131 - Der Mörder aus dem Totenreich
hätte Lilian McFane ahnen sollen, daß sie keine Zukunft mehr hatte, daß es für sie kein morgen gab?
***
Mit spielerischer Leichtigkeit verschaffte sich der Killer aus dem Jenseits Einlaß. Dann stand er im Haus, ein Mahnmal des Bösen, kalt und tot - und dennoch lebendig.
Er schlich durch das stille Haus, öffnete eine Tür und betrat die Halle. Oben rauschte Wasser. Buzz Janssen näherte sich der Treppe. Sein Blick war zum Obergeschoß gerichtet. Er übersah eine Bodenvase und stieß dagegen.
Ein unwilliger Laut kam über seine seltsam geformten Lippen. Er zog sich zurück, wollte noch nicht entdeckt werden.
Das Wasser wurde abgedreht. Der Missionar des Bösen verhielt sich ruhig. Kein weiteres Geräusch sollte seine Anwesenheit verraten.
Oben schlüpfte Lilian in ihren Bademantel. Sie band den Stoffgürtel zu einer Schleife und schob die Hände unsicher in die Taschen. Hatte sie etwas gehört, oder war es nur Einbildung eewesen?
Wer mochte gegen die Boden vase in der Halle gestoßen sein? So jedenfalls hatte sich das Geräusch angehört.
Es gab zwei Telefonanschlüsse im Haus - einem im Living-room unten, und einen nebenan im Schlafzimmer. Inzwischen müßten Tony Ballard und Vicky Bonney zu Hause angekommen sein.
Wenn sie Tony anrief, würde er sofort in den Wagen steigen und herkommen.
Doch gab es wirklich einen Grund zu einem solchen Anruf? Lilian trat auf den Flur und ging bis zur Treppe vor. Die Halle war leer. Es schien alles in Ordnung zu sein.
Die Schauspielerin ermahnte sich zur Ruhe. Sie begab sich ins Schlafzimmer und nahm den Hörer ab.
Warum sie das tat, wußte sie eigentlich nicht, denn anrufen wollte sie ja niemanden. Wollte sie sich davon überzeugen, daß das Telefon funktionierte? Daß sie jederzeit mit der »Außenwelt« in Verbindung treten konnte, wenn es nötig sein sollte?
Sie lauschte.
Die Leitung war nicht tot. Sie lebte… atmete!
Und im nächsten Augenblick hörte die Schauspielerin eine Stimme: »Lilian!« kam es unheimlich durch den Draht. »Ich bin im Haus, Lilian!«
Sie schrie entsetzt auf. »Nein!« Der Hörer wäre ihr beinahe aus der Hand gerutscht. »Nein!«
»Du schuldest mir etwas, Lilian: dein Leben! Ich bin gekommen, um es mir zu holen!«
***
Jetzt konnte Lilian den Hörer nicht länger halten. Sie ließ ihn fallen, als wäre er mit einemmal schrecklich heiß geworden. Sie taumelte zwei Schritte zurück, starrte fassungslos auf den baumelnden Hörer, war ratlos.
Buzz Janssen war wieder da! Lilian konnte sich das nicht erklären. Der Mann war doch tot. Tony Ballard hatte ihn erschossen, und man hatte seine Leiche im Krematorium verbrannt. Wieso konnte er durchs Telefon mit ihr sprechen?
Bin ich übergeschnappt? fragte sich die Schauspielerin. Habe ich den Verstand verloren? Buzz Janssen kann nicht im Haus sein, das ist unmöglich… Aber das Geräusch… Jemand anders muß es versucht und sich für Janssen ausgegeben haben. Janssen kann nicht von den Toten auferstanden sein. Er ist ja nur noch ein Häufchen Asche!
Wer mochte der Eindringling sein? Wer erlaubte sich diesen geschmacklosen Scherz mit ihr?
Unwillkürlich fühlte sich Lilian McFane in jene Nacht zurückversetzt, in der Buzz Janssen über sie hergefallen war. Sie vermeinte, nôch einmal seine Hände an ihrem Hals zu spüren, und japste verstört nach Luft.
Der Killer aus dem Jenseits bemühte sich nicht mehr, leise zu sein. Ihm gefiel die Art, wie er die Schauspielerin überrascht hatte. Selbst auf diese große Entfernung spürte er die Todesangst seines Opfers. Er war empfindsamer geworden, nahm jetzt Dinge wahr, die ihm früher verborgen geblieben waren.
Er war perfekter geworden!
Als er zur Treppe zurückkehrte, hörte er die Schauspielerin aufgeregt schluchzen. Er grinste zufrieden. Die Situation war für ihn noch erfüllender, als er sie sich vorgestellt hatte.
»Lilian!« rief er. Seine Stimme hallte gruselig durch das Haus. »Ich komme, Lilian!«
Das blonde Mädchen zuckte wie unter einem Peitschenschlag zusammen. Ihre tränennassen Augen weiteten sich. »Himmel, steh mir bei!« flüsterte sie flehend.
Sie wollte sehen, wer sich in ihrem Haus befand. Gleichzeitig aber nagelte die schreckliche Angst sie fest. Sie vermochte sich nicht von der Stelle zu rühren. Ihr Herz raste wie verrückt, und kalter Schweiß stand auf ihrer Stirn.
Schließlich siegte die Neugier. Lilian hastete aus, dem Schlafzimmer und erblickte das Monster auf der Treppe. Buzz Janssen hatte bereits den
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