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13 kleine Friesenmorde

13 kleine Friesenmorde

Titel: 13 kleine Friesenmorde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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trieben.
    »Aber hier bleibst du!«, sagte sie zu sich selbst und klopfte sich an die Brust. »Ich werde warten. Erst wenn Tore Ole klare Verhältnisse schafft, werde ich neue Bilder von ihm annehmen!«
    Sie suchte den Weg zur Rezeption, um sich den Kabinenschlüssel zu besorgen. Geduldig stand sie in der Schlange und ließ hin und wieder Frauen mit Kleinkindern den Vortritt.
    Als sie dann schließlich den Kabinenschlüssel mit der Nr. 382 E in den Händen hielt, ließ sie sich von einer Philippinin den Weg zeigen.
    Sie hatte nicht sonderlich luxuriös gebucht, aber Iris Melchior war zufrieden. Sie hörte das Brummen der Generatoren und das gelegentliche Vibrieren der Wände.
    Sie warf ihren prallen Rucksack an die Bettkante und erfrischte sich fürs Erste kurz mit dem von der Reederei zurechtgelegten Stück Seife, das den langhalsigen Vogel als Aufdruck trug.
    Iris Melchior war neugierig auf ihre Kabinengenossin, denn der fensterlose Raum hatte ein Ober- und Unterbett.
    Sie näherte ihr Gesicht für Sekunden dem Spiegel und war erfreut darüber, dass ihr die Frühjahrssonne ein zartes erstes Braun eingebrannt hatte. Munter summte sie eine Schlagermelodie und schnitt Grimassen, während sie sich einkremte.
    Hoffentlich belegt keine alte Jungfer das leere Kabinenbett, die als Erstes das Rauchen verbietet, dachte sie.
    Sie setzte sich auf die Bettkante und zündete sich eine Zigarette an.
     
    Der Bootsmannsmaat stand an der geöffneten Bugklappe der »Polar-Road Star« und warf einen kontrollierenden Blick auf den leeren Kai von Stavanger
    Ein Sturmtief war angesagt, und das Beladegeschäft musste für diese Überfahrt besonders sorgsam ausgeführt werden. Eine »Ente«, ein älteres Citroen-Modell, rollte als letztes Fahrzeug an Bord und fand noch gerade genügend Platz vor den vier voll bepackten Fahrspuren des Schiffes. Der Bootsmannsmaat sah zu, wie die Fahrerin nervös einen kleinen Lederkoffer aus dem Wagen zerrte und mit hochnäsigem Gesicht an ihm vorbeischritt.
    Er gab dem Ladeoffizier das Zeichen zum Verschließen der Bugklappe.
    Die junge Dame, gestresst von langer Autofahrt über steile Pässe und zurzeit unbefestigten Fjordstraßen, nahm sportlich die Treppen, die in steilen Knicken zum Informationsschalter führten.
    Mit Missmut wich sie tobenden Kindern aus und behauptete schnippisch ihren Platz in der Schlange vor der Schlüsselausgabe an der Rezeption.
    Als sie endlich ihren Kabinenschlüssel in den schlanken Händen hielt, hastete sie ihrem Ziel anhand der mitgelieferten Wegbeschreibung entgegen. Ihr starrer Blick durch die Hornbrille übersah die hilfreichen Philippinenmädchen und ließ die Nummern der Kabinen während des Marsches vorbeifliegen.
    Vor der Tür der Kabine 382 E zupfte sie ihr teures Kostüm zurecht und bemühte sich um eine ruhige Haltung.
    Die schlitzäugige Asiatin, die ihren Auskunftsdienst schüchtern versah, wunderte sich, denn solche vornehmen Damen buchten in der Regel Kabinen der oberen Decks.
     
    Iris rauchte verträumt. Sie hörte überrascht, wie die Tür aufsprang. Hastig drückte sie ihre Zigarette nach einem kräftigen Zug im Aschenbecher aus, blickte auf und sah eine elegante Dame, die einen Koffer trug.
    »Guten Tag!«, sagte die Frau und schaute sich irritiert um.
    Die Studentin sprang auf.
    »Iris Melchior!«, sagte sie und griff nach der knochigen Hand der Frau, die im ausgestellten Rock und mit Kostümjacke dastand und unangenehm überrascht wirkte.
    Ihr Blick durch die Hornbrille tastete sie für Sekunden ab. Dabei bewegten sich ihre stechenden Augen hastig. Ihr Gesicht war spitz. Das dünne Haar lag im Pagenschnitt um den kleinen Kopf.
    Eine Intellektuelle!, dachte Iris Melchior.
    »Dr. Brittö!«, stellte sich die Dame wie zur Bestätigung vor.
    »Sind Sie Ärztin?«, fragte die Studentin und half ihr, den Koffer in Spindnähe zu schieben.
    »Nein, ich bin Wissenschaftlerin. Mein Ziel ist die Universität Hamburg«, antwortete die knochige Dame, und Iris Melchior hörte an der Aussprache, dass sie Norwegerin war.
    »Ich bin Studentin der Pharmazie«, sagte Iris Melchior und griff nach ihrer Lederjacke, um die Kabine zu verlassen.
    »Bleiben Sie nur!«, forderte Dr. Brittö sie auf.
    »Ich will nur eben zur Schiffsapotheke. Das Wetter soll noch miserabler werden. Ich habe bereits Kopfschmerzen. Wenn das Schiff heute Nacht vom Teufel geritten wird, muss ich vorgesorgt haben. Ich kenne das, denn ich bin schon öfter in Norwegen gewesen«, sagte Iris

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