1397 - Der Vampir und die Wölfe
ausruhen. Sein Atmen glich mehr einem Keuchen und Hecheln. Es hatte sogar Ähnlichkeit mit dem der Wölfe bekommen.
Er bewegte sich zunächst nicht, weil er abwarten wollte, was die Tiere unternahmen. Sie blieben in seiner Nähe. Sie umkreisten ihn, aber sie bissen nicht zu.
Marek begriff in diesem Moment gar nichts. Er konnte froh sein, dass die Tiere ihn in Ruhe ließen. Aber es würde und musste weitergehen, das stand für ihn fest. Er würde nicht die ganze Nacht hier auf dem Eis liegen bleiben.
Er hatte noch seine Waffe, was er unbedingt als Vorteil ansah.
Aber er hörte auch etwas, als er sich bewegte. Unter ihm knackte das Eis.
Die Furcht schoss wie ein heißer Strahl durch seinen Körper. Sein Gesicht glühte auf, und er merkte, dass sein Herz schneller schlug.
Sollte so das Ende aussehen? Er auf einer dünnen Eisschicht liegend, die allmählich zerbrach, sodass er in diesem verdammten Gewässer ertrank?
Die Tiere umstanden ihn. Sie knurrten. Sie stießen ihn jetzt mit ihren Schnauzen an, als wollten sie dafür sorgen, dass er endlich etwas unternahm.
Aber was?
Es gab nur eine Möglichkeit für ihn. Er musste hochkommen. Das genau wollten sie.
So bemühte er sich zunächst, auf die Beine zu gelangen, was auf dem glatten Untergrund alles andere als einfach war. Hinzu kam die schwere Kleidung, die drückte, und so schaffte Marek es erst beim zweiten Anlauf. Er gab sich einen Ruck – und stand.
Breitbeinig, schaukelnd, den Blick nach unten gerichtet. Da sah er, dass das Eis in seiner Umgebung schon einige Sprünge bekommen hatte. Es war lange nicht so dick, wie es von außen aussah.
Frantisek blieb stehen. Er bewegte sich um keinen Millimeter, weil er zunächst eine gewisse Sicherheit erlangen wollte. Und so schaute er stur nach vorn.
Er hatte den kleinen See leer erlebt. Damit rechnete er auch jetzt, nur war das ein Irrtum.
Das Gewässer war nicht mehr leer.
Jemand hatte es vom anderen Ufer aus betreten und stand nun vor ihm. Es war die Unperson, die eigentlich nicht mehr existieren sollte, aber trotzdem noch vorhanden war.
Will Mallmann, alias Dracula II!
***
Aus dem Mund des Pfählers drang kein einziges Wort. Er blieb bewegungslos stehen und zwinkerte nur mit den Augen wie jemand, der das Bild, was er sieht, einfach nicht wahrhaben will.
Mallmann und er!
Sie waren nicht mal zu weit voneinander entfernt. Hinzu kam die recht helle Nacht, sodass sie sich gegenseitig gut erkennen konnten.
Dem Pfähler war klar, dass Dracula II erschienen war, um mit ihm, den Todfeind, abzurechnen. Es konnte nur einen geben. Für zwei von ihnen war kein Platz.
Bisher hatte Marek nur angenommen, dass sich Dracula II in der Gegend herumtrieb. Nun hatte er den Beweis. Der Vampir existierte, und das, obwohl Marek ihm den Pfahl in den Rücken gerammt hatte. Wie es dort aussah und ob sich die Wunde geschlossen hatte, konnte er nicht sagen, denn er schaute dem Supervampir ins Gesicht, dessen Mund zu einem triumphierenden Lächeln verzogen war.
Dracula II sah schmutzig aus. An seiner Kleidung klebten nicht nur alte Schneereste, sondern auch gefrorenes Laub, und auch dem ansonsten bleichen Gesicht hätte eine Reinigung nicht geschadet.
Im Kampf gegen die teuflischen Untoten hatte sich einer wie Frantisek immer bewährt. Dabei war er oft genug von einem Schauer des Sieges oder des Triumphes erfasst worden. Auch jetzt rann ein Schauer über seinen Körper, nun allerdings aus anderen Gründen.
Zudem ärgerte er sich darüber, dass man ihn so leicht in die Falle hatte locken können, was sein Gegenüber natürlich genoss, und Mallmann fing endlich an zu reden.
»Hallo, Marek. So sieht man sich wieder.«
Der Pfähler nickte. »Ja, Mallmann, so sieht man sich wieder. Hat der Teufel dich nicht gewollt?«
Mit einer arroganten Geste breitete der Supervampir die Arme aus. »Wer oder was ist schon der Teufel, mein Freund? Ich rechne mit ihm nicht. Ich bin mir selbst genug, und ich stelle mich mit ihm durchaus auf eine Stufe. Das kannst du jetzt erleben.«
»So ist das.«
»Und du hast gedacht, ich wäre vernichtet? Vielleicht zu Asche zerfallen – he?«
»Nicht wirklich.«
»Doch, du hast es!«
»Nur am Anfang. Als ich deine Leiche nicht mehr fand, sah ich meinen Irrtum allerdings schnell ein!«
»Das ist dein Pech oder dein Schicksal. Die Menschen sagen, man trifft sich immer zweimal im Leben. Bei uns trifft es auch zu, obwohl wir uns schon öfter gesehen haben. Aber irgendwann muss auch Schluss sein, denke ich.
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