1368 - Glendas Feuertaufe
rechnen können, und auch Shao und ich waren verdammt gespannt.
Suko und Newton sprachen ein paar Worte. Wir hörten, dass die Tür wieder ins Schloss fiel, und wenig später vernahmen wir die Echos der Schritte, als sie in Richtung Wohnzimmer gingen.
Dr. Phil Newton schlich nicht wie der arme Sünder in das Zimmer.
Er ging aufrecht, und mir fielen sofort seine grauen Augen auf, die klar blickten und auch blitzschnell die für ihn neue Umgebung absuchten, als wollten sie etwas Besonderes herausfinden. Aber er sah nur Shao, Suko und mich.
Suko stand hinter ihm, als wollte er ihn bewachen. Beide sprachen nicht. Bis Glenda das Schweigen nicht mehr aushielt und sich mit leisen Worten meldete.
»Was tun Sie hier?«
Der Mann mit den weißen Haaren hob die Schultern. »Ich wollte einfach nur sehen, wie es Ihnen geht.«
»Gut.«
»Ist schon klar.«
»Und weshalb sind Sie wirklich gekommen?«, fragte ich. »Wer hat Sie geschickt?«
»Sehen Sie jemanden?«
»Nein. Aber wir alle hier könnten uns vorstellen, dass es Saladin gewesen ist.«
Phil Newton machte ein Gesicht, als wäre er dabei, nachzudenken.
»Ja, ich gebe zu, dass auch Saladin Interesse an Glenda Perkins hat, aber sie ist meine Probandin, und deshalb nehme ich mir das Recht heraus, sie zu besuchen.«
So ganz nahm ich ihm das nicht ab, weil ich Saladin kannte. Der blieb nicht zurück und wartete einfach nur ab. Er war ein Mann der Tat, wenn auch im negativen Sinne.
»Und was genau wollen Sie von Glenda Perkins?«, erkundigte sich Shao. Phil Newton gab noch keine Antwort. Er suchte sich mit einer schon übersteigerten Selbstsicherheit einen Platz aus, wo er sich niederließ und uns alle im Blick hatte.
»Ich habe sie verändert. Und weil das so ist, bin ich auch ihr Chef. Sie sollte in meiner Nähe bleiben, denn nur ich kann ihre Reaktionen verstehen und richtig deuten. Sie muss von ihrem alten Leben Abschied nehmen und auch von ihren Kollegen und Freunden. Sie ist nicht mehr die Person, die sie noch vor einem Tag war. In ihrem Blut fließt mein Serum, und damit muss sie sich auf ihre neue Existenz einstellen.«
Es waren Worte, die wir einfach nicht akzeptieren konnten. Uns dies mitten ins Gesicht zu sagen, das kam schon einer verdammten Frechheit gleich, aber wir behielten trotzdem die Ruhe, weil wir wissen wollten, wie es bei Newton weiterging.
»Den Fehler haben Sie ja begangen, Doktor, und nicht Glenda Perkins. Sie haben ihr das Mittel gespritzt, und Sie haben damit gerechnet, dass dieses Zeug ihr das Tor zum Jenseits öffnen würde.«
»Sie sollte in der Lage sein, Kontakt mit den Verstorbenen aufnehmen zu können, um mit ihnen zu kommunizieren. Das alles hatte ich vorgesehen.« Er beugte seinen Körper nach vorn. »Und können Sie sich vorstellen, wie die Menschen reagieren würden, wenn ihnen so etwas zu Ohren kommt? Das würde alles auf den Kopf stellen. Ein Mensch, der mit den Toten redet! Der endlich erfahren würde, wie es im Jenseits aussieht, denn perfektere Zeugen gibt es einfach nicht. Da wird ein Gehirn erweitert, damit es Grenzen überwinden kann. Alles spielt sich dort ab. Aber ich sehe ein, dass ich einen Fehler begangen habe. Mit Glenda Perkins ist etwas anderes passiert. Sie ist in der Lage, zu springen, eine Teleporterin habe ich aus ihr gemacht, doch das ist mir zu wenig.«
Wir hatten ihn bewusst nicht unterbrochen. Jetzt konnte Shao nicht mehr an sich halten.
»Und deshalb sind Sie erschienen, um dies zu korrigieren?«
»Genau das ist die Wahrheit.«
Wir waren noch immer perplex. So etwas war uns noch nie begegnet. Das war mehr als eine Unverschämtheit. Darüber konnten wir nur den Kopf schütteln, und wir waren zugleich sprachlos.
»Und da wagen Sie es, zu uns zu kommen und uns diese Vorschläge zu unterbreiten?«, fragte ich.
»Genau.«
»Traut ihm nicht«, flüsterte Glenda. »Er hat sich nicht geändert, und Saladin ist sein Partner.«
Daran hatte auch ich gedacht. Ich wusste auch nicht, ob dieser Mensch hier freiwillig bei uns erschienen war oder ob es besondere Absprachen gab. Dass er es getan hatte, wies darauf hin, wie verdammt sicher er sich fühlte.
»Ich gehe davon aus, das Sie mir zustimmen. Ihre Glenda Perkins ist für die Menschheit sehr wichtig. Wenn ich es geschafft habe, sie auf den richtigen Weg zu bringen, wird sie die berühmteste Frau der Welt sein. Das kann ich versprechen.«
»Ich will aber nicht berühmt sein«, sagte Glenda mit brüchiger Stimme. »Und nicht auf so eine Art und
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