1378 - Wenn die Totengeister kommen
»Da fragst du am besten Harry Jenkins.«
»Okay, mit Vergnügen.«
»Jetzt?«
»Was denkst du denn?«
Glenda stand auf. »Er muss es wissen«, sagte sie leise. »Aber ob er es uns sagen wird, ist fraglich, denn ich gehe davon aus, dass er ebenfalls tief in dieser Sache drinsteckt…«
***
Harry Jenkins fühlte sich, als wäre der Leibhaftige persönlich hinter ihm her. Aber er konnte dabei noch so klar denken, dass er sich mit seinen Plänen beschäftigte.
Auf dem Nachhauseweg hatte er bereits einen neuen Plan ausgeheckt. Er würde alles verkürzen und die Nacht auf keinen Fall in seiner Wohnung verbringen. Bei ihm klärten sich allmählich die Gedanken. Er wusste jetzt, woran er war. Er wusste viel mehr, als er Sinclair und Conolly gegenüber zugegeben hatte, und er wusste auch, dass sie ihm auf der Fährte bleiben würden.
Ferner stand schon seit langem fest, dass der nächste Tag ein verdammt wichtiger war. Da musste er zum Set, denn da sollte die Szene gedreht werden, die er an diesem Tag geschrieben hatte.
Snuff-Streifen!
Natürlich kannte er sie. Natürlich wusste er, wie man an sie herankam. Ihm war auch klar, dass Versionen nach seinen Drehbüchern hergestellt worden waren. Er war nicht dabei gewesen, er hatte nur eine gute Summe dafür kassiert und ansonsten immer gedacht: Nach mir die Sintflut.
So dachte er auch jetzt, als er die letzten Meter bis zu seiner Wohnung ging. Er stemmte die schwere Haustür auf und betrat den angenehm kühlen Flur. Dort musste er drei breite Stufen hochgehen, um in die Höhe seiner Wohnung zu gelangen.
Harry Jenkins zählte nicht eben zu den ängstlichen Menschen, doch jetzt, vor der Wohnungstür, kamen ihm schon seltsame Gedanken. Er fragte sich, ob es richtig war, wenn er die Räume betrat.
Er musste es tun. Er konnte sich nicht einfach so zurückziehen. Er benötigte einige Sachen, ohne die er nicht auskommen konnte. Der Termin im Studio war verdammt wichtig.
Beim ersten Rundumblick erhielt er auch keine Aufklärung. Der Flur war leer. Im Haus lebten nur Mieter ohne Kinder. Hier war es sowieso recht ruhig, und so gab er sich einen Ruck, schloss die Tür auf und versuchte auch, die Erinnerung an seine Erlebnisse auszulöschen. Geister hin – Geister her, jetzt ging es um sein Fortkommen.
Die Hitze draußen hatte sich nicht in die Wohnung hineingeschlichen. Er liebte die Kühle, die seine Haut streichelte, schloss die Tür und nahm sich die Zeit, erst einmal zu lauschen, wobei er sich in seiner Wohnung vorkam wie ein Fremder.
Die übliche Stille hat ihn empfangen, und als er das Licht einschaltete, ging es ihm noch besser.
Danach ging alles sehr schnell. Bei Harry Jenkins gab es kein Chaos. Alles lag griffbereit an seinem Platz, und so fand er die Dinge, die er in eine Reisetasche packte, recht schnell. Er wollte den Rest der Nacht in einem Hotel verbringen.
Kreditkarten steckte er ebenfalls ein, vergaß auch eine gewisse Menge an Bargeld nicht und nahm natürlich auch die ersten Seiten des Drehbuchs mit.
Das war für ihn wichtig. Der Film musste fertig gestellt werden.
Erst danach war er zufrieden, und dann wollte er Urlaub machen und in den folgenden vier Wochen nichts von all den Dingen hören.
Einfach nur relaxen. Egal, was da noch kam.
Für ihn stand auch fest, dass Sinclair und Conolly nicht aufgeben würden. Der Reporter hatte Blut geleckt, der war zäh wie Leim und blieb an einer Spur kleben. Natürlich würde er bestimmte Dinge vermuten, womit er auch Recht hatte, aber Harry Jenkins wollte nicht, dass er noch mal mit Conolly und dessen Freund zusammen traf. Er hätte ihnen ja einen Teil der Aufklärung geben können. Genau das wollte er nicht. Da hätte er nur in einem schlechten Licht da gestanden.
Nur dass übersinnliche Kräfte und möglicherweise auch der Teufel seine Hände im Spiel haben könnten, hatte er nicht bedacht.
Wobei er an den Teufel so konkret nie geglaubt hatte. Jetzt überlegte er, ob nicht doch etwas dran war.
Die Tasche war gepackt. Bevor er den Reisverschluss zuzog, überlegte er noch, ob er auch alles mitgenommen hatte. Doch, das hatte er. Ihm fiel jedenfalls nichts ein, was er vergessen haben könnte.
Bevor er die Wohnung verließ, blieb er im Erker stehen und schaute nach draußen. Von dieser Stelle aus war die Straße recht gut zu überblicken. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn plötzlich die Verfolger aufgetaucht wären.
Der Herzschlag beruhigte sich wieder. Sie kamen nicht, und auch die Geister ließen sich
Weitere Kostenlose Bücher