14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul
Wenn er das glaubt, so wird er auch allen unsern andern Finten folgen.“
Ich verband die Ranken eines Pfeifenstrauches zu einem recht auffälligen Torbogen, trieb meinen Rappen zu einigen Lancaden, um den Boden mit Spuren zu versehen, und ließ ihn dann in das Wasser gehen. Der Engländer folgte. Da wir stromaufwärts hielten, erreichten wir trotz der heftigen Strömung die grad gegenüber liegende Stelle des anderen Ufers, wo ich einige Strauchspitzen umbrach, um die Richtung scharf nach Süden anzudeuten. Es gab hier grasigen Boden, was mir lieb war, da die Nässe, die von uns tropfte, dadurch weniger bemerkbar blieb.
Jetzt ging es im Galopp weiter. Die Perser mußten nach einer halben Stunde dieselbe Stelle erreichen, und dann erkannten sie, wenn sie nicht ganz und gar unerfahren oder leichtsinnig waren, ganz sicher, daß die Spuren unserer Pferde im Gras nicht älter als vom heutigen Morgen sein konnten. Dennoch ritten wir zwei Stunden lang in gleicher Richtung fort über kurze Ebenen, über niedrige Hügel und durch seichte Täler, die von kleinen Wasserläufen durchflossen waren. Dann erreichten wir, wie ich vorher vermutet hatte, den Djalah wieder und setzten auf das andere Ufer über. Natürlich hatten wir an passenden Stellen unsere Zeichen angebracht. Jetzt zog ich ein Stück Pergament hervor.
„Ihr wollt schreiben, Master?“ sagte Lindsay.
„Ja. Die Zeichen müssen nun bald aufhören, und so will ich versuchen, ob ein Pergament die gleiche Wirkung hervorbringt.“
„Zeigt her, was Ihr schreibt!“
„Hier, seht es Euch an!“
Ich gab ihm das Pergament, auf welchem etliche persische Worte standen. Er sah sie an und dann mich; dabei zogen seine Lippen ein höchst verlegenes Trapezoid, und seine Nase legte sich verschämt zur Seite.
„Heigh-ho! Wer soll diese Geschreibsel lesen! Wie heißt es?“
„Es ist persisch und wird von hinten, also von rechts nach links gelesen. Es lautet: ‚Halijah hemwer ziru bala – jetzt beständig abwärts!‘ Wir wollen sehen, ob sie dieser Weisung Folge leisten.“
Ich bog zwei Äste eines Strauches zusammen und befestigte das Pergament in der Weise daran, daß es sofort gesehen werden mußte. Hierauf ritten wir dem Lauf des Flusses nach, bis wir eine passende Stelle fanden, um unsern letzten Übergangspunkt zu beobachten, ohne selbst gesehen zu werden. Hier stiegen wir vom Pferd, um ein Frühmahl zu halten und die Tiere trinken und grasen zu lassen. Natürlich waren wir sehr gespannt darauf, zu sehen, ob unsere List Erfolg haben würde.
Wir mußten weit über eine Stunde warten, bis wir endlich da oben am Fluß eine Bewegung wahrnahmen. Das Fernrohr zeigte mir, daß alles gelungen sei, und so ritten wir höchst befriedigt weiter. Erst kurz nach Mittag machte ich ein Zeichen, und dann gegen Abend wieder eines an der Ecke eines Seitentales, das sich vom Fluß ab nach West erstreckte. Dies war die erste Gelegenheit, den zweiten Teil unsers Unternehmens auszuführen, nämlich die Perser nach rechts abzulenken; bis jetzt hatte das Terrain sich noch nicht dazu geeignet.
Am Eingang dieses Tales hielten wir unsere wohl verdiente Nachtruhe.
Am andern Morgen befestigte ich ein zweites Pergamentstück, das angab, daß der Weg nun lange Zeit nach Sonnenuntergang führen werde. Im Laufe des Vormittags ließ ich ein drittes zurück, des Inhaltes, daß Hassan Ardschir-Mirza mißtrauisch geworden sei, weil er mich (das heißt Saduk) bei einem Zeichen ertappt habe. Dann zu Mittag brachte ich das vierte und letzte Pergamentstück an. Es enthielt die Nachricht, daß der Mirza über die Hügel des Bozian entweder nach Dschumeila oder Kifri gehen wolle, und daß sein Mißtrauen so gewachsen sei, daß er mich in die Vorhut versetzt habe, um mich stets vor Augen zu haben; das Zeichengeben sei mir also jetzt beinahe unmöglich geworden.
Hiermit war unsere Aufgabe gelöst. Ich hielt es gar nicht für nötig, uns zu überzeugen, ob der Susbaschi uns auch wirklich bis hierher folgen werde; denn nach allem, was bisher geschehen war, stand sicher zu erwarten, daß er unsere List für Wahrheit nehmen werde.
Wir kehrten, mit unserer bisherigen Richtung einen Winkel bildend, um und kamen durch Gegenden, die wohl selten ein Fuß betrat. Es mußten viele Windungen und Umwege gemacht werden, aber dennoch erreichten wir den Djalahfluß noch lange vor Abend. Wir ritten noch eine Strecke aufwärts, bis der Abend uns zwang, Halt zu machen. Am Morgen brachen wir früh auf und langten bereits
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