1401 - Das Blutversprechen
Sessel hier seinen besten Platz hatte.«
»War es John Sinclair, der ihn ersteigerte?«
»Nein, aber der beste Freund des Geisterjägers.«
Sophia überlegte. »Es ist kein normaler Sessel«, flüsterte sie dabei.
»Er ist wirklich etwas Besonderes, und ich spüre auch, dass etwas in ihm steckt, wenn du verstehst, was ich meine. Ich könnte das Gefühl haben, dass er lebt.«
»Nun ja…«
»Ist dem so?«
Der Templer wusste nicht so recht, was er sagten sollte. Schließlich gab er die Antwort und wich dabei etwas aus. »Es ist schon richtig, dass wir es hier mit keinem normalen Sitzmöbel zu tun haben, auch wenn wir darauf Platz nehmen können und er bestimmt nicht zusammenbrechen wird. Man kann ihn nicht als Ausruhplatz bezeichnen. Keiner von uns hier würde das tun, und ich weiß nicht, ob er das akzeptieren würde.«
»Was heißt das?«
»Nun ja, er hat seine Eigenheiten oder Eigenarten, will ich mal sagen.«
Sophia überlegte. »So ganz verstehe ich das nicht. Es hört sich an, als wäre er gefährlich.«
»Es ist anders.«
»Gut. Und wie anders?«
Godwin gefiel die Neugierde der Frau nicht so recht. »Er ist eben nicht als normales Sitzmöbel geeignet. Er nimmt auch nicht jeden an, das musst du verstehen.«
»Nein, das ist…«
»Für manche Menschen stellt er eine Gefahr dar. Und zwar eine tödliche, wenn du verstehst.« Er winkte ab. »Dass musst du einfach so hinnehmen, Sophia.«
»Tödlich«, wiederholte sie. »Für manche Menschen. Es lässt darauf schließen, dass sich der Sessel seine Leute aussucht, die er akzeptiert oder auch nicht.«
»Da liegst du schon richtig. Er selektiert. Er kann auch zu einem Killer werden. Schau dir die Kückenlehne an. Dort stehen zwei Knochenenden in die Höhe. Sie bilden so etwas wie Greifzangen, und sie werden denjenigen erwürgen, der es wagt, sich auf den Sessel zu setzen. Ich habe es erlebt. Es ist keine Schauergeschichte.«
»Dann ist der Knochensessel ein Mörder!«
»Auch das.« Godwin nickte. »Aber nicht nur das. Es gibt auch Menschen, die er akzeptiert.«
»Das hört sich schon besser an. Und was geschieht mit den Menschen, die er akzeptiert?«
»Für sie ist er dann eine Brücke.«
Sophia überlegte. Dabei schüttelte sie leicht den Kopf. »Wieso ist er eine Brücke?«
»Es geht dann um eine Reise. Wer ihn benutzt und wer von ihm akzeptiert wird, den kann er an einen mystischen Ort schaffen, der in den Geschichten und Legenden der Menschen eine große Rolle spielt.«
»Wie heißt der Ort?«
»Avalon, zum Beispiel.« Godwin wunderte sich darüber, wie klipp und klar er die Antworten gab. Sophia war eigentlich noch für ihn eine Fremde, denn er kannte sie erst kurz. Aber er öffnete sich ihr gegenüber und sprach mit ihr über Dinge, die er einem anderen Menschen vorenthalten hätte. Das bewies, wie groß sein Vertrauen in sie oder wie stark er bereits in den Bann der Person hineingeraten war.
»Die Nebelinsel. Oder die Insel der Äpfel.« Sophia hob die Schultern und lächelte. »Ich habe von ihr gehört, aber ich hatte keinen Kontakt. Es lief an mir vorbei.« Sie deutete wieder auf den Sessel.
»Und er entscheidet wirklich, wen er für würdig hält oder nicht?«
»Ja, das ist so.«
»Was würde denn mit mir passieren? Kannst du mir das sagen? Wie würde der Sessel reagieren?«
»Ich habe keine Ahnung. Tut mir Leid, ich weiß es nicht. Aber ich würde es keinem raten, sich freiwillig in ihn zu setzen. Das wäre völlig verkehrt.«
»Du meinst, er könnte mich ablehnen?«
»Genau das.«
Sophia sprach dagegen. »Nein, Godwin, nein, so ist das nicht. Er lehnt mich nicht ab, das weiß ich genau. Ich spüre, dass es zwischen uns eine Verbindung gibt. Da hat sich eine Brücke aufgebaut, und über die werde ich gehen.«
Der Templer erschrak. »Bitte, nicht. Das ist gefährlich. Es könnte dich das Leben kosten.«
»Unsinn, Godwin. Ich merke doch, dass es die Verbindung zwischen uns gibt.«
Godwin spürte den Schweiß auf seinen Handflächen. Er merkte, dass sich die Lage drehte, und das nicht eben zu seinen Gunsten.
Der Sessel war gefährlich für denjenigen, den er nicht akzeptierte.
Da kannte er keine Gnade, und der Templer wollte seinen Gast nicht verlieren.
»Du solltest es wirklich nicht tun, Sophia. Da gebe ich dir den guten Rat.«
»Aber ich muss.«
»Warum?«
Wieder schaute sie nur auf den Sessel. »Weil er für mich etwas Besonderes ist. Er lockt mich. Er will mich. Ich glaube stark, dass er eine Botschaft für mich
Weitere Kostenlose Bücher