1376 - Saladins Phantome
Brille! Ha, ha…!«
In das Lachen hinein fiel Saladins Reaktion. Sir James kam nicht dazu, sich zu wehren, denn mit einem blitzschnellen Griff hatte ihm der Hypnotiseur die Brille vom Gesicht weggerissen…
***
Auf der Insel umgab mich die feuchte Luft eines tropischen Urwaldes. Ich stand zwar auf dem Trocknen, doch mit der Orientierung hatte ich meine Probleme. Ich wusste zunächst nicht, in welche Richtung ich mich wenden sollte. Alles sah so gleich aus.
Letztendlich war es auch egal, irgendwann würde ich wieder das Wasser erreichen, doch das brachte mich auch nicht weiter.
Nur auf dem Weg zum Wasser musste das Versteck liegen, in dem Sir James festgehalten wurde. Ich dachte an eine Hütte oder an einen noch primitiveren Unterschlupf aus Zweigen. Und ich musste auch damit rechnen, dass Saladin Wachen aufgestellt hatte, die diese Insel unter Kontrolle hielten.
Phantome!
Kreaturen, die zwar noch Menschen waren, aber mehr Robotern glichen, die alles für ihn taten.
In den letzten Sekunden hatte ich mich bewusst nicht bewegt. Ich wollte etwas von dem Atem der Insel in mich einsaugen und die Atmosphäre erleben. Dass irgendwo weiterhin die Frösche quakten, das hörte ich nicht mehr, so sehr hatte ich mich an diese Laute gewöhnt.
Gab es noch andere?
Hätte der Wind stärker geweht, so hätte ich das Rascheln der Blätter gehört, aber es war so gut wie windstill. Das war uns schon auf dem toten Themsearm aufgefallen. Die Oberfläche hatte beinahe so glatt dagelegen wie ein Spiegel.
Die Insel versteckte sich. Sie hielt den Atem an. Sie spürte den Fremdkörper, aber sie tat nichts dagegen, doch ich wollte sie locken.
Und deshalb blieb ich auch nicht länger stehen und machte mich auf den Weg. Dabei hatte ich sogar ein Ziel. Jede Insel besitzt ein Zentrum.
Es war kein bequemes Laufen. Ich entdeckte keinen Weg. Überall gab es Hindernisse, die mich aufhalten wollten. Gestrüpp, das mal sperrig war, dann wieder weich und biegsam.
Es gab weder eine Erhebung noch eine Vertiefung des Bodens. Ich blieb auf gleicher Höhe, konnte aber nie aufrecht gehen, sondern musste mich immer wieder ducken, um lästigen Hindernissen auszuweichen.
Fremde Geräusche hörte ich auch nicht, abgesehen vom Konzert der Frösche.
Je weiter ich mich vom Ufer entfernte, desto weniger dicht wuchs das Gesträuch. Deshalb wurde mein Blick auch besser – und von einem Moment auf den anderen hatte ich ein Ziel.
Licht!
Es gab tatsächlich Licht auf dem kleinen Eiland. Ich sah es vor mir, aber es war kein Licht, das aus irgendwelchen Lampen stammte und als künstlich angesehen werden konnte. Dieses Licht zeigt eine gewisse Unruhe und musste meiner Meinung nach von Kerzen stammen, die sicherlich nicht im Freien standen.
Ein knapper Rundumblick zeigte mir, dass die Luft rein war, und mit dem nächsten Schritt visierte ich mein Ziel an. Ich umging eine kleine Gruppe von stark riechenden Wacholdersträuchern und bekam jetzt den relativ freien Blick auf das Licht – und auf das Haus!
Meine erste Reaktion bestand aus einem tiefen Durchatmen. Ich fühlte mich so gut wie am Ziel und dachte darüber nach, dass es im Nachhinein gut für mich gelaufen war.
Das Licht brannte hinter kleinen Fenstern. Und die gehörten zu einem ebenfalls nicht großen Haus. Ich hatte die Hütte gefunden, mit der ich gerechnet hatte.
Niemand brannte Kerzen an, wenn er sich nicht in der Nähe aufhielt. Ich ging davon aus, dass die Hütte bewohnt war und ich dort die Person fand, auf die es mir ankam.
In erster Linie ging es mir um Sir James. Als Zugabe wäre Saladin nicht schlecht gewesen.
In meiner Nähe und rechts von mir hörte ich ein leises Rascheln, in das ein schnaufendes Geräusch hineinklang.
Ein Tier war es bestimmt nicht.
Ich sprang nach vorn und fuhr gleichzeitig nach rechts herum.
Eines von Saladins Phantomen griff mich an und hielt das verdammte Messer stoßbereit in der Hand…
***
Die Brille war weg!
Es gab Menschen, die sich bestimmt darüber amüsiert hätten, nicht aber Sir James, denn ohne Brille war er einfach nur hilflos. Er war zwar nicht blind, aber was er zu Gesicht bekam, das waren mehr Schatten oder Umrisse, die ineinander flossen.
In einem Reflex hatte er die Augen weit geöffnet, weil er einfach mehr erkennen wollte. Da war nichts zu machen. Alles tauchte nur undeutlich auf, und die Flammen der Kerzen hatten sich für ihn in dunstige Kreise verwandelt.
Nachdem er die Brille verloren hatte, war er für kurze Zeit völlig von
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