1397 - Der Vampir und die Wölfe
auch in der Gegenwart sah es nicht so positiv für mich aus.
Das vergangene Jahr hatte uns einen großen Sieg gebracht. Es war uns gelungen, den Schwarzen Tod zu vernichten. Diesmal endgültig, denn mit einer Rückkehr war bei ihm nicht zu rechnen.
Und nun?
Ich wusste es nicht, und das war auch gut so. Ich würde alles an mich herankommen lassen, denn es gab Probleme genug. Eines davon hieß Saladin, dem es gelungen war, Glenda Perkins zu manipulieren. Er war momentan abgetaucht, aber Glenda hatte es noch immer nicht geschafft, wieder ›normal‹ zu werden, wobei man ihr das Unnormale beim besten Willen nicht ansah. Sie war nur mit anderen Kräften ausgestattet worden und hatte die Fähigkeit, sich von einem zum anderen Ort zu beamen. Wobei wir nicht vergessen durften, dass sie sich unter der Kontrolle des Hypnotiseurs Saladin befand.
Auch Baphomets Bibel existierte noch. Ich hatte sie in Chartres gefunden, aber die Horror-Reiter waren plötzlich erschienen und hatten sie mir wieder entrissen. So konnten wir davon ausgehen, dass wir irgendwann auch auf sie treffen würden.
Einfach sah die Zukunft nicht aus, aber was war schon einfach in unserem ungewöhnlichen Leben?
Natürlich hatte ich alles berichten müssen. Meine Freunde konnten es kaum fassen, dass ich eine Halbschwester gehabt hatte. Natürlich stellten sie auch immer wieder die Frage nach der Lanze und wollten wissen, wo man unter Umständen nach ihr suchen konnte.
Ich wusste die Antwort nicht und sprach von einer anderen Dimension, die vielleicht einen Namen besaß, wie Bill Conolly meinte, denn er tippte auf Avalon.
Ich winkte ab. »Ja, das kann sein. Man weiß es nicht. Und ich weiß auch nicht, ob es sich dabei um die Lanze handelte, die auch immer wieder in den Sagen und Legenden der Geschichtenschreiber erwähnt wurde. Vieles liegt im Dunkeln, und ich denke, dass wir auch nicht alles ans Licht holen können.«
»Okay, dann müssen wir abwarten.«
»Sicher, Bill.«
»Und ich bin der Meinung, dass der Dienst jetzt allmählich aufhören sollte«, erklärte Sheila. »Wir sitzen hier schließlich nicht im Büro und diskutieren Fälle. Wir wollen zusammen den Jahresausklang feiern. Es kommt schließlich nicht immer vor, dass wir das schaffen. Deshalb lasst uns erst mal auf das Vergangene anstoßen.«
Da hatte Sheila Recht. Sich jetzt mit trüben Gedanken zu befassen, war auch nicht das Wahre. Wir mussten unseren Optimismus bewahren, wir mussten alles nehmen, wie es kam. Darauf hoben wir unsere Gläser und tranken.
Die Gläser klangen einander. Wir tranken Rot- und auch Weißwein. Darauf hatten sich Shao und Suko verständigt. Es glich schon einem kleinen Wunder, dass sie überhaupt Wein tranken, aber Silvester war eben ein besonderer Tag.
Die Zeit war im Flug vergangen. Der Champagner stand bereits kalt, aber draußen zeigte sich der Winter nicht eben von seiner kalten Seite. Es war einfach zu warm für die Jahreszeit. Hinzu kam der Regen, der in gewissen Abständen aus den Wolken fiel und für alles andere als eine Silvesterstimmung sorgte.
Und es war an der Zeit, dass Bill eine Zigarre rauchte. Das tat er immer zum Jahreswechsel.
Und normalerweise knallten die Conollys auch, wenn sie Silvester zu Hause feierten. In diesem Jahr jedoch würden wir nicht knallen.
Das Geld, das gespart wurde – und noch ein paar Pfund zusätzlich – gingen an die Flutopfer. Der Champagner reichte aus, auch wenn er von noch so vielen Menschen als dekadentes Getränk bezeichnet wird.
Wir alle hatten eine gewisse Summe gespendet, aber ein gutes Gewissen hatte ich trotzdem nicht, wenn ich an die unzähligen Toten dachte und auch daran, dass viele Tote noch gar nicht gefunden waren. Vor allen Dingen nicht auf den zahlreichen kleinen Inseln, die die Welle überspült hatte.
Draußen war es für die Jahreszeit zu warm. Im großen Wohnraum der Conollys brannte das Holz im Kamin.
Glenda ging zur Tür und öffnete sie.
Bill schaute auf die Uhr. »Willst du jetzt schon raus? Wir haben noch eine Viertelstunde Zeit.«
Glenda hatte sich eine leichte Strickjacke umgelegt. »Nein, nein, ich will nur frische Luft schnappen.«
»Das ist okay.«
»Und genau das werde ich auch machen.« Mit einem Ruck stand ich auf, nahm das Glas mit und gesellte mich zu unserer Assistentin, die in den dunklen Himmel schaute, aus dem momentan kein Regen fiel. Der aufgefrischte Wind schien ihn vertrieben zu haben.
Ich legte meinen Arm um ihre Schultern. »Na, alles in Ordnung?«
Sie
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