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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Gleich in einer der ersten Gassen erblickte ich zwei Khawassen. Nachdem ich ihnen eine kurze Erklärung gegeben hatte, forderte ich sie auf, mich zu begleiten, und sie taten es. Es war meine Absicht, zunächst zu Hulam zu reiten, um vor allen Dingen die Freunde zu beruhigen. Mit Hilfe der Polizisten fand ich mich zurecht.
    In einer der Straßen, durch welche wir kamen, bemerkte ich unter den vielen Passanten einen Mann, welcher, als er Ali Manach erblickte, mit allen Zeichen des Schreckens stehenblieb, dann aber mit raschen Schritten weiter eilte.
    Kannte er meinen Gefangenen? Am liebsten hätte ich ihm einen der Polizisten nachgeschickt, um ihn festnehmen zu lassen. Wie nun, wenn dieser Mensch die anderen warnte! Aber auf einen bloßen Verdacht, ja auf eine reine Vermutung hin konnte ich es doch nicht gut wagen, einen vielleicht ganz und gar Unschuldigen seiner Freiheit berauben zu lassen, wenn auch vielleicht nur auf eine einzige Stunde. Ich – ein Christ – befand mich ja in einem mohammedanischen Land.
    Bei dem Haus Hulams angekommen, klopfte ich an das Tor. Der Schließer blickte durch das Loch und stieß einen Ruf der Freude aus, als er mich erblickte.
    „Hamdullillah! Bist du es wirklich, Effendi?“
    „Ja. Öffne, Malhem! …“
     „Sogleich, sogleich! Wir sind in großer Angst um dich gewesen, denn wir dachten, daß dir ein Unglück zugestoßen sei. Nun aber ist alles gut!“
    „Wo ist Hadschi Halef Omar?“
    „Im Selamlik. Alle sind dort versammelt und trauern über dein Verschwinden.“
    „Alargha – aufgeschaut!“ rief da einer der beiden Khawasse. „Bist du denn vielleicht Kara Ben Nemsi Effendi?“
    „Ja, so heiße ich.“
    „Peh ne güzel – wie schön, wie schön! So haben wir also die dreihundert Piaster verdient!“
    „Welche dreihundert Piaster?“
    „Wir sind ausgesandt worden, nach dir zu suchen. Wer eine Spur von dir findet, soll diese Summe erhalten.“
    „Hm! Eigentlich habe ich euch gefunden! Aber ihr sollt das Geld empfangen. Kommt mit herein!“
    Dreihundert Piaster sind ungefähr sechzig Mark. Also so sehr hoch hatte man mich taxiert. Ich konnte stolz sein. Der Wärter hatte das Tor weit aufgerissen. Er machte ein sehr erstauntes Gesicht, als er den Derwisch erblickte, den er bisher nicht hatte sehen können. Kaum wurden im Hof die Tritte des Pferdes hörbar, so kam man herbeigeeilt.
    Der erste war mein kleiner Hadschi Halef Omar. Er machte einen gewaltigen Satz über sämtliche Stufen herab, ganz gegen die orientalische Würde, schnellte sich auf mich zu, ergriff meine Hand und jauchzte:
    „Allah 'l Allah! Bist du es? Bist du es wirklich, Sihdi?“
    „Ich bin es, mein lieber Halef. Laß mich nur aus dem Sattel steigen!“
    „Du kommst geritten? Du bist außerhalb der Stadt gewesen?“
    „Ja. Ich habe viel Unglück gehabt, aber auch viel Glück.“
    Auch die anderen streckten ihre Hände nach mir aus. Mitten unter den Freudenrufen ertönte einer des Erstaunens. Isla hatte ihn ausgestoßen.
    „Effendi, was ist das?“ fragte er. „Wen bringst du hier? Das ist ja Ali Manach, der Tanzende!“
    Man hatte bisher nur auf mich, weniger auf den Derwisch geachtet. Islas Rede lenkte die Aufmerksamkeit auf denselben. Man sah, daß er angebunden war.
    „Ali Manach? Der Sohn des Entflohenen?“ fragte Hulam.
    „Ja“, antwortete ich. „Er ist mein Gefangener. Kommt herein! Ich habe euch zu erzählen.“
    Wir begaben uns nach dem Selamlik und nahmen auch den Derwisch mit, hatten uns aber noch nicht gesetzt, als das Tor abermals geöffnet wurde. Es war der Kadi, welcher kam. Er war ebenso erstaunt wie erfreut, mich zu sehen.
    „Effendi, du lebst? Du bist hier?“ fragte er. „Allah sei Dank! Wir gaben dich verloren, obgleich ich nach dir suchen ließ. Wo bist du gewesen?“
    „Nimm bei uns Platz, so sollst du es erfahren!“
    Der Gefangene hatte sich in eine Ecke niedergekauert, und Halef hatte neben ihm Platz genommen, der kleine Hadschi wußte, was er zu tun hatte, bevor ich zu sprechen begann.
    Ich erzählte und wurde viele, viele Male unterbrochen, ehe ich zu Ende kam. Dann gab es eine Menge von Fragen und Ausrufungen der verschiedensten Art. Halef allein war es, der seine Ruhe bewahrte. Er rief laut:
    „Still, ihr Männer! Man darf jetzt nicht reden, sondern muß handeln!“
    Der Kadi warf dem Kleinen einen Blick zu, welcher zurechtweisend sein sollte, fragte ihn aber doch:
    „Was meinst du denn, was getan werden soll?“
    „Man muß sofort diesen Ali Manach

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