1390 - Blut-Banditen
mehr, und die Menschen hatten gehofft, aber sie waren enttäuscht worden. Blühende Landschaften suchte man vergebens. Das Land schien in eine tiefe Depression gefallen zu sein. Natürlich gab es einige Gewinner, aber die Masse der Menschen lebte in Armut.
Hoffnung war die EU und waren auch einige Konzerne, die sich in Rumänien ansiedeln wollten. Doch davon hatte Petrila nichts. Die kleine Stadt in den Karpaten siechte vor sich hin. Junge Menschen wanderten ab, aber nicht alle blieben in der Fremde. Es gab auch welche, die zurückkehrten in eine relative Sicherheit, weil sie in den Städten, in denen das Faustrecht herrschte, nicht zurechtgekommen waren.
Es gab ein paar Handwerksbetriebe im Ort, aber auch die siechten dahin. Eine Holzfabrik hatte in der letzten Zeit einen Aufschwung erlebt und sogar Arbeitskräfte eingestellt. Es gab auch Menschen, die ihre Waren auf anderen Märkten verkauften, die wesentlich größer waren. Da hatten sich bereits einige Erfolge gezeigt, denn Handwerkerkunst ließ sich an den Mann oder die Frau bringen.
Geschnitzte Erinnerungen. Manchmal sehr kitschig, aber sie waren besonders bei den Menschen gefragt, die Rumänien als Touristen entdecken wollten. Und dafür hatte der Staat ein großes Ohr.
Schon immer waren Fremde von den düsteren Bergen der Karpaten angezogen worden. Und so gab es regelrechte Touristen-Trecks, die von einem schaurigen Schauplatz zum anderen zogen und dabei stets den Hauch des Pfählers spürten, der als Vlad Dracula in die Geschichte eingegangen war.
Von staatlicher Seite waren die Menschen unterstützt worden, die sich dem Tourismus nicht verschlossen und kleine Hotels und Pensionen errichteten, in denen die Menschen übernachten konnten.
Natürlich mussten die Häuser einen gewissen Standard aufweisen, aber auch das ließ sich machen. Selbst Petrila hatte davon profitiert.
Es gab ein kleines Hotel und eine kleine Pension. Den Sommer hatten die Besitzer gut überstanden, doch jetzt stand der Winter vor der Tür, und da musste man erst mal sehen, was diese Monate brachten.
Petrila war leider kein Wintersportort. Die lagen woanders und mehr in Richtung Polen. Dort nahm der Tourismus zu, denn nicht alle Menschen hatten das Geld, um in den teuren Gegenden der Alpen Urlaub zu machen.
Auch der Besitzer eines Lebensmittelladens hatte sich dem Boom angeschlossen und das Warenangebot durch den Ausbau seines Geschäfts um einiges erweitert.
Als Marek in den Ort einfuhr, lag noch die feuchte Morgenkühle über den flachen Feldern. Sie hatte sich als kniehohes Tuch über die Ebene gelegt und würde erst gegen Mittag verschwinden, wenn die Sonne es geschafft hatte, sich durch die Wolken zu drücken. Noch lag sie dahinter und war nur als verwaschener gelber Kreis zu sehen.
Marek parkte seinen VW vor dem Geschäft und betrat wenig später den Laden. Die alte Glocke war noch geblieben. Ihr Läuten war bis in den letzten Winkel zu hören, und ein Mann, der sich gebückt hatte, um etwas auszupacken, richtete sich auf.
Es war der Sohn der Besitzer, der seine Eltern zum Ausbau gedrängt hatte. Er war für ein halbes Jahr in der Stadt gewesen, hatte sich dort umgeschaut und war mit Ideen zurückgekehrt.
»Ah, Marek, du bist es.«
»Ja, ich wollte mal wieder vorbeischauen.« Er baute sich neben einem hohen Dreieck aus aufgestapelten Büchsen auf. »Nicht viel los heute, wie? Das habe ich schon während der Herfahrt gesehen.«
»Das Geschäft lässt allmählich nach.« Der junge Mann strich sein Haar zurück.
»Sind noch Touristen da?«
»Einige. Herbstwanderer, die aufpassen müssen, dass sie nicht vom ersten Schnee überrascht werden.«
Frantisek verzog das Gesicht. »Ja, ich denke, dass wir in der nächsten Woche damit rechnen können, und dann ist Petrila für die nächsten Monate wieder vergessen.«
»Ich hoffe nicht.«
»Ach, wieso?«
Der Händler lachte. »Wir haben an einem Konzept gearbeitet. Der Bürgermeister war begeistert, und das haben wir in der Stadt umgesetzt. Zusammen mit den Hoteliers bieten wir uns als Langlauf-Region an. Das ist doch was – oder?«
»Nicht schlecht.«
»Meine ich auch.«
»Habt ihr denn Anfragen? Habt ihr die Gerätschaften, um Loipen zu spuren und so weiter…?«
»Nein, haben wir nicht.«
»Dann sieht es schlecht aus.«
»Das muss nicht sein, denn wir haben uns für Gäste stark gemacht, die einen echten Langlauf durch den tiefen Schnee erleben wollen und ohne Loipen durch die Wälder fahren. Wenn es Buchungen gibt,
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