1354 - Höllenflucht
waren.«
»Weißt du, wohin sie gegangen sind?«
»Nein. Aber ich traue mich nicht hinaus. Der Wagen ist noch da. Er hat den Teufel und seine Helfer transportiert. Wenn sie merken, dass ich mich versteckt habe, dann holen sie mich auch.«
»Das kann ich verstehen.«
»Und was soll ich jetzt tun?«, flüsterte sie. »Ich… ich … habe doch nur Angst.«
»Du bleibst in meiner Nähe. Das ist alles. Du wirst nichts ohne mich tun. Okay?«
»Ja«, flüsterte sie. »Ja, das mache ich auch. Nichts ohne dich. Das habe ich verstanden.«
»Sehr gut.« Mir ging natürlich die Beschreibung nicht aus dem Kopf. Ich hatte sehr genau zugehört. Erst als Evelyn von dieser Verwandlung gesprochen hatte, da war mir klar geworden, mit wem ich es hier zu tun hatte. Mit einem ganz besonderen Feind, wobei ich mir auch hätte denken können, dass er Lunte gerochen hatte.
Woher wusste van Akkeren Bescheid? Wer hat ihm etwas von dem Templerschatz gesagt?
Natürlich brannten die Fragen auf der Seele. Doch es war müßig, nach einer Antwort zu forschen. Ich würde sie nicht finden. Der Grusel-Star kannte schon immer die verschlungenen Wege, um an sein Ziel zu gelangen, das hatte ich oft genug erlebt.
Jetzt war er hier. Aber nicht zu sehen. Er war mit dem schwarzen Ford gekommen, und er hatte Unterstützung mitgebracht. Drei Männer. Zählte ich van Akkeren hinzu, waren es vier Gegner, die auf unserer Liste standen.
Ich schaute Evelyn an. Sie hatte sich wieder etwas gefangen, doch es ging ihr auch weiterhin schlecht. Sie schaute ins Leere oder gegen ihre Füße. Etwas zu sagen, schaffte sie nicht. Ich bemerkte das Zucken ihrer Schultern. Dann rannen Tränen aus ihren Augen.
»Wichtig ist, dass du überlebt hast, Evelyn. Für dich geht das Leben weiter.«
»Ohne Peter?«
»Das muss so sein.«
»Aber wir haben uns geliebt.«
»Das denke ich mir. Doch kann man das Schicksal nicht beeinflussen, Evelyn. Leider ist das so.«
Sie senkte den Kopf. Sie schluckte und schluchzte zugleich. Dann holte sie tief Luft und fiel gegen mich.
Ich hielt ein zitterndes Bündel in den Armen, aber ich dachte nicht nur an den Grusel-Star, sondern auch an meinen Freund Godwin de Salier, der draußen wartete.
Allein war und von nichts ahnte.
Deshalb konnte ich nicht mehr länger bleiben, und das sagte ich Evelyn auch.
»Was?«, flüsterte sie, »ich soll hier alleine bleiben?«
»Ja. Es ist besser für dich. Glaube es mir. Es ist viel besser, Evelyn. Du kannst dich hier verstecken. Ich glaube nicht, dass sie nach dir suchen werden, denn sie werden dich nicht finden. Du bist einfach verschwunden.«
»Ja«, sagte sieleise. »Ich bin weg. Ich möchte immer weg sein.«
Sie sah in diesen Augenblicken aus wie ein kleines Kind, obwohl sie über 20 war. Doch die Angst kann einen Menschen sehr verändern.
»Sie werden auch dich töten«, flüsterte sie. »Ich bin davon überzeugt. Sie können dich fertig machen. Sie kennen keine Gnade. Es alles so schrecklich…«
»Nein, das werden sie nicht tun. Ich bin auch nicht einfach vom Himmel gefallen.«
»Ja, ich habe dich gesehen. Da war dieses zweite Auto.«
»Genau das.«
Evelyn brauchte jetzt den Körperkontakt und drückte mich. Dabei presste sie sich an mich, und es kam mir vor, als hielte ich eine Ertrinkende fest.
Ich schob sie nach einer Weile zur Seite. Dann drehte ich mich um und schritt wieder dem Eingang entgegen. Diesmal wollte ich so leise wie möglich gehen und schaffte es auch.
Das graue Rechteck vor mir war mir nicht ganz geheuer. Mein Umriss würde sich abmalen, und ich würde für jeden Schützen eine Zielscheibe sein. Deshalb legte ich die nächsten Schritte schnell zurück und huschte dann nach draußen.
Dort blieb ich für einen Moment stehen. Wäre es ein stockdunkler Abend gewesen, hätte ich nichts gesehen. So aber gab der Himmel noch ein wenig Licht ab, und dieser Glanz, der vom Mond und den Sternen stammte, senkte sich der Erde entgegen.
Ich stand noch im Schatten der Ruinen. Ich lauschte in die Stille hinein, die von keiner menschlichen Stimme unterbrochen wurde.
Es war nur das leichte Säuseln des Abendwinds zu hören, der wie ein Dieb durch das hohe Gras schlich.
Als ich etwas zur Seite ging und mich von der Mauer löste, sah ich auch den großen Wagen. Nicht weit entfernt stand unser Van, wo Godwin auf mich wartete.
Mich überkam ein Gefühl des Unbehagens, als hätte sich etwas verändert und mich allein in einer Traumwelt zurückgelassen. Nein, es hatte sich nichts
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