130 - Das Mädchen mit den Monsteraugen
gesprochen haben. Ich muß mich um die Leute kümmern. Ich erwarte in dieser Nacht noch mehr als zweihundert...«
Auch mit dieser Angabe schien er die Wahrheit zu sagen.
Während des Dialoges waren weitere Schwarze mit greller Körperbemalung eingetroffen.
Iwan hatte sie wie Schlafwandler aus dem Dunkeln kommen und an den Feuern im Dorf und der »Straße« zum »Tal der Ur-Träume« Platz nehmen sehen, als hätten sie den Auftrag dazu erhalten.
Es waren nur Männer, die kamen. Starke, schlanke Gestalten. Junge und alte...
Das Dorf füllte sich. Rund hundert Eingeborene hielten sich schon darin auf. Und noch immer kamen weitere hinzu. Stumm und geduldig, wie in Trance, wie Träumer. Dies entsprach auch der Wirklichkeit. In ihren Träumen waren sie gerufen worden von der Macht, die durch ein achtzehnjähriges Mädchen und die verbrecherischen Manipulationen eines Verrückten sich neu formierte.
Iwan kauerte im tiefsten Schatten neben den Erdwällen und lief dann geduckt wie ein anschleichender Indianer zum schmalen »Eingang« ins Tal.
In der Mitte der Senke befanden sich zwei Pflöcke. Die waren schon seit Vivian Mails Ankunft da.
Nun wurde sie auf »Johns« Befehl hin von den beiden Eingeborenen daran festgebunden.
»John« erteilte knapp und leise seine Befehle, und die betrafen nur diese beiden Aborigines.
Die anderen hockten draußen und schienen geistig überhaupt nicht mehr anwesend zu sein.
Genau zwischen den Pflöcken war deutlich zu sehen, daß die Erde dort aufgebuddelt war. In einem Loch steckte eine Flasche. Es war die, die Bollongalla vorhin auf dem Lagerplatz von Hein Kilian in Händen gehalten hatte.
Die Flasche war da, aber das Mädchen mit den Monsteraugen nicht. Vielleicht trieb es sich wieder irgendwo herum, erfüllt von dem Gedanken, in dieser Nacht ein weiteres Opfer unglücklich zu machen.
X-RAY-7 wußte, daß der Moment gekommen war, in dem er handeln mußte.
»John« war beschäftigt, seine Aufmerksamkeit galt der Frau und den beiden Eingeborenen, die ihren Auftrag erledigen wollten.
»Machen Sie’s rückgängig, Towarischtsch !« sagte Iwan da in scharfem Tonfall und preßte dem hohlwangigen Mann den Lauf der Smith & Wesson Laser zwischen die Schulterblätter. »Und keine falsche Bewegung! Arme hoch erlaub’ ich noch ...«
Der Überraschte zog scharf die Luft durch die Nase und befolgte Iwan Kunaritschews Anordnungen.
»Wer sind Sie ?« preßte »John« hervor. Er wollte sich umdrehen, aber X-RAY-7 untersagte es ihm.
»Darüber reden wir später. Erst sorgen Sie hier für reinen Tisch, dann kommt das andere an die Reihe. Unternehmen Sie auch nur das geringste, was ich mißverstehen könnte, puste ich Ihnen ein Loch zwischen die Rippert... Und an Ihrem Lebensfaden hängt doch einiges, nicht wahr ?«
Zähneknirschend ergab sich »John« in sein Schicksal.
Die beiden Schwarzen ließen die Schnüre fallen und Vivian Mail los.
»Können Sie allein gehen, Towarischtschka ?« fragte Kunaritschew besorgt. Er sah auf den ersten Blick, daß die Australierin am Ende ihrer Kräfte war.
Aber Vivian Mail nickte tapfer. »Ich bin heute schon so lange auf den Beinen, Fremder, da kommt es auf ein paar Meter auch nicht mehr an. Ich habe wirklich nicht weit. Nur wenige Schritte hinter dem Dorf habe ich ein Auto abgestellt. Genügend Bezin befand sich noch im Tank, wenn ich’s recht in Erinnerung habe. Fragt sich nur, ob der Wagen auch noch da ist...«
Mit diesen Worten blickte sie den hohlwangigen, von einer Wahnsinnsidee besessenen Mann an.
Der nickte. »Er ist noch da... ich wollte ihn später wegschaffen lassen ...«, preßte der Rätselhafte zwischen den Zähnen hervor.
»Dann sorgen Sie dafür, daß Mrs. Mail ohne Zwischenfälle zum Versteck gehen kann«, verlangte X-RAY-7.
»Sie brauchen nur losgehen. Niemand wird sie aufhalten .«
»Wissen das Ihre Marionetten auch ?«
»Sie kriegen nichts davon mit. Sie befinden sich in einem Zustand zwischen Schlaf und Trance. Nur was ich direkt von ihnen verlange, werden sie tun .«
»Dann gehen Sie !« sagte Kunaritschew, sich der blassen und erschöpften Frau zuwendend.
»Und Sie? Was - wird aus Ihnen ?« fragte Vivian Mail.
»Ich habe hier noch einiges zu tun .«
»Glauben Sie, daß Sie eine Chance haben? Hier hat sich etwas etabliert, das von Stunde zu Stunde mächtiger wird. Ich habe Angst um Sie .«
»Das ist wirklich nicht nötig. Solange ich diesen Burschen vor dem Lauf meiner Waffe habe, kann nicht viel passieren
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