1408 - Der Totenholer
»Natürlich.«
»Dann viel Glück.«
Er nickte und verschwand.
Ich wartete vor dem Eingang. Dann ging ich näher an ihn heran, und mir fiel auf, dass das Holztor nicht verschlossen war und auch nicht ganz zugezogen. Es stand etwa eine Handbreite offen.
Im Inneren war nichts zu hören. In der Scheune bewegte sich auch nichts.
Meiner Schätzung nach musste Bill die Rückseite bereits erreicht haben, und so wollte ich die Tür so leise wie möglich aufdrücken. Es würde ein Problem werden, denn beim ersten Ziehen stellte ich fest, dass die Tür mit der Unterseite auf dem Boden stand, doch zum Glück nur mit dem vorderen Ende. So konnte ich sie bewegen, was allerdings nicht lautlos ablief.
Ich machte weiter und vergrößerte den Spalt, bis ich mich hindurchschieben konnte. Ich drückte mich über die Schwelle hinweg und tauchte ein in ein feuchtes Dunkel, in dem es auch anders roch.
Nicht unbedingt nur nach feuchtem Stroh oder Heu. Auch ein Ölgeruch stieg mir in die Nase und der Gestank nach fettiger Schmiere.
Ich glitt nach rechts. Mit dem Rücken schabte ich über die Innenseite des Tors entlang. Mit der rechten Hand glitt ich über das Holz hinweg, und ich stellte dann fest, dass der Eingang fast übergangslos in die normale Wand überging.
Genau dort stoppte ich.
Lauschen und sich auf die Dunkelheit konzentrieren. Das war es, was mich im Moment beschäftigte. Ich wollte herausfinden, ob sich der Leichendieb in meiner unmittelbaren Nähe befand. Das konnte zum reinen Nervenspiel werden, aber ich kannte derartige Spielchen und stellte mich darauf ein.
Die Zeit verstrich, und ich wartete weiter.
Dabei stellte ich fest, dass es nicht unbedingt still war. Hin und wieder hörte ich ein Raschel. Das waren Mäuse, die in der Scheune hin- und herhuschten.
Kein fremdes Atmen. Keine Stimme. Stille umgab mich. War mir das Gespür für Gefahr abhanden gekommen? Diese Stille konnte einem schon in eine trügerische Sicherheit wiegen. Zudem wagte ich nicht mehr, mich zu bewegen, weil das Schaben der Kleidung durchaus gehört werden konnte.
Wie lange wollte ich auf dem Fleck stehen bleiben? Ich dachte zudem an Bill Conolly, der sicherlich an der Rückseite der Scheune lauerte. Sollte sich dort ein zweiter Eingang befinden, was durchaus möglich war, dann würde Bill ebenfalls kommen können, vorausgesetzt, der Eingang war nicht verschlossen.
Pling!
In der Stille hörte ich das an sich leise Geräusch überlaut. Ich zuckte leicht zusammen.
Sofort schoss das Adrenalin in mir hoch. Ich war sofort wieder mehr als hellwach.
Das Geräusch wiederholte sich nicht. Dass ich mich geirrt hatte, daran glaubte ich nicht. Ich hatte es gehört und versuchte herauszufinden, wer es wohl verursacht hatte und wie.
Metall auf Metall!
Ja, so könnte es gewesen sein.
Leider war mir noch nicht klar, aus welcher Richtung mich das Geräusch erreicht hatte. Ich glaubte, dass es von vorn gekommen war. Gewettet hätte ich darauf nicht.
Also lauerte ich auf eine Wiederholung.
Erneut verstrich die Zeit, und nichts durchbrach die Stille.
Ich überlegte bereits, ob ich meine Lampe einschalten und die Waffe ziehen sollte, als ich das Geräusch zum zweiten Mal vernahm.
Pling!
Kein Unterschied zum ersten. Sogar ein leises Echo schwang durch die Scheune.
Aber ich wusste nun genau, aus welcher Richtung es gekommen war. Genau vor mir, und dort musste sich auch mein Gegner befinden, denn Bill Conolly hatte es bestimmt nicht verursacht.
Die Spannung in mir nahm zu. Über meinen Rücken schienen kleine Kugeln zu laufen, die zuvor in ein Eisbecken getaucht worden waren. Die Spannung erhöhte sich weiter, und nach recht kurzer Zeit hörte ich es abermals.
Pling!
Den Atem anhalten, warten…
Pling!
Schon wieder. Auch näher. Ich geriet nicht in Panik, aber ich wusste im Augenblick nicht, wie ich reagieren sollte. Ich konzentrierte mich. Hörte ich Schritte? Wenn sich jemand hier versteckt hielt und mich angreifen wollte, dann musste er auf mich zukommen.
Ich hörte noch nichts. Trotzdem war die Spannung fast nicht zum Aushalten. Dieses Etwas, das hier auf mich gelauert hatte, zählte nicht eben zu meinen Freunden.
Kein »Pling« mehr, dafür hörte ich einen anderen Laut. Nicht genau zu identifizieren. Es konnte sein, dass ein Fuß fest auf den Boden gesetzt worden war. Etwas später erfolgte ein Schleifen, als würde jemand sein Bein oder seinen Fuß nachziehen.
Nicht mehr weit entfernt.
Okay, es hatte keinen Sinn, wenn ich hier länger
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