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legte den Deckel auf das Fass zurück. «Diese Ladung sollte uns für ein paar Monate genügen», sagte er, «aber Gott weiß, dass wir mehr brauchen.» Er sah den Reiter an. «Wer seid Ihr?»
«Mein Name ist Roland de Verrec», sagte der Mann. Er sprach Französisch mit einem Akzent aus der Gascogne.
«Ich habe von Euch gehört», sagte Thomas, und das war kaum überraschend, denn von Roland de Verrec wurde in ganz Europa mit Ehrfurcht gesprochen. Es gab keinen besseren Turnierkämpfer. Und dann, das versteht sich, war da noch die Legende von seiner Jungfräulichkeit, die ihm durch eine Erscheinung der Jungfrau Maria auferlegt worden war. «Wollt Ihr den Hellequin beitreten?», fragte Thomas.
«Ich wurde von dem Comte de Labrouillade mit einer Mission betraut …», begann Roland.
«Der fette Bastard wird Euch sehr wahrscheinlich betrügen», unterbrach ihn Thomas, «und wenn Ihr mit mir reden wollt, Verrec, dann nehmt diesen verdammten Kübel vom Kopf.»
«Mein Herr der Comte gibt mir den Auftrag …», setzte Roland erneut an.
«Ich habe gesagt, nehmt diesen verdammten Kübel vom Kopf», unterbrach Thomas ihn erneut. Er war auf den Pferdewagen gestiegen, um die Pfeile in Augenschein zu nehmen, aber auch, weil er von der Ladefläche auf den berittenen Mann herabsehen konnte. Es war immer unangenehm, sich mit einem Reiter zu streiten, wenn man selbst zu Fuß war, doch nun war es an Roland, sich unbehaglich zu fühlen. Etwa zwanzig Männer von Thomas, durch die Fremden auf der Straße neugierig geworden, waren vom offenen Burgtor herangekommen. Bei ihnen war auch Genevieve, die Hugh an der Hand hielt.
«Ihr werdet mein Gesicht sehen», sagte Roland, «wenn Ihr meine Herausforderung annehmt.»
«Sam», rief Thomas zum Wehrgang des Torhauses hinauf, «siehst du diesen Tölpel?» Er deutete auf Roland. «Halte dich bereit, um ihm einen Pfeil durch den Kopf zu schießen.»
Sam grinste, setzte einen Pfeil auf die Sehne und spannte den Bogen bis zur Hälfte. Roland, der nicht verstanden hatte, was gesagt worden war, sah dort hinauf, wohin Thomas gerufen hatte. Er musste den Kopf zurücklegen, um die Bedrohung durch die Sehschlitze seines Helmes zu erkennen.
«Das ist ein Pfeil aus englischer Esche», sagte Thomas, «mit einem geschäfteten Eichenkopf und einer nadelscharfen Ahlspitze. Sie wird Euren Helm durchdringen, Euch ein hübsches Loch in den Kopf bohren und in dem Hohlraum zum Stillstand kommen, in dem sich normalerweise Euer Gehirn befinden sollte. Also stellt Ihr Euch Sam entweder für seine Zielübungen zur Verfügung, oder Ihr nehmt den verdammten Helm ab.»
Er nahm den Helm ab. Thomas’ erster Eindruck war, ein Engelsgesicht vor sich zu haben, sanft und blauäugig und umrahmt von blondem Haar, das durch die Ausfütterung des Helms zusammengepresst worden war, sodass es nun dicht wie eine Kappe um seinen Kopf lag, während die unteren Enden in störrischen Locken abstanden. Es sah so seltsam aus, dass Thomas lachen musste. Auch seine Männer lachten. «Er sieht aus wie ein Gaukler, den ich auf dem Jahrmarkt von Towcester gesehen habe», sagte einer.
Roland, der nicht verstand, warum die Männer lachten, runzelte die Stirn. «Warum machen sie sich über mich lustig?», fragte er empört.
«Sie halten Euch für einen Gaukler», sagte Thomas.
«Ihr wisst, wer ich bin», sagte Roland großartig, «und ich bin gekommen, um Euch herauszufordern.»
Thomas schüttelte den Kopf. «Wir halten hier keine Turniere ab», sagte er. «Wenn wir kämpfen, kämpfen wir richtig.»
«Glaubt mir», sagte Roland, «das tue ich auch.» Er trieb sein Pferd näher an den Wagen, vielleicht hoffte er, Thomas einschüchtern zu können. «Mein Auftraggeber de Labrouillade fordert, dass Ihr seine Gemahlin zurückschickt», sagte er.
«Die Bibel lehrt uns, dass der Hund zu seinem Erbrochenen zurückkehrt», sagte Thomas, «und der Hündin Eures Herrn steht es frei, zu ihm zurückzukehren, wann immer sie will. Sie braucht Eure Hilfe nicht.»
«Sie ist eine Frau», sagte Roland barsch, «und besitzt keine Freiheit außer dem Willen ihres Herrn.»
Thomas nickte zur Burg hin. «Wem gehört das? Mir oder Eurem Herrn?»
«Euch, für den Moment.»
«Dann, für den Moment, Roland von wo auch immer, besitzt die Comtesse de Labrouillade die Freiheit, zu tun, was sie wünscht, denn sie ist in meiner Burg, nicht in Eurer.»
«Wir können das», sagte Roland, «im Kampf entscheiden. Ich fordere Euch heraus!» Er zog seinen
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