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140 - Kastell der namenlosen Schrecken

140 - Kastell der namenlosen Schrecken

Titel: 140 - Kastell der namenlosen Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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schwarzen Tüchern, die über dem Tisch lagen, breiteten sich große Weinflecken aus.
    „Wo… bin… ich…?" brachte Roquette hervor. Zwei Reiter, in Eisen und Leder gekleidet, näherten sich ihr. Sie packten ihre Arme, rissen den Kopf nach hinten und zerrten an ihr.
    Leise, mit einer Stimme wie eine scharfe Säge, antwortete der Herrscher über diese Scheußlichkeiten:
    „Im Kastell der Darboussieres. In einem Gemäuer voller ausgesuchter Freuden. In einem Gewölbe, das von unserem Geist erfüllt ist. Wenn du es dereinst verlassen wirst, bist du ein neues, nützliches Mitglied unserer ehrwürdigen Gesellschaft geworden. Glaube es mir."
    Kreischendes Gelächter begleitete seine Worte. Er wedelte mit einer Hand, deren Finger voller großer Ringe steckten. Die Nägel waren schwarz und lang wie Vogelkrallen.
    „Zeigt ihr das Schloß der Leidenschaften."
    Die beiden Reiter zogen sie mit sich. Kerzen brannten mit roter, grüner oder gelber Flamme. Liegen waren aufgestellt, behängt mit besudelten Decken und Teppichen. Junge Mädchen trugen Körbe mit Früchten und goldene Schalen voller Braten zu den Gästen. Sie hatten schmale Gesichter. Ihre Körper waren ausgezehrt, und viele von ihnen trugen blutige Spuren an den Seiten des Halses.
    Eine Tür knarrte auf. Wimmern und Keuchen schlug Roquette entgegen. Sie kam in eine große Kammer hinein, deren Boden mit Stroh bedeckt war. Tiere mit leuchtenden Augen kauerten auf den Eisenstangen der länglichen Fenster. Auf dem Stroh lagen menschliche Gestalten. Augen starrten sie an, aus denen jede Vernunft gewichen war. Andere Menschen hatten sich zur Hälfte in Vogelwesen verwandelt oder in wolfsartige Geschöpfe.
    Jeder Schritt zeigte neue Grausamkeiten, andere Schrecken, mehr Schauerlichkeiten. Roquette zitterte am ganzen Körper. Sie konnte nicht sprechen und hörte nur ihr eigenes Keuchen und den lauten, pochenden Herzschlag.
    Ein anderer Felsengang brachte sie in andere Säle der Unterwelt.
    Sie keuchte auf, vor ihren Augen drehte sich alles. Wieder verlor sie das Bewußtsein. Sie nahm nicht wahr, daß die Knechte sie in einen anderen Raum schleppten und dort auf einen großen, schwarzen Stein legten.
    Mühsam kehrte Dorian Hunter in die Wirklichkeit dieser eigenen Zeit zurück. Er hob fröstelnd die Schultern und füllte das Glas wieder mit Wein. Es war vier Uhr morgens geworden.
    „Jetzt sehe ich ein wenig klarer", sagte er und ertappte sich, wie er wieder in das moderne Französisch zurückgefallen war. „Wie viele waren es im Kastell?"
    „Insgesamt mehr als sechs Dutzend", antwortete Roquette. „Einige starben und wurden nach draußen geschafft. Andere kamen neu hinzu. Die Dämonen töteten auch ihresgleichen."
    „Auch davon weiß ich", murmelte Dorian und nahm einen Schluck. Wie ist es dir gelungen, zu überleben, oder durchzuhalten. Ich weiß, daß die Begriffe dürr sind und nur unvollkommen den Wahnsinn schildern können."
    „Ich war zu schön", sagte sie selbstbewußt und stand auf, um das Glas zu nehmen. „Ich war das auserwählte Spielzeug Dorsans."
    „Er machte dich nicht zum Vampir?"
    „Er machte etwas anderes", antwortete sie. Sie beugte sich nach vorn, legte ihre Hände auf Dorians Schulter und küßte ihn auf die Stirn. „Vielleicht erfährst du es morgen. Es tut so unendlich gut, wieder mit wirklichen Menschen zu sprechen. Du weißt viel über Dämonen, nicht wahr?"
    „Fast alles", bekannte er. „Und nichts davon kann mich heiter stimmen."
    Sie trank und blickte forschend aus ihren herrlichen Augen in sein Gesicht. Er wußte nur, daß sie in jenen Jahren auf eine unvorstellbare Weise reifer und, möglicherweise, weiser geworden war. Ihr Verstand hatte unter all den Foltern nicht gelitten, sondern war wohl gestärkt, wenn auch verändert worden. Vielleicht hatte sich der Verstand geweigert, ab einer bestimmten Höhe der Schrecken weitere Eindrücke aufzunehmen. Die seelische Robustheit eines Bauernmädchens war ein Grund dafür, andere kannte er noch nicht. Dorian legte das Messer aus dem Essensvorrat als Lesezeichen zwischen die Seiten und klappte das Buch zu.
    „Gleich melden sich die wenigen Hähne", sagte er müde. „Du trinkst Wein, trägst meinen Bademantel, ißt Brot und Käse und gähnst. Also bist du wirklich. Wirkliche Wesen, ich jedenfalls, brauchen ein paar Stunden Schlaf."
    „Darf ich bei dir bleiben?" fragte sie leise. Er nickte.
    „Wirst du schlafen?" fragte er. Mit einer solchen Art von Wiedergängerin hatte er so gut wie

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