1363 - Krieg der Städte
hereinfiel, erkannte Rhodan auch, daß seine erste Einschätzung falsch war. Er hatte es mit Vunorern zu tun. Sie unterschieden sich allerdings von denen, die er bisher kennengelernt hatte. Sie wirkten breiter und ein wenig größer als die Soldaten und die Unterbrüder. Ihr Äußeres besaß einen violetten Schimmer, und sie bewegten sich leiser und gelenkiger. Offensichtlich gingen die Unterschiede auf die Königin zurück, die verschiedenen Arten von Rasseangehörigen das Leben schenkte. „Wir sind die Oberbrüder", verkündeten sie gemeinsam und mit einer Stimme. Sieben waren sie an der Zahl, und sie forderten ihn auf, sich in das Innere des Rondells zwischen die Steinplatten zu begeben. Sie folgten ihm und stellten sich an den Zwischenräumen auf. „Du bist im Saal der Sinne", erfuhr er. „Betrachte die Steinplatten als eine Art Spiegel, mit deren Hilfe wir in der Lage sind, dich bis in dein Innerstes zu erkennen!"
„Gebt mir eine Kostprobe!" Die Oberbrüder versanken in Schweigen. Sie konzentrierten sich, und Rhodan bewegte sich in dieser Zeit nicht. Es dauerte mehrere Minuten, bis sich die Priester der Königin wieder zu Wort meldeten. „Du besitzt die Aura vieler Generationen, Fremder. Es ist, als seist du in einem Raum gewesen, in dem all das in dich eingespiegelt worden ist. Warst du wirklich noch nie in Vunor?"
„Noch nie. Wißt ihr das nicht?"
„Wir wissen es, denn unsere Königin hat es uns gesagt. Sie besitzt eine Ausstrahlung, die fast so stark ist wie deine. Sie hätte jede Lüge sofort entlarvt."
Wieder hatte Perry Rhodan Mühe, seine Fassung zu bewahren. Er wagte es nicht, eine verräterische Bewegung zur Brust zu machen, in der der Zellaktivator ruhte. Er starrte die Steinplatten an, versuchte zu erkennen, ob sie tatsächlich die Eigenschaft besaßen, ihn zu analysieren. „Gib dir keine Mühe. Das System ist perfekt", sprachen die Oberbrüder. „Du bist sehr alt, und du trägst viel Erfahrung mit dir. Bist du weise? Wahrscheinlich weißt du es selbst nicht. Und nun höre. Du hast Fragen gestellt und willst die Antworten. Hier sind sie: Du hast den Gefäßtest bestanden. Dadurch hast du dir das Gastrecht erworben. Wundere dich nicht, woher wir über die Machenschaften der Unterbrüder Kenntnis haben. Unsere Soldaten waren in dem Versteck und haben sich aufmerksam umgesehen. Ihnen ist keine Kleinigkeit entgangen. Warum hast du ein Gefäß umgestürzt? Gib jetzt keine Antwort, Fremder.
Es steht ein Krieg bevor, und deine Ankunft hat dem Volk von Vunor Hoffnung gegeben, daß es diesen Krieg gewinnen wird. Du stehst auf seiner Seite, und es spielt keine Rolle, ob du das willst oder nicht. Es ist einfach so. Du kannst dich dem nicht entziehen. Du wärst zu schade für die Bergwerke, und du hättest das Fördersystem negativ beeinflußt. Das ist dein Schicksal, und es ist unsere Aufgabe, dir den richtigen Weg zu zeigen. Dein Gedanke, einen Krieg zu entscheiden, war richtig. Er ist es noch jetzt. In dem Schicksalsgefäß befand sich das Schicksal unseres Volkes. Du hast es getrunken, hast den Odem von Vunor inhaliert. Das allein zählt für dein weiteres Tun. Du wirst Königin Vu auf ihrem Kriegszug begleiten.
Du wirst ihr zum Sieg verhelfen. Nie mehr wird Kauran uns angreifen!"
Den Teufel werde ich tun, dachte Rhodan intensiv. Ich werde den Krieg auf meine Weise verhindern. Ihr könnt nichts daran ändern. Es wird keinen Krieg geben, und ich werde alle meine Kraft und mein technisches Potential einsetzen, daß es hinterher weder Sieger noch Besiegte geben wird!
Er verspürte starken Juckreiz an der Stirn und an den Handgelenken Er begann sich zu kratzen, und die Oberbrüder schwiegen in diesen Sekunden und ließen ihn gewähren. Durch das Kratzen wurde das Jucken schlimmer, und Perry fühlte sich nicht wohl. Er konzentrierte sich auf eine bestimmte Gedankenfolge, um sich von der unangenehmen Erscheinung abzulenken. „Du hast die erste Stufe zur Vollkommenheit erreicht", hörte er die monotone Stimme der sieben. „Du bist würdig, den geistigen Inhalt des ersten Gefäßes zu inhalieren und damit die endgültige Weisheit in dir aufzunehmen. Willst du?"
Rhodan zögerte. Unterschiedliche Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Er spürte, daß er dabei war, seine eigene Entscheidungsfreiheit in diesem Land endgültig zu verlieren. Er mußte an die Flammen des Tribunals denken und an deren Worte. Wenn er seine Fähigkeit zur selbständigen Entscheidung und Handlung aufgab, gefährdete er die
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