1345 - Vampirkiller Conolly
und Marek seine stärkste Waffe noch besaß.
Wieder blickte er auf den Holzpfahl. Wieder strich er über den seidenweichen Glanz des Materials hinweg. Immer stärker wurde ihm klar, dass er sich möglicherweise eine Laus in den Pelz gesetzt hatte und der Pfahl nicht so normal war wie er aussah.
Was war da passiert? Woher stammte er?
Ihm fiel ein, dass er die Fragen mit sich trug, die ihn jetzt quälten.
Bill wollte das nicht auf sich beruhen lassen. Er brauchte seinen Frieden, und deshalb wählte er erneut eine Telefonnummer.
Er wollte noch mal mit dem Trödler Koonz sprechen.
Er bekam keine Verbindung.
Niemand ging an den Apparat, um abzuheben. Dafür hörte er eine weibliche Stimme, die ihm erklärte, dass es keinen Anschluss unter dieser Nummer gab.
Das war nicht eben das Ergebnis, das dazu beitrug, sein Misstrauen zu besänftigen.
Bill saß auf seinem Platz und dachte nach. Er strengte sich an, doch er kam zu keinem Ergebnis.
Etwas stimmte nicht, und er war nicht in der Lage, es herauszufinden. Das ärgerte ihn.
John Sinclair anrufen? Nein, das wollte er auch nicht. Sein Freund hatte genügend am Hals, er wollte ihn nicht auch noch damit belästigen. Zudem verspürte Bill auch den Ehrgeiz, es allein zu schaffen.
Jemand war an der Tür. Bill schrak leicht zusammen und legte den Pfahl auf den Schreibtisch. Dann stand er auf und drehte sich.
So nahm ihm keine Rückenlehne mehr die Sicht.
Sheila stand auf der Schwelle. Sie trug ein hellblaues Nachthemd, das unter dem Hals von einer Schleife gehalten wurde. Das Gesicht wirkte leicht verschlafen.
»Du bist ja immer noch wach.«
Bill nickte. Er trank einen Schluck Rotwein. »Ich konnte einfach nicht schlafen.«
Sie deutete auf den Pfahl. »Lag es daran?«
»Ja.«
Sheila hob die Schultern. »Kann es sein, dass du inzwischen telefoniert hast? Oder habe ich das geträumt?«
»Nein, hast du nicht. Ich habe mit Marek gesprochen.«
»Ach.«
Bill winkte ab. »Hat aber nichts ergeben. Es ist nicht sein Pfahl, auch wenn er so aussieht.«
Mit der Stimme einer Lehrerin, die ihren Schüler zurechtweist, sagte Sheila: »Das hätte ich dir auch vorher sagen können. Wenn es so gewesen wäre, hätte er uns bestimmt Bescheid gegeben.«
»Bei ihm weiß man das nie.«
Sheila ging zu ihrem Mann und legte ihm beide Hände auf die Schultern. »Bitte, komm jetzt ins Bett. Auch du brauchst Schlaf. Sonst zerbrichst du dir noch den Kopf und kannst später überhaupt nicht mehr einschlafen.«
Bill lächelte verkrampft. »Im Prinzip hast du ja Recht, Sheila. Ich werde trotzdem Probleme bekommen, weil ich einfach das Gefühl habe, dass es erst der Anfang ist.«
»Wovon?«
»Von Problemen, die noch auf uns zukommen. Verdammt noch mal, warum ist dieser Pfahl mit dem unseres Freundes Marek so identisch? Ich weiß es nicht. Da muss es einen Grund geben, und den will ich herausfinden.«
»Aber nicht heute Nacht.«
»Okay.«
Bill wollte sich drehen. Aber er tat es nicht. Er blieb auf der Stelle stehen, und das hatte seinen Grund. Er spürte, wie sich Sheilas Fingerspitzen fester in die Haut seiner Schultern bohrten. Auch merkte er ihr leichtes Zittern.
»He, was ist denn?«
»Bill… ich … ich …«, flüsterte sie. Mehr sagen konnte sie nicht, ihre Augen weiteten sich.
Bill schob die Hände seiner Frau von den Schultern weg. Er hatte jetzt Platz, um sich zu drehen. Im nächsten Moment kam er sich vor, als befände er sich in einer anderen Welt.
Der auf dem Schreibtisch liegende Pfahl hatte sich verändert. Er leuchtete plötzlich in einem blutigen Rot…
***
Sheila hatte sich nicht zu drehen brauchen. Sie schaute bereits in die Richtung. Ihre Augen waren weit geöffnet. Die Hände hatte sie zu Fäusten verkrampft, und selbst im weichen Licht wirkte ihr Gesicht kalkbleich.
Bill wusste, dass Sheila einen Kommentar von ihm erwartete, nur konnte er ihr den Gefallen nicht tun. Auch er musste den Schock erst überwinden.
»Was ist das, Bill?«
Der Reporter zuckte die Achseln. »Ich hab keine Ahnung«, flüsterte er. »Klar, der Pfahl. Er ist nicht mehr normal. Einfach schrecklich.« Er löste sich von seiner Frau, um auf den Gegenstand zuzugehen.
»Nein, Bill, bleib. Das ist schlimm. Mir ist richtig unheimlich, wenn ich ihn anschaue.«
»Keine Sorge, ich weiß, was ich mache.«
Der Reporter war vorsichtig. Er bewegte sich entsprechend, doch in seinem Inneren war er aufgewühlt. Das Blut war ihm in den Kopf gestiegen, im Hals drehte sich etwas zu, und als er den
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