130 - Der Wahnsinnige
der im Moment nicht wußte, was er mit dem irren Dämon anfangen sollte.
Unga hätte keine Skrupel gehabt, ihn mit seinem eigenen Bowiemesser zu enthaupten; aber er sagte sich, daß sie Croyd vielleicht noch brauchen würden.
„Wir müssen noch die Dämonenbanner einsammeln, bevor wir den Januskopf und die Breydurs verständigen", sagte er zu Dorian. „Ich verstehe nicht, wie eine Dämonensippe in unserer Nähe wohnen konnte, ohne daß wir es bemerkten. Warum haben sie nichts gegen uns unternommen? Und wenn sie vom Tempel des Hermes Trismegistos wußten, warum haben sie nie versucht, dorthin vorzustoßen oder Luguri einen Tip gegeben? Das müssen merkwürdige Dämonen sein."
Dorian fragte Croyd Breydur. Aber als er merkte, daß er nicht freigelassen wurde, schwieg er eigensinnig. Dorian versuchte, ihn mit der gnostischen Gemme zu hypnotisieren; aber das funktionierte bei dem irren Dämon nicht.
Dorian hob die Schultern. „Er will nicht. Also lassen wir ihn eine Weile hier sitzen und schmoren. Wir warten, bis es hell wird, Unga. Aber jetzt will ich gleich etwas probieren. Vom Magnetfeld in der Scheune aus bin ich oft zum Hermes-Trismegistos-Tempel gesprungen oder umgekehrt."
„Du meinst, du kannst auch diese Route zurücklegen, ohne den magischen Zirkel zu benutzen?"
„Ja. Komm mit! Wir wollen es versuchen. Reena, Don und Dula, falls wir nicht zurückkehren, bleibt im Haus! Jetzt droht keine Gefahr, und es dauert nicht lange."
Reena nickte gehorsam, und Dorian und Unga gingen hinaus. Dorian holte eine starke Blendlampe aus der Gerätekammer. Er stapfte mit Unga durch den Sturm, der noch immer mit unverminderter Wut tobte. Aber schon wenig später kehrten die beiden zurück. Es hatte nicht funktioniert. Irgend etwas blockierte die Verbindung.
„Wir müssen hierbleiben", sagte Dorian. „Ruhen wir uns bis morgen früh aus."
Croyd Breydur fletschte die Zähne und rollte in ohnmächtiger Wut die Augen. Er mußte auf seinem Stuhl gefesselt sitzen. Einen richtigen Dämonen hätten die Fesseln nicht halten können, aber es schien, daß Croyd seine dämonischen Kräfte weitgehend verloren hatte.
Chakravartin hatte von einem anderen Januskopf den vagen Hinweis erhalten, daß sich der Tempel des Hermes Trismegistos auf Island befinden könnte. Nach der Erstürmung der Padma-Feste im Himalaja-Gebiet und nachdem die letzte Möglichkeit dahin war, nach Malkuth zurückzukehren, hatte er sich auf die Insel begeben.
Chakra war grimmig entschlossen, sich zum Anführer der Janusköpfe aufzuschwingen. Wenn sie schon auf der Erde leben mußten, dann wollten sie diese beherrschen, mitsamt den Menschen und den Dämonen.
Auf Island hatte Chakra umhergestöbert und war bald zu seinem Erstaunen auf die obskure Dämonensippe der Breydurs gestoßen, die er sich ohne Schwierigkeiten unterwarf. Sein Erstaunen wuchs noch, als er merkte, daß diese Kretins den Weg zum Tal Torisdalur und dem sagenhaften Tempel des Hermes Trismegistos kannten.
Chakra, wartete nun auf Croyds Zeichen. Gegen Morgen flaute der Sturm ab, und als der Tag graute, krochen die Breydurs aus den Federn. Sie fanden sich in der primitiv eingerichteten Halle zusammen, wo sie schon am Morgen den ersten Met soffen.
Chakra stand am Kamin, in dem einer der Breydur-Sklaven Feuer gemacht hatte. Wieder einmal staunte er, was für eine Sippschaft er sich da auf den Hals geladen hatte. Er verachtete die Breydurs zutiefst; sie waren ihm zuwider. Aber er brauchte sie.
Skjald Breydur, der Sabberer, dem Namen nach Sippenoberhaupt, saß an der Stirnseite der Tafel. Er hatte ein Rattengesicht, in dem es ständig zuckte, und seine Mundwinkel waren nach unten gezogen.
Speichel troff aus seinem Mund. Seine eine Schulter war höher als die andere, die Arme waren verschieden lang und die Beine ebenfalls. Skjald war so dürr, daß man glaubte, seine Knochen klappern zu hören. Zudem war er auch noch steinalt und schon ein wenig blödsinnig. Weißes Haar wuchs büschelweise auf seinem runzeligen Schädel.
Vigdis, seine Frau, hatte eine Figur wie eine Birne. Ihre Beine waren ungeheuer dick. Auf einem dürren Hals saß ein ständig wackelnder Kopf mit einer Nase, die gewiß zehn Zentimeter lang und äußerst spitz war.
Vajhall Gafner, ihr Bruder, sah einem Sack ähnlich. Er war aufgedunsen, und sein dicker Kopf mit dem roten Borstenhaar saß übergangslos auf den stämmigen Schultern. Er hatte hervortretende Basedowaugen, die derart schielten, daß er nur über Kreuz sehen
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