1342 - Die Totmacher
Claire.
»Okay.« Diana fühlte sich zwar nicht unbedingt wohl, sie wollte sich vor ihren Freundinnen auch nicht blamieren. Zunächst mal legte sie eine Hand auf die Klinke und drückte sie vorsichtig nach unten.
Plötzlich spürten alle das Andere, das nicht Fassbare, das sich in ihrer Umgebung ausgebreitet hatte. Es war etwas in der Nähe, das sie nur spürten, aber nicht sahen.
Diana drückte die Tür nach innen.
Der Raum war dunkel. Sie sahen nur das Fensterrechteck, das sich schwach gegenüber abzeichnete.
Das Mädchen schob sich über die Schwelle. Ihre drei Freundinnen folgten sehr langsam.
Alle vier blieben stehen, als sie die seltsamen Geräusche hörten, die ihnen entgegenschwangen.
Identifizieren konnten sie es nicht. Jedenfalls klang es sehr dumpf, als wäre jemand dabei, die Worte eines anderen schnell zu ersticken.
»Ist da kein Licht?«, fragte Cilly.
»Moment.« Diana suchte an der Wand den Schalter und hatte ihn schnell gefunden.
Unter der Decke und über einem Tisch hing eine Lampe, die wie ein auf den Kopf gestellter Korb aussah. Die Seiten waren mit Stoff bedeckt, so dass ein Großteil des Lichts gefiltert wurde. So drang der Schein nicht in alle Ecken hinein.
Das Haus gehörte zu den alten Häusern. Früher hatte man auch anders gebaut. So war auf eine recht große Küche Wert gelegt worden. In ihr standen die vier Freundinnen jetzt.
Dass die Küche sehr aufgeräumt wirkte, sahen sie auf den ersten Blick. Es war nicht wichtig. Viel wichtiger waren die Geräusche, die nicht stoppten, denn sie stammten von den beiden Personen, die gefesselt und geknebelt neben dem Tisch lagen und ihnen mit ängstlichen und hilflosen Blicken entgegenschauten…
***
Das war kein Scherz mehr. So etwas gehörte nicht zu Halloween.
Da erschreckte man die Erwachsenen, aber man schlug sie nicht nieder, um sie zu fesseln und zu knebeln.
Keine der vier Freundinnen wagte es, auch nur ein Wort zu sagen. Sie alle waren starr, doch es gab eine, die sehr wohl darüber nachdachte und die dabei ein eisiges Gefühl überkam.
Das Gefühl sagte Wendy, dass dies hier etwas mit dem Unheimlichen zu tun hatte, in dessen Kopf die Axt steckte. Davon ging sie einfach aus. Da brauchte sie keinen Beweis. Sie hatte die böse Aura des Mannes gespürt.
Wendy stand als Letzte in der Reihe. Sie tippte Cilly auf die Schulter und sprach sofort.
»Lass uns von hier verschwinden!«
»Wann?«
»Jetzt!«
»Das können wir nicht machen!«, zischelte Cilly. »Wir müssen die beiden befreien.«
»Das kann später noch geschehen. Wir holen die Polizei!«
»Den alten Grey?«
»Ja.«
»Der ist nicht mehr im Amt.«
»Trotzdem.«
Die anderen beiden Mädchen hatten sich nicht eingemischt. Sie konnten auch nicht nach ihrer Meinung gefragt werden, denn es passierte etwas, womit keine gerechnet hatte.
Die Haustür schlug zu.
Das Geräusch kannten sie genau. Es alarmierte die Mädchen, denn da musste jemand eingegriffen haben. Die beiden alten Frauen auf dem Fußboden und deren entsetzte Gesichter waren ihnen im Moment gleichgültig. Die blanke Angst trieb sie aus dem Zimmer.
Sie sprangen in den Flur, schauten zur Tür und konnten kaum fassen, was sie sahen. Sie waren nicht mehr allein. Vor der Tür hatte sich eine fremde blonde Frau aufgebaut, die ihre Arme angewinkelt hatte und die Hände in die Hüften stützte.
Trotz des miesen Lichts war zu sehen, dass sie breit grinste. Sie ließ sich noch ein paar Sekunden Zeit, bevor sie die Kinder ansprach.
»So leicht kommt ihr hier nicht mehr raus. Das kann ich euch versprechen.«
So forsch sich zumindest drei der Freundinnen gezeigt hatten, das war jetzt vergessen. Sie bewegten sich nicht. Hätten sie keine Masken getragen, hätten sie sich gegenseitig die Angst aus ihren Gesichtern ablesen können.
So fiel nur ihre starre Haltung auf.
Diana fing sich vor ihren Freundinnen. »Was soll das denn? Wer sind Sie?«
»Was Mira gesagt hat, stimmt!«
Wieder hörten sie eine fremde Stimme. Diesmal hinter ihrem Rücken. Es war die Stimme eines Mannes.
Wendy Blaine stand als letzte in der Reihe. Als sie sich allerdings umdrehte, war sie die erste Person, die den Mann auf der zweituntersten Treppenstufe sah.
Sie kannte ihn.
Sie hatte ihn schon im elterlichen Garten gesehen.
Es war der Typ, der in seinem Kopf eine Axt stecken hatte!
***
Wir waren zusammen mit den Blaines nach Ratley hineingegangen und fühlten uns nicht eben wie Spaziergänger im Nebel, denn unser Ziel stand fest. Wir
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