1368 - Glendas Feuertaufe
ihrer Position wegzureißen.
Überlaut donnerten die ersten Schüsse durch den Raum. Die Echos knallten in unsere Ohren, der Mann mit der Waffe kam mir vor wie eine Filmfigur. Er stand da wie der große Killer, der gekommen war, um unter seinen Gegnern aufzuräumen.
Einen großen Unterschied allerdings gab es zwischen Newton und diesem Killer.
Der eine konnte schießen. Newton aber sah aus, als hätte er noch nie zuvor eine Waffe in der Hand gehalten. Da war es auch auf eine relativ kurze Entfernung schwierig, ein Ziel zu treffen, besonders dann, wenn jemand mit dem Gewicht eines Revolvers nicht vertraut ist.
Er schaffte es, zweimal zu schießen, und beide Male verriss der Mann den Revolver. Die Kugeln trafen uns nicht. Sie waren einfach zu hoch angesetzt und jagten in Richtung Decke, wobei sie dort nicht einschlugen, sondern in die Wand.
Als er zum dritten Mal abdrückte, war ihm klar geworden, wie er den Revolver halten musste. Da aber lagen Suko und Shao bereit auf dem Boden, und auch ich war auf Tauchstation gegangen.
Das dritte Geschoss hieb in die Couch.
Ich rollte mich an eine andere Stelle und wollte noch schreien, dass er aufhören sollte zu schießen, aber das genau tat er nicht, denn er verfolgte meine Bewegungen mit seinem Revolver, um mich im Visier zu behalten.
Natürlich hielt auch ich längst meine Beretta in der Hand. Ich lag zwar und Newton stand, trotzdem hatte ich das Gefühl, nicht in einer schwächeren Position zu sein.
Für einen Moment schien die Szene eingefroren zu sein. Newtons Gesicht trat überdeutlich hervor, und er sah nicht aus, als wollte er aufgeben. Es hatte sich in seinem Gesicht auch nichts verzogen, die Haut blieb glatt, aber in den Augen hatte sich der Wahnsinn eingenistet. Er würde nicht aufgeben. Er würde mich erschießen wollen und senkte bereits seine Waffe.
Ich dagegen hob die Beretta an.
Keine Warnung mehr. Hier ging es um mein Leben. Es war der Augenblick zwischen Leben und Tod.
Mein Schuss peitschte auf. Zugleich noch einer. Aber nicht Newton hatte geschossen wie von mir befürchtet, sondern Suko, der im Hintergrund stand und die Situation genau im Blick hatte.
Newton bekam beide Kugeln ab.
Sein Körper fiel zurück. Der Arm mit der Waffe wedelte durch die Luft, und die Hand schlug gegen eine Sesselkante. Er verlor den Revolver, der auf dem Teppich landete, im Gegensatz zu Newton. Er hatte einen Drall bekommen, fiel in den Sessel hinein und blieb dort in einer etwas lang gezogenen Haltung sitzen, wobei er im ersten Moment wie jemand wirkte, der sich ausruhen wollte.
Dazu passten nicht die beiden Kugellöcher in seiner Brust!
Ich kümmerte mich noch nicht um ihn, sondern drehte mich um, um nachzuschauen, ob die Geschosse des Wissenschaftlers nicht doch Schaden angerichtet hatten.
Keinen menschlichen. Die beiden Frauen und auch Suko waren nicht getroffen worden. Mein Freund stand auf den Beinen, die Pistole noch in der Hand haltend. Dabei nickte er mir zu. Es war stets die Geste des Einverständnisses zwischen uns beiden.
Shao war damit beschäftigt, sich aufzurappeln. Sie atmete tief durch, bevor sie sich auf die weichen Polster der Couch sinken ließ.
Glenda hatte sich nicht vom Fleck gerührt. Sie saß im Sessel und blickte starr nach vorn.
Und Phil Newton?
Es war nicht zu erkennen, ob er noch lebte. Von zwei Kugeln in die Brust getroffen, sah es zumindest statistisch nicht gut für ihn aus.
Ich braucht nur einen knappen Blick, um Suko klar zu machen, wo ich hingehen wollte. Er folgte mir, aber ich beugte mich als Erster über den Mann.
Sein Mund war geöffnet, und auch das leise Röcheln konnten wir nicht überhören. Aber wir sahen auch die dünnen, rosigen Schaumbläschen auf seinen Lippen.
»Wir brauchen einen Notarzt!«, sagte ich.
Newton hatte mich gehört. »Nein, bitte nicht«, flüsterte er. »Das hat keinen Sinn. Ich habe nur noch ein paar Minuten zu leben. Ein Mensch spürt so etwas. Ich habe mein Ziel nicht erreicht, es ist schade, sonst hätte Glenda vielleicht mit mir Kontakt aufnehmen können.« Er lachte und hustete in einem, und der rosige Schaum auf seinen Lippen nahm zu.
Noch lebte er. Und mir jagte dabei ein bestimmter Gedanke durch den Kopf. Es gibt immer wieder Menschen, die kurz vor dem nahen Ende ihr Gewissen erleichtern wollen. Möglicherweise gehörte dieser Mann dazu, und so stellte ich meine Frage.
»Können Sie noch reden?«
»Über was?«
»Über das, was Sie erfunden haben?«
Ich glaubte mich auf dem
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