1342 - Die Totmacher
schuldig. Was war stattdessen tatsächlich geschehen?
Sechs Jahre Knast!
Und dann der Selbstmord.
Lou hatte nach der Verhandlung kurz mit Blaine gesprochen und hatte sich anhören müssen, dass er nicht mehr hatte tun können. Es war dem Rechtsverdreher laut eigener Aussage nur gelungen, das Strafmaß noch ein wenig zu mildern. Daran glaubte Lou einfach nicht.
Nur hatte er es dem Anwalt nicht gezeigt und sich sogar bei ihm bedankt. Dabei war er ein so guter Schauspieler gewesen, dass der Mann nichts von seinem Hass bemerkt hatte. Für Gannon aber war der Mann damals schon so gut wie tot gewesen und dessen Familie ebenfalls. Auch Frau und Tochter sollten erleben, wie es ist, einen geliebten Menschen zu verlieren. Seine Rachegefühle waren nicht erkaltet.
Er schaute in den Wald und mitten hinein in den Nebel. Durch den offenen Mund atmete er ein, und er merkte, dass es ihm gut tat.
Ein kaltes Grinsen legte sich auf seine Lippen, als er sich umdrehte und die Tür erst gar nicht wieder zuzerrte.
Mira schaute ihn an. Sie war dabei, ihre nicht eben kleinen Hügel in die Schalen zu packen.
»War ich gut?«, fragte sie und lauerte auf eine Antwort.
»Perfekt.«
»Danke.«
»Und ich hoffe, dass du es auch bleibst«, erklärte er. »Ich mag nämlich keine Leute, die nicht so gut sind wie ich. Sie sollten schon an mich heranreichen.«
»Tue ich das denn nicht?«, fragte sie mit lockender Stimme.
»Bis jetzt schon. Ich hoffe für dich, dass es auch in der Zukunft so bleiben wird.«
Mira hatte die Drohung genau verstanden. Sie spürte den Schauer auf ihrem Rücken. Es war nicht eine Reaktion auf die Angst, denn gerade das gefiel ihr an Lou Gannon…
***
Das Haus der Familie Blaine lag am Ortsrand von Ratley. Ohne eine genaue Beschreibung oder ohne uns durchzufragen, hätten wir es nie gefunden. So aber war es ein Kinderspiel. Wir brauchten nur den verschwommenen roten Heckleuchten zu folgen und stoppten ebenfalls, als sie aufglühten.
Natürlich hatten wir uns auf der recht kurzen Fahrt unterhalten.
Das Geschehen tobte in unseren Köpfen und eines stand fest. Hier hatte eine Person den Halloween-Abend als Alibi für sein Vorhaben benutzt. Ob Zufall oder Schicksal, jedenfalls hatte uns ein günstiges Geschick gerade zum richtigen Zeitpunkt eintreffen lassen.
Allerdings glaubte ich mehr an die Fügung des Schicksals als an den Zufall. Ähnliche Dinge hatten wir schon öfter erlebt.
So war ich zu der Ansicht gelangt, dass irgendwo und über allem schwebend eine große Hand alles lenkte und damit das Weltengefüge – egal, ob im Großen oder im Kleinen – in Gang hielt.
Die Blaines stiegen schnell aus. Besonders Karen Blaine beeilte sich, auf die Haustür zuzulaufen, was Suko und mir gar nicht gefiel.
Mein Freund hatte sich losgeschnallt. Er hechtete beinahe aus dem Golf und lief der Frau nach.
Bevor sie aufschließen konnte, hatte er sie erreicht. Beide waren selbst im grauen Dunst recht gut zu erkennen, da über dem Eingang eine lichtstarke Lampe brannte und auch die Fenster in beiden Geschossen hell erleuchtet waren.
Bevor Karen ihr Haus betreten konnte, hielt Suko sie zurück.
»Bitte, nichts übereilen, Mrs. Blain.«
»Wieso? Was ist denn?«
»Ich muss nachschauen, ob alles okay ist.«
»Meinen Sie denn, dass…?« Sie schüttelte den Kopf. »Dieser schreckliche Mann mit der Axt …?«
Suko beruhigte sie. »Ich meine nichts, aber sicher ist sicher. Glauben Sie mir.«
»Aber Wendy ist bestimmt…«
»Keine Sorge. Sie haben telefoniert und sie ist nicht an den Apparat gegangen. Damit können wir davon ausgehen, dass sie nicht im Hau ist.« Eine andere Alternative ließ Suko nicht erst zu, denn es hätte durchaus etwas Schlimmes passieren können.
Auch Ethan Blaine und ich waren inzwischen vor der Haustür eingetroffen.
Karen Blaines Hand zitterte, als sie nach dem Schlüssel fasste, sich bückte und das Türschloss suchte.
»Darf ich mal?«, fragte Suko. Er wartete die Antwort gar nicht erst ab und nahm ihr den Schlüssel aus der Hand. Innerhalb weniger Sekunden war die Tür offen.
Mein Freund betrat als Erster das Haus. Ich folgte ihm und wies die Blaines durch Handzeichen an, zunächst mal zurückzubleiben.
Wir zogen nicht unsere Waffen, aber wir waren schon verdammt auf der Hut und auf jede böse Überraschung gefasst.
Zum Glück passierte nichts. Wir konnten das Haus ohne Probleme betreten, schauten uns um und mussten überrascht feststellen, wie großzügig es innen geschnitten war. Hier
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