1342 - Die Totmacher
grauweißen Totenschädel aus Gummi entschieden, der ihren Kopf völlig verdeckte.
Sie bewegte die Lampe in der Hand nach oben und strahlte in das dunkelrote Hexengesicht.
»He, was hast du?«
»Wieso?«
»Du schaust dich so oft um.«
»Ach, tue ich das?«
»Ja, das habe ich doch gesehen. Claire und Cilly ist das auch aufgefallen.«
»Nur so.«
»Glaube ich nicht.«
»Warum?«
»Du hast Schiss.«
Wendy, die unter ihrer Maske schwitzte, holte kräftig Luft. »Ihr bildet euch das nur ein. Ich habe mich nicht…«
»Schiss, Schiss, Schiss hast du!« Diana mit dem Totenschädel tanzte vor ihr auf und ab. »Du hast einfach nur Schiss!«
»Nein, das habe ich nie!« Wendy schrie unter ihrer Maske. »Sonst wäre ich ja nicht mit euch gekommen.«
»Aber du hast dich dauernd umgedreht.«
»Ja, das habe ich.«
»Und warum?«
Wendy überlegte schnell. Auf keinen Fall wollte sie ihren Freundinnen von der Gestalt im Garten erzählen. Sie hätten ihr zwar geglaubt, aber sie auch ausgelacht. Schließlich war Halloween. Da waren die Mädchen unterwegs, um andere Menschen zu erschrecken. Sie selbst wollten keine Angst haben.
»Jetzt weißt du nicht weiter, wie?«, sagte der Totenkopf.
»Doch, doch. Ich habe mich umgeschaut, ob meine Eltern kommen. Sie hätten schon längst wieder im Haus sein müssen. Sie haben sich wohl verspätet. Das ist es und nichts mehr. Meine Mutter wollte meinen Vater von der Haltestelle abholen. Ich hatte ihr versprochen, noch so lange im Haus zu bleiben. Dann aber seid ihr gekommen und jetzt habe ich einfach ein schlechtes Gewissen.«
Dina fing an zu lachen und sprach die beiden anderen Freundinnen an. »He, habt ihr das gehört? Wendy ist ein Elternkind. Ein Kleinkind. Sie wollte auf Mum und Pa warten. Wir sind ihr dazwischengekommen. Richtig toll.«
Mit ihrem Ruf hatte Diana Claire und Cilly gemeint, die beide herbeikamen.
Claire war bleich wie ein Vampir geschminkt. Auf eine Maske hatte sie verzichtet. Ihre ältere Schwester hatte ihr die Haare grau eingepudert und noch Blut um die Augen herum geschminkt und auch die Mundwinkel mit der roten Farbe nicht ausgelassen. Sie trug ein schwarzes Cape, das innen rot gefüttert war.
Cilly hatte sich als Monster Frankenstein verkleidet. Um so auszusehen steckte vor ihrem Gesicht eine Maske, und sie selbst hatte sich in einen alten Anzug ihres Bruders gehüllt, der viel zu groß und zu weit für sie war. Um gehen zu können, waren die Hosenbeine nach oben gekrempelt worden.
»Hast du Schiss?«, fragte Cilly überflüssigerweise.
»Hör auf damit.«
»Sie wollte Mama und Papa noch gute Nacht sagen.« Diana begann zu kichern.
Wendy wurde wütend. »Jetzt reicht es!«, schrie sie unter der Maske los. Dann schubste sie Diana so heftig zurück, dass sie fast gefallen wäre. Sie wollte auch nachsetzen, aber Cilly und Claire hielten sie fest.
»Lass das!«, rief Claire.
»Dann soll sie nichts mehr sagen.«
»Wird sie schon nicht.«
Diana wollte ihre Maske abreißen. Sie überlegte es sich jedoch und ließ sie vor dem Gesicht.
»Und du hör auf damit!«, fuhr Claire sie an.
»Ja, schon gut.«
»Wir sind gemeinsam gegangen, um Leuten Angst zu machen. Und dabei bleibt es.«
Sie gaben sich die Hand und versprachen, sich nicht mehr zu streiten. Dann gingen sie weiter. Als Vorboten waren die Lichter der Taschenlampen zu sehen, deren Strahlen durch den wabernden Dunst tanzten.
Den Ort hatten sie inzwischen erreicht. Er war zwar klein, hatte jedoch nicht nur eine Hauptstraße, sondern auch zahlreiche Nebenstraßen, die in verschiedene Richtungen führten. In diesen Straßen und Gassen standen die Häuser enger beieinander. Aus einigen hörten sie Schreie. Nicht alle stammten aus den Kehlen von Kindern. Einige von ihnen trugen Recorder, aus denen die schrecklichen Laute drangen. Es waren die richtig bösen Schreie. So etwas konnte man kaufen.
Die Mädchen hatten sich keinen Plan gemacht, welches Haus sie als erstes besuchen wollten. Nicht auf ihrer Liste standen die Kirche und das Pfarrhaus. Mit dem Pastor würde es Ärger geben, denn er lehnte den Halloween-Spuk kategorisch ab.
Deshalb machten sie um die Kirche einen Bogen und nahmen das erste Haus ins Visier. Dort wohnten zwei ältere Frauen. Schwestern, die niemals verheiratet gewesen waren. Im Ort lachte man über sie.
Aber nur, wenn sie nicht in der Nähe waren, denn die beiden Alten konnten sehr kratzbürstig sein. Mit Kindern hatten die Junggesellinnen erst recht nichts im Sinn.
In den
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