132 - Die Seelenfänger
Legende. Für jedes Mannschaftsmitglied gibt es einen Grabstein. Und jeder Neue auf der Liste bekommt einen Grabstein."
„Irgend jemand muß die Grabsteine ja anfertigen", stellte Dorian fest. „Hat Loyola gesagt, wer das tut?"
„Nein."
„Kennt er den unbekannten Steinmetz?"
„Ich weiß es nicht."
Dorian bat die anderen, Bernd nichts davon zu sagen, was er mit ihm angestellt hatte, dann entließ er ihn aus der Hypnose.
Inzwischen hatte sich die Sonne dem Horizont genähert. Dunkle Wolken kamen auf. Alles wies darauf hin, daß sie eine stürmische Nacht vor sich hatten.
Die Nacht brach ohne Dämmerung über die Bucht von Vigo herein.
Dorian begann sich Sorgen um Coco zu machen.
Aber plötzlich stand sie in der Weinstube. Sie gab Dorian zu verstehen, daß sie ihn allein sprechen wollte. Als sie sich in den Speisesaal zurückgezogen hatten und unter vier Augen waren, erzählte ihm Coco von ihrer Begegnung mit Trigemus.
„Jetzt wird mir einiges klar", stellte Dorian fest und erzählte seinerseits von seinen Erlebnissen. Danach schloß er: „Trigemus' Anwesenheit wirft ein neues Licht auf die Angelegenheit. Wenn sich die überlebenden Janusköpfe geschlossen in diesem Gebiet eingefunden haben, dann müssen sie sich etwas Besonderes erwarten. Alles deutet darauf hin, daß sich hier irgendwo ein Tor zur Januswelt Malkuth befindet. Die Straße der toten Fische, die vielen Meeresungeheuer, die nicht von der Erde stammen… sie müssen durch das Tor von Malkuth gekommen sein. Ich glaube auch schon zu wissen, wo ungefähr sich das Tor befindet. Ein Fischer erklärte uns, daß alles beim Leuchtturm am Kap Finisterre seinen Ausgang hat. Und das Kap Finisterre ist auf dem Wasserweg nur etwas mehr als hundert Kilometer entfernt. Dort muß das Tor nach Malkuth sein."
Coco nickte. „Weißt du, was mir dazu einfällt? Wenn das alles stimmt, dann muß auch Olivaro die Zusammenhänge kennen. Er hat uns gegenüber aber kein Wort darüber erwähnt. Warum hat er uns das verschwiegen?"
„Bei unserer nächsten Begegnung werden wir ihm auf den Zahn fühlen", sagte Dorian entschlossen.
„Ich möchte zu gerne wissen, was Olivaro im Schilde führt", meinte Coco. „Und ich möchte wissen, wie das alles mit dem Geisterschiff zusammenhängt."
„Darüber könnten wir von Ramon Loyola mehr erfahren", erklärte Dorian. „Wir werden ihn uns nach dem Abendessen vorknöpfen. Willst du dich inzwischen nicht wieder einmal um Martin kümmern?"
Dorian behielt seine Befürchtung für sich, er wollte Coco nicht unnötig ängstigen. Vielleicht war alles auch nur ein Hirngespinst von ihm. Aber wenn er und Coco auf der Mannschaftsliste des Geisterschiffes standen, warum dann nicht auch ihr Sohn Martin?
Was führte Olivaro - dieser scheinheilige, falsche Januskopf - nur im Schilde?
Martin! Bist du noch wach, mein Junge?
Hallo, Ma! Wie könnte ich schlafen? Die Nacht ist so schön. Ich stehe am Fenster und beobachte das Licht.
Was für ein Licht?
Immer wenn es dunkel wird, beginnt es zu blinken. Jede Nacht. Ich kann mich daran nicht sattsehen. Beschreibe mir dieses Licht genauer, Martin.
Wie soll ich das, Ma? Es ist eben ein Blinklicht. Ja, ein Blinklicht, das ist das richtige Wort. Wenn ich abends zu Bett gehe, überlege ich immer, ob das Licht auch in der kommenden Nacht da sein wird. Und irgendwann wache ich auf, oder ich kann gar nicht einschlafen. Dann gehe ich ans Fenster. Und das Licht ist da. Ich glaube, es blinkt für mich ganz allein.
Hat Theo dir das gesagt?
Theo weiß nichts davon. Er hat keine Ahnung. Es ist mein Geheimnis. Ich weiß nicht, was er machen würde, wenn er wüßte, daß ich…
Was, Martin? Du kannst deiner Mutter ruhig sagen, was du getan hast.
Mutter Arosa wäre aber entsetzt, wenn sie wüßte…
Wer ist Mutter Arosa?
Na, die Heimmutter. Sie hat die Kinder bei sich aufgenommen. Sie ist sehr gut zu uns. Ich mag sie sehr, aber Theo hat kein gutes Wort für sie. Darum habe ich mich schon mit ihm gestritten. Und er hat… er war deswegen sehr böse zu mir. Theo hat mich zum Weinen gebracht.
Theo ist sehr böse. Du solltest dich von ihm abwenden.
Das kann ich nicht, Ma. Theo braucht mich. Manchmal benimmt er sich schrecklich, aber dann wiederum bereut er es. Ich… ich kann ihm nicht weh tun.
Du darfst dich aber auch von ihm nicht quälen lassen, Martin. Es ist besser, du kümmerst dich nicht um ihn.
Vielleicht hast du recht, Ma.
Was ist mit dem Licht, Martin? Du hast in diesem Zusammenhang doch
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