1400 - Die Templerbraut
einfach schrecklich. Sie konnte nichts dagegen tun. Sogar die Hacken schlugen gegen den Boden, und ihre Zähne prallten gegeneinander. Ihre Reaktion war menschlich. Ein Schock hielt sie in den Klauen.
Nur allmählich kehrte sie zurück in die Wirklichkeit und dachte daran, dass sie noch lebte. Nicht einmal die dünne Haut am Hals war von der Klinge geritzt worden.
Das Zittern ebbte ab. Dafür erfasste sie ein anderes Gefühl. Sie musste plötzlich doch lachen. Die Laute sprangen ihr aus dem Hals, uns sie bewegte dabei ihren Körper, als würde dieser von mehreren Händen hin- und hergeschüttelt.
Endlich hob sie die Arme an. Sie schleuderte die Decke zur Seite, blieb aber noch liegen und atmete tief, sehr tief durch. Ihr Herzschlag raste. Wellen schossen durch ihren Körper bis hinein in den Kopf und röteten das Gesicht.
Dann musste sie husten. Ihr war leicht übel, aber sie begriff auch, dass sie mit dem Leben davongekommen war. Alles andere zählte in diesen Momenten nicht.
Allmählich klärte sie auch der Blick. Sie war wieder in der Lage, die Umgebung aufzunehmen, obwohl sie davon nicht viel sah. Erst als sie sich hinsetzte, klappte es besser, und da sah die Welt schon wieder recht normal aus.
Die Befürchtung, dass die zwei Männer ihr Verschwinden nur vorgetäuscht hatten, bewahrheitete sich nicht, Sophia befand sich allein im Zimmer. Sie merkte erst jetzt, wie klein der Raum war, stand auf und blieb zunächst breitbeinig stehen.
Der Herzschlag hatte sich noch immer nicht beruhigt. Der Schweiß auf ihrer Stirn war kalt geworden. Das Zittern aber hielt sich in Grenzen, und auch die Gedanken beschäftigten sich wieder mit der Realität. Sie ging zur Seite, freute sich darüber, dass sie nicht in den Knien einknickte, und einen Augenblick später fiel ihr siedend heiß ein, weswegen sie überhaupt gekommen war.
Es ging um Paul Mercier.
Den hatte sie nicht in dieser Wohnung angetroffen. Aber sie musste ihn sprechen.
Er wusste bestimmt noch mehr und…
Etwas Kaltes strömte über ihren Rücken. Sie hatte das Gefühl, tief in einen Schacht zu fallen. Sie hoffte, ihren Bekannten nicht zu finden. Es wäre schlimm gewesen, wenn sich das Bild bewahrheiten würde, das plötzlich in ihrem Kopf aufblitzte.
Sophia ging zur zweiten Tür. Auch der Schlafraum besaß ein schräges Fenster. Das Zimmer war noch kleiner als das erste. Durch die Scheibe sickerte nur wenig Licht, als würde es sich schämen, überhaupt in das Zimmer einzudringen. Aber es sorgte auch dafür, dass ein Bett und dessen nähere Umgebung erhellt wurden.
Auf dem Bett lag eine Gestalt. Sie lag so ruhig wie ein Schlafender. Der Mann trug eine schwarze Hose und ein helles T-Shirt, das in Höhe des Halses eine ungewöhnliche Färbung erhalten hatte.
Sophia ging näher. Sie zitterte wieder. Die Welt um sie herum bewegte sich in Wellen.
Paul Mercier schlief nicht. Und das Hemd war am Hals auch nicht durch Farbe gefärbt worden, sondern durch das Blut, das aus der Wunde am Hals geflossen war.
Sophia brauchte nicht erst einen Blick in das Gesicht mit den glanzlosen Augen zu werfen, sie wusste auch so, was mit Paul Mercier geschehen war.
Man hatte Paul Mercier grausam getötet!
***
Sophia Blanc tat nichts mehr. Sie starrte die Leiche an, ohne sie richtig wahrzunehmen. In ihrem Kopf bewegte sich nichts. Das Entsetzen hatte sie erstarren lassen. Aber sie wusste auch, welch ein Glück sie gehabt hatte, und sie merkte, dass es ihr kalt wurde. Ein unsichtbarer Sensenmann schien sie mit seinen verfluchten Knochenhänden zu streicheln. In ihrem Körper gab es keine Wärme mehr. Sie fühlte sich selbst wie tot und wunderte sich trotzdem darüber, dass sie sich noch bewegen konnte.
Sie drehte sich zur Seite, sie ging, sie verließ die Wohnung. Sie drückte die Tür zu, und dann setzte sie ihren Weg fort. Die Bilder wollten ihr nicht aus dem Kopf. Angst lähmte ihre Gedanken.
Wie eine Schlafwandlerin ging sie durch die Stadt und erreichte schließlich ihr Zuhause. Als sie ihre kleine Wohnung betrat, da hatte sie das Gefühl, in einen fremden Raum zu treten.
Von ihren Großvater hatte Sophia einen alten Sessel geerbt. In ihn ließ sie sich sinken, blieb auch sitzen und starrte ausdruckslos ins Leere.
Sie sank nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich zusammen und stürzte hinein in das tiefe Tal einer Depression. Einen Ausweg sah sie für sich nicht.
Sophia dachte nicht daran, die Polizei zu rufen. Sie blieb in ihrem Sessel sitzen, und obwohl sie
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