1408 - Der Totenholer
Mann hieß McRoss. Wie ein Ire sah er nicht aus. Die dunklen Haare ließen eher auf einen Südländer schließen.
»Tut mir Leid, aber das ist Pech«, sagte er.
Ich nickte. »Wir hatten fast damit gerechnet. Dieser Typ ist verdammt schlau.«
McRoss furchte die Stirn. »Tja«, meinte er dann, »das Gebiet ist recht groß hier, und es gibt zahlreiche Verstecke, da kann er auch mit einem Transporter verschwinden. Wir haben in der Nähe auch ein Industriegebiet, und drum herum liegt Buschland, wie wir es nennen. Ich glaube nicht, dass wir ihn in der Dunkelheit finden werden. Da müssen wir schon bis zum Sonnenaufgang warten.«
»Das fürchte ich auch«, murmelte ich.
»Was sagen Sie, Inspektor Sinclair? Sollen wir den Einsatz abbrechen?«
Ich war dafür, denn in dieser Nacht hatten wir keine Chance. »Heben Sie die Sperren auf.«
»Gut.«
Als sich McRoss entfernt hatte, fragte Bill: »Tun wir das Gleiche?«
»Was?«
»Schluss machen!«
»Für heute Nacht schon.«
»Und morgen?«
Ich grinste schief. »Ist ein anderer Tag. Oder heute schon. Mitternacht ist vorbei.« Ich lehnte mich gegen den Rover. »Ich fahre dich jetzt nach Hause und lege mich auch aufs Ohr. Ich werde den Kollegen sagen, dass sie trotzdem nach dem Transporter schauen sollen.«
Bill hob die Schultern. »Okay, einverstanden.«
Ich sprach noch mit McRoss und wies ihn auch an, die Scheune untersuchen zu lassen, wo ich kurz mit dem Unbekannten gekämpft hatte. Dort lag eine Leiche im Schredder, die musste geborgen werden. Außerdem hatte ich auf den Unbekannten geschossen und ihn vielleicht erwischt. Möglicherweise fand sich Blut von ihm oder andere Spuren, die gesichert werden mussten.
Dann war für mich die Sache vorläufig erledigt. Bill saß bereits im Rover. Er telefonierte mit Sheila und erklärte ihr, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchte. In einer halben Stunde würde er wieder bei ihr sein.
Ich fuhr los. Müdigkeit verspürte ich keine. Dafür dachte ich darüber nach, wer sich hinter dieser Gestalt mit der Messerhand wohl verbergen konnte.
Ich sprach auch mit Bill Conolly darüber. Der hob die Schultern und tippte auf einen Perversling.
»Meinst du wirklich?«
»Ja.«
»Ich weiß nicht, Bill. Aber so richtig anfreunden kann ich mich damit nicht. Er holt sich Leichen. Was macht er damit?«
Mein Freund räusperte sich. »Wirf mal einen Blick in die Zeitung, John. Da findest du genug Abartiges, über das man nur den Kopf schütten kann. Aber dass er sich noch über das Internet gemeldet hat, weil mir nicht in den Kopf.«
»Kann sein, dass er seine Macht beweisen will. Er fühlte sich eben unangreifbar.«
»Da soll er sich geirrt haben.«
Das hoffte ich auch. Zunächst mal mussten wir ihn kriegen. Wir mussten herausfinden, wer dieser Unbekannte war. Konnte man ihn noch als einen Menschen bezeichnen? Oder kam er aus dem Schattenreich?
Das alles ging mir durch den Kopf. Wenn dämonische Kräfte hinter ihm standen oder er selbst dazu gehörte, für wen waren dann die Leichen bestimmt?
Ich dachte wieder an die Ghouls, die sich davon ernährten. Es gab für mich keine widerlicheren Kreaturen als sie. Ich überlegte, ob unser Dieb möglicherweise für die Ghouls einen Proviant anlegte.
Ich sprach mit Bill über dieses Thema, aber er schüttelte den Kopf.
»Die Leiche des Unfalltoten war so sehr verstümmelt, dass er sie nicht gebrauchen konnte, wofür auch immer. Ghouls aber interessiert es nicht, ob ihre Beute unversehrt ist oder nicht.«
»Nun, das hast du auch wieder Recht, Bill.«
Das sagte ich, als ich bereits in die ruhige Straße einbog, an der das Haus der Conollys stand.
»Und, John? Willst du noch kurz reinkommen auf einen letzten Drink? Kann auch Kaffee sein.«
»Nein, lass mal. Ich bin froh, wenn ich mich langlegen kann.«
»Gut, dann hören und sehen wir uns.«
»Alles klar.«
Ich stoppte den Rover. Bill klatschte mich ab und stieg dann aus.
Ich gähnte, obwohl ich nicht richtig müde war. Auch wenn ich im Bett lag, würde ich so leicht keinen Schlaf finden, denn eine Frage wollte mir nicht aus dem Kopf.
Wer war der Leichendieb?
***
Der Rest der Nacht verging, und wider Erwarten war ich in einen tiefen Schlaf gefallen. So tief, dass ich mich am Morgen sogar erholt fühlte. Dass ich dabei eine Stunde länger im Bett gelegen hatte, war einfach nur menschlich.
Suko wartete auf mich. Gemeinsam fuhren wir zum Yard, und auf der Fahrt dorthin berichtete ich ihm von meinen nächtlichen Erlebnissen.
Er
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