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14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul

Titel: 14 - Im Schatten des Grossherrn 03 - Von Bagdad nach Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Herren“, bat der Pole; „es soll so etwas nie wieder vorkommen. Vielleicht erzähle ich noch, warum ich mit diesem Mann so nachsichtig bin. Er hat mir große Dienste geleistet. Stopft euch eure Pfeifen!“
    Ich zog meinen eigenen Tabak heraus und schüttete ihn auf das Brett, und als dann die Pfeifen dampften, sagte er:
    „Nun kommt; ich werde euch die Wohnung zeigen!“
    Er führte uns zum ersten Stock empor. Dieser bestand aus vier verschließbaren Stuben, welche alle einen Teppich in der Mitte und schmale Kissen an den Wänden hatten. Unter dem Dach gab es noch zwei kleine Räume, die auch verriegelt werden konnten. Das Logis gefiel mir, und ich fragte nach dem Preis.
    „Hier gibt es keinen Preis“, antwortete der Alte. „Wir müssen uns als Landsleute betrachten, und so ersuche ich Sie, in Beziehung auf die Wohnung mit den Ihrigen mein Gast zu sein.“
    „Ich weise Ihr freundliches Anerbieten um so weniger zurück, weil es mir ja zu jeder Stunde frei steht, den Vertrag zu brechen. Die Hauptsache für mich ist, von der Welt da draußen unbeachtet und ungestört zu sein.“
    „Das sind Sie hier im vollständigen Maße. Wie lange gedenken Sie in meinem Hause zu verweilen?“
    „Nicht lange, leider; wenigstens vier Tage und höchstens zwei Wochen. Um mich Ihnen zu erklären, erlauben Sie mir vielleicht, Ihnen ein kleines Abenteuer zu erzählen?“
    „Gewiß, nehmen wir Platz. Es sitzt sich hier oben ebenso gut wie unten, und unsere Pfeifen brennen ja noch.“
    Wir setzten uns, und ich erzählte ihm dann von unseren Verhältnissen und von der Begegnung mit Hassan Ardschir-Mirza so viel, als mir nötig dünkte. Er hörte mit der größten Aufmerksamkeit zu, und als ich geendet hatte, sprang er empor und rief:
    „Herr, Sie können getrost zu mir ziehen, denn hier wird niemand sein, der Sie belästigt oder gar verrät. Wann werden Sie kommen?“
    „Morgen in der Dämmerung. Aber einen Umstand hatte ich vergessen: wir haben mehrere Pferde und auch zwei Kamele; haben Sie Platz für diese Tiere?“
    „Genug; Sie haben den Hof noch nicht gesehen, welcher hinter dem Haus liegt. Sein überdachter Teil reicht hin für Ihre Bedürfnisse. Nur eins erwarte ich, daß Sie nämlich für Ihre Bedienung selbst Sorge tragen.“
    „Das versteht sich ganz von selbst!“
    „So sind wir also einig. Ich werde Ihre Aufrichtigkeit baldigst erwidern, indem ich Sie auch mit meinen Verhältnissen bekannt mache; doch nicht heut, denn Sie haben sich bereits erhoben, und ich sehe, daß Sie noch andere Geschäfte zu besorgen haben. Wenn Sie morgen kommen, so wenden Sie sich um die Gartenmauer herum; Sie werden auf der Seite, welche dem Pförtchen gegenüberliegt, ein breites Tor finden, an dem ich Sie erwarten will.“
    Wir verließen den Alten, zufrieden mit unserm Erfolg, und kehrten mit unsern vorigen Begleitern nach der Stadt zurück – –
    Am andern Abend zogen wir ein: Hassan Ardschir-Mirza in Frauenkleidern, um etwaige Beobachter irre zu führen. Seine früheren Diener waren abgelohnt worden, und nur Mirza Selim Agha blieb in seiner Nähe. An Stelle der Diener trat der Araber, welcher uns gestern geführt hatte.
    Der Aufenthalt in unserer neuen Wohnung brachte uns ein Ereignis, welches ich trotz seiner interessanten Natur übergehe, da mir vielleicht später Gelegenheit wird, es zu erzählen. Nur muß ich bemerken, daß ich während meiner kurzen Streifereien durch Bagdad zweimal einer Gestalt begegnete, in welcher ich Saduk wiederzuerkennen glaubte.
    Als ich mit dem Perser wieder auf seinen Zug nach Kerbela zu sprechen kam, mußte ich leider bemerken, daß er sich gegen meine Begleitung abweisend verhielt. Ich konnte ihm dies unmöglich verübeln; er war ein Schiit, und sein Glaube verbot ihm bei Todesstrafe, die heiligen Stätten an der Seite eines Ungläubigen zu besuchen. Das einzige Zugeständnis, welches er mir machte, bestand in der Erlaubnis, mit ihm bis nach Hilla reiten zu dürfen, wo wir uns bis auf weiteres trennen mußten, um uns dann in Bagdad wieder zusammen zu finden. Eigentlich war er gewillt, hier die beiden Frauen zurückzulassen; doch diese erklärten sich damit nicht einverstanden und wußten ihren Bitten eine solche Dringlichkeit zu geben, daß er sich endlich doch genötigt sah, denselben nachzugeben.
    Somit war ich der Verpflichtung überhoben, die Rolle eines Beschützers der Frauen übernehmen zu müssen.
    Schon jetzt passierten viele Pilger die Stadt Bagdad, um sich ohne Aufenthalt nach Westen zu

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