1369 - Eine grausame Wahrheit
auch einen Steinanbau, aber als Hütte konnte man es nicht bezeichnen.
Am Rand der Wacholdersträucher blieb Glenda Perkins stehen.
Sie konnte den Anbau erkennen und sah, halb verdeckt durch die tief hängenden Zweige einiger Bäume, ein Auto vor dem Anbau stehen. Seine Form wies auf einen VW-Käfer hin, der sich in gepflegtem Zustand befand.
Um das Haus herum blieb alles still. Nichts rührte sich. Abgesehen von den Insekten, die durch die Luft schwirrten. Da hatten die Mücken wahre Schwärme gebildet.
Glenda hatte vorgehabt, dem Haus einen Besuch abstatten. Den schob sie ein wenig auf. Nicht, weil sie sich nicht traute, ihr war einfach etwas anderes in den Sinn gekommen. In ihrem Kopf versuchten Gedanken, sich zu Bildern zu formen. Sie hatte auch jetzt den Eindruck, als wäre ihr dieser Anblick nicht fremd. Da überkam sie erneut etwas wie ein Déjà-vu-Erlebnis.
Täuschung oder Wahrheit? Unter Umständen eine grausame Wahrheit, die für sie eine tödliche Falle bedeuten konnte?
Es war nicht an der Zeit, große Fragen zu stellen. Glenda hatte einfach keine Wahl. Sie musste es versuchen. Sie musste auf das Haus zugehen und nachschauen. Auch wenn sie bisher nichts gehört oder gesehen hatte, wollte sie Gewissheit bekommen. An irgendjemand musste sie sich ja wenden, um Informationen zu erhalten.
Bei ihrer Ankunft hatte sie bereits gesehen, wo sich der Eingang befand. Genau dort wollte sie hin, und sie ging mit recht kleinen Schritten.
Wieder fiel ihr die Stille auf. Sie hatte sich mit der Wärme vermischt, die von der allmählich versinkenden Sonne noch ausgestrahlt wurde. Glenda dachte wieder an ihre ungewöhnliche Reise, und wenn sie davon ausging, dass sie so gut wie keine Zeit verloren hatte, kam ihr der Stand der Sonne schon etwas ungewöhnlich vor.
In London war sie noch nicht so tief in Richtung Westen abgesackt.
Es war auch nur ein flüchtiger Gedanke, mit dem sie sich beschäftigte. Wichtig waren das Haus und die Personen, die darin wohnten.
Falls jemand dort lebte und auch zu Hause war, so zeigte er sich nicht. Glenda wurde nicht angesprochen und auch nicht, als sie vor der Haustür stand, die etwas erhöht lag. Um sie zu erreichen, musste sie zwei Steinstufen hinter sich lassen.
Eine Holztür, die schon einige Macken im Laufe der Zeit abbekommen hatte.
Gerade diese Patina machte sie interessant. So mancher Antiquitätenhändler hätte sich bestimmt die Finger nach einem solchen Stück geleckt.
Glenda war auf dem letzten Stück des Wegs sehr aufmerksam geworden. Sie hatte die kleinen Fenster im Auge behalten, um zu kontrollieren, ob sie von dort beobachtet wurde. Aufgefallen war ihr nichts. So gewöhnte sie sich allmählich daran, das Haus leer zu finden.
Ihr Blick fiel auf die Klinke. Sie sah recht neu aus. Die Sonnenstrahlen hatten das Metall leicht erwärmt. Trotzdem kam es ihr kühl vor, als sie die Hand darauf legte.
Glenda versuchte, ihre Nervosität in den Griff zu bekommen. Sie hätte auch längst geklingelt, wenn sie so etwas entdeckt hätte. Das Öffnen der Tür glich einem Versuch. Sollte das Haus verschlossen sein, so würde sie umkehren und direkt in den Ort hineingehen. Das alles hatte sich bereits in ihrem Kopf festgesetzt.
Glenda hatte Glück.
Die schwere Tür ließ sich öffnen, und sie sprang sogar recht leicht nach innen.
Der tiefer Atemzug hatte auch etwas beruhigendes an sich, als Glenda über die Schwelle trat und in einen sehr aufgeräumten, sauber wirkenden Raum blickte, in dem es mehr Schatten gab als Licht, was sie aber nicht störte.
Es war recht kühl zwischen den Wänden. Dies zu spüren, tat ihr ebenfalls gut. Erwartet wurde sie von keinem Menschen. Sie erlebte trotzdem den Schauer auf ihrem Rücken, denn irgendwie kann sich auch vor wie ein Einbrecherin.
Glenda überlegte, ob sie nicht doch lieber verschwinden sollte, doch einen Versuch wollte sie noch wagen. Deshalb trat sie tiefer in den Raum hinein, wobei sie die Tür nicht schloss.
Noch mal ein knappes Umschauen. Dass dieser Raum so groß war, wies darauf hin, dass man ihn verändert und umgebaut hatte.
Da war auch die schmale Treppe mit integriert worden, die zur ersten Etage hochführte.
Sie ging noch einen Schritt nach vorn, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen.
Genau in dieser Sekunde passierte es.
Hinter ihrem Rücken klang wie aus dem Nichts die Männerstimme auf.
»Hallo, Glenda…«
***
Die Frau mit den dunklen Haaren erstarrte. Jetzt kam sie sich wie schockgefroren vor,
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