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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ihm.
    Isla war hinzugesprungen und an seine Seite getreten.
    „Isla Ben Maflei!“ erklang es ganz bestürzt.
    „Ja, Isla Ben Maflei, der dich kennt, und den du nicht zu täuschen vermagst. Und blicke dich um; da steht noch ein anderer, der mit dir zu reden hat!“
    Er wandte sich zur anderen Seite, da stand Osco vor ihm. Er sah, daß er verloren sei, wenn ihm nicht eine schnelle Flucht gelang.
    „Euch führt der Scheïtan herbei. Geht zur Dschehennah!“
    Mit diesem Ruf stieß er Isla zurück und wollte entspringen. Er hatte bereits die Säulen erreicht; da trat Halef vor und stellte ihm ein Bein; er fielt über dasselbe hinweg und stürzte zur Erde nieder. Natürlich wurde er sogleich gepackt und in das Selamlik zurückgebracht.
    Dieser Mann war ein Feigling. Als er sich von so vielen ergriffen sah, machte er nicht den geringsten Versuch der Gegenwehr; er ließ sich ruhig binden und auf den Boden niedersetzen.
    „Herr, glaubst du nun noch an die Frömmigkeit dieses Mannes?“ fragte der kleine Hadschi den Wirt. „Er wollte dich bestehlen und dann fliehen.“
    „Ihr hattet recht“, antwortete der Wirt. „Was geschieht mir ihm?“
    Da streckte Osco die Hand gegen den Gefangenen aus und sagte:
    „Er hat meine Tochter geraubt und mich hinausgetrieben, sie unter Gram und Herzeleid zu suchen. Er gehört mir, denn so wollen es die Gesetze der schwarzen Berge.“
    Da trat ich ihm entgegen.
    „Diese Gesetze gelten nur auf den schwarzen Bergen, nicht aber hier. Übrigens hat der Fürst deines Landes diese Gesetze aufgehoben. Ihr habt mir versprochen, diesen Mann dem Richter zu übergeben, und ich hoffe, daß ihr Wort halten werdet.“
    „Effendi, die Richter dieses Landes sind bekannt“, antwortete der Montenegriner. „Sie werden sich bestechen lassen und ihm Gelegenheit geben, zu entfliehen. Ich verlange ihn für mich!“
    „Was wirst du mit ihm tun, wenn wir ihn in deine Hand geben?“ erkundigte sich unser Wirt.
    Der Gefragte zog seinen Dolch hervor und antwortete:
    „Er wird an diesem Stahl sterben.“
    „Das kann ich nicht zugeben, denn er hat kein Blut vergossen!“
    „Er hat in Stambul zu den Mördern gehört!“
    „Grad darum darfst du ihn nicht töten. Soll sein Sohn straflos bleiben? Sollen auch alle entkommen, die man nicht fangen konnte, obgleich sie zu denen gehörten, welche das Wort ‚en Nassr‘ kannten? Er muß leben bleiben, damit man ihre Namen erfährt.“
    „Wer aber macht mich glauben, daß er auch wirklich seine Strafe findet?“
    „Ich! Der Mann, welcher Hulam heißt, ist nicht der Geringste unter den Bewohnern dieser Stadt. Ich werde noch jetzt zu dem Richter gehen, damit er diesen Menschen abholen und gefangen nehmen läßt, und ich schwöre dir bei Allah und dem Propheten, daß er seine Pflicht erfüllen wird!“
    „So tu es!“ sagte Osco finster. „Aber ich sage dir, daß ich dich bei deinem Schwur festhalten werde so lange, bis ich gerächt worden bin!“
    Barud el Amasat wurde eingeschlossen und der grimmige Osco tat es nicht anders, er mußte mit ihm zusammengesteckt werden. Hulam begab sich zu dem Beamten, und wir warteten des Bescheides, den er bringen werde. Als er zurückkehrte, folgten ihm mehrere Khawassen, welche den Gefangenen abzuholen hatten. Er wurde ihnen übergeben, und als sie mit ihm verschwunden waren, konnten wir mit dem Bewußtsein zur Ruhe gehen, unseren Wirt vor Nachteil bewahrt und einen bösen Menschen unschädlich gemacht zu haben.
    Der Richterspruch eines Kadi läßt nicht lange auf sich warten und so beschlossen wir, zu bleiben, bis das Urteil gesprochen werde. Wir hatten nun Zeit, uns Adrianopel anzusehen.
    Wir besuchten die Moschee Selims und Murads, ebenso eine türkische Medresse; dann durchwanderten wir den berühmten Bazar Ali Paschas und machten endlich eine Kahnfahrt auf der Maritza, an welcher die Stadt liegt. Zur Mittagszeit kehrten wir heim und fanden eine Vorladung vor, bei dem Kadi zu erscheinen. Um neun Uhr türkischer Zeit, was nach unserer Uhr nachmittags drei Uhr, erschienen wir vor dem Richter.
    Das Verhör war ein öffentliches, und es hatte sich ein zahlreiches Publikum eingefunden. Ein jeder Einzelne von uns mußte seine Aussage tun, und der Gefangene saß dabei, um es zu hören. Als wir alle gesprochen hatten, fragte der Kadi den Angeklagten:
    „Du hast gehört, was diese Männer sagen. Ist es wahr oder nicht?“
    Der Gefragte antwortete nicht; der Kadi wartete eine Minute und fuhr dann fort:
    „Du kannst also nichts

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