. »Sie wollten mich abwimmeln. Wir Alten passen nicht in Ihre Computerwelt und sind dazu verdammt, ungehört, wenn wir von früher reden, in Altenheimen auf den Tod zu warten«, warf sie ein.
    »Unser Vater besaß wahrscheinlich genügend Gründe, uns diese Dokumente vorzuenthalten«, sagte Wilma Roggendorf beeindruckt.
    »Das Schicksal seines Vaters hat Edo trotzig hingenommen«, meinte die Studiendirektorin mit Stolz auf ihre Rolle als Begleiterin seiner letzten Lebensjahre.
    »Vater hat Jesko nach seinen Reisen auf einem Ausbildungsfrachter stark beeinflusst und dazu beigetragen, dass er sich nach seinem Abschluss an der Seefahrtsschule in Leer für die Laufbahn bei der Wasser- und Schifffahrtspolizei entschied«, warf Petra van Loo ein. Sie reichte ihrem Mann ein Tempotuch.
    »Eine gute Entscheidung«, meinte die Alte und grinste.
    »Die Zeiten haben sich geändert. Das Risiko eines Busfahrers ist statistisch gesehen größer als das eines Kapitäns. Erst recht gehen Piloten ein größeres Wagnis ein«, trug Roggendorf sachkundig vor.
    »Mehr noch sind wir alle im Straßenverkehr irgendwie gefährdet«, meinte Nanna Schöllhorn.
    Ihr Mann schloss sich dieser Version an. »Die Zahlen der Verkehrstoten übersteigen bei weitem die Opfer der Seefahrt, und wenn wir, was ich nicht beweisen kann, die Opfer von Pferdeunfällen vergessener Zeiten auflisten könnten, gäbe es meines Erachtens dort größere Zahlen.«
    Jesko van Loo drückte die Kippen in den Aschenbecher, entfaltete den Zeitungsartikel und blickte um sich.
    »Es geht weiter«, sagte er.
    Das Gespräch erstarb.
    »Der ?Friesen-Courier? berichtet unter dem Datum des 18. Oktober 1902 ausführlich«, sagte er. »Die Bark ?Jade-Adler? unter der Führung des Kapitäns auf Großer Fahrt Garn van Loo war mit einer Ladung von 900 Sack Weizen in Oslo angekommen und hatte die Fracht gelöscht. Sie lag vor zwei Ankern mit je 110 Faden Ketten versehen auf Reede und hatte 150 Sack Sand als Ballast an Bord genommen. Die Oberbram- und Bramrahen hatte die Mannschaft heruntergenommen,um der Bark mehr Stabilität gegen die anstürmenden Wellen zu geben.
    Kurz vor Mitternacht erreichte der orkanartige Sturm die Stärke 12 und fegte mit einer Geschwindigkeit von mehr als 150 km/h über die Reede und peitschte das Wasser zu riesigen Wellenbrechern auf. Die Situation für Schiff und Mannschaft nahm bedrohliche Formen an. Kapitän van Loo ließ den dritten Anker setzen, zur Stärkung der unentwegt gegen

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