1416 - Das Gebot der Götter
nie auf die Idee gekommen wäre, es mit einem Roboter der Bordgeneration zu tun zu haben, worunter die Angehörigen der CIMARRON die Zeit verstanden, die sie seit ihrer verspäteten Rückkehr in die Lokale Gruppe verbracht hatten. Der Nachschub aus der Milchstraße war ihnen versperrt, also mußten sie sich auf die Bordlager und ihre eigene Findigkeit verlassen. Freiherr von Dittelbrunn stellte sozusagen ein Konglomerat aus vielen Ersatzteilen dar, die nicht unbedingt für einander bestimmt gewesen waren. Herausgekommen war ein beweglicher Analyseautomat, vollgestopft mit allerlei Spezialgeräten teilweise aus siganesischer Herstellung. Er besaß einen mageren Körper und ein großflächiges Gesiebt mit vorstehenden Wangenknochen. Dominierend in diesem Gesicht waren die großen, dunklen Augen und der Vollbart unter den wild wuchernden Haaren. Der Bart nahm dem Gesicht die robotische Härte, und die winzigen Motoren spielten auf Programmbefehl ihr ganzes Repertoire an Mimik ab. Der Freiherr grinste, blickte ernst und ein wenig verträumt und machte fast gleichzeitig ein weinerliches Gesicht, daß es zum Lachen reizte. „Wer hat diese Murkskonstruktion hergebracht?" knurrte Bully. Der Roboter sah ihn aus einer Mischung von Zuneigung und Abscheu an. Er wirkte beleidigt und erfreut zugleich.
Vee Yii Ly meldete sich. Es war seine Idee gewesen, und er hatte an der Konstruktion der Maschine mitgewirkt.
Die miniaturisierten Ortungssysteme stammten aus dem Lager, das dem Cheftechniker direkt unterstellt war. „Ditty hat recht", sagte Ian aus dem Pilotensitz. „Ich kann es jetzt auch anmessen. Es handelt sich um eine Art Elmsfeuer, schwache elektrische Ladungen unter ganz bestimmten Bedingungen. Sie stellen keine Bedrohung für uns dar!"
Er ließ die Jet weiter absinken, den bedrohlich blitzenden Bänken entgegen.
Die Windturbulenzen, mit denen der Diskus gerade noch gekämpft hatte, verschwanden übergangslos. Die Atmosphäre wurde ruhig, und die Jet tauchte in die Wolken ein. Sie wurde Bestandteil der winzigen Flämmchen, die am Rand der Diskusscheibe entlang tanzten. Etwa eine halbe Minute dauerte es, dann verschwanden sie übergangslos.
Die Space-Jet durchstieß den Wolkenhimmel und drang in den freien Luftraum über der Planetenoberfläche ein.
Von der Oberfläche selbst war mit bloßem Auge nicht viel zu erkennen. Sie lag in ewigem Dämmerlicht da. Die Jet und der Roboter unternahmen getrennte Ortungen und kamen zu dem Ergebnis, daß auf Kassuban ein Treibhausklima herrschte. Die Sonne kam nie durch, aber die Atmosphäre speicherte genug Wärme, damit die Bekassu leben konnten. Der Kohlendioxid-Zyklus hatte in der Entwicklung des Planeten offensichtlich einen anderen Weg genommen, als dies bei der Erde und der Venus der Fall gewesen war. „Wo soll ich landen?" fragte Longwyn.
Bully musterte das, was der Lichtverstärker ihn von der Oberfläche erkennen ließ. Kassuban bestand zu drei Fünftem aus Wasser, und die beiden Großkontinente lagen antipodisch zueinander. Deutlich war die üppige Flora zu erkennen, die den Rand des Kontinents bedeckte, dem sie sich im Sinkflug näherten. „Höhe halten", entschied der untersetzte Terraner. „Wir wollen uns das Landstück einmal genauer ansehen!"
Sie überflogen den gesamten Kontinent.
An den Meeresküsten lagen in unregelmäßiger Reihenfolge die Ansiedlungen der Bekassu. Der Rest der Landmasse wurde von vielfarbigem Grün bedeckt, das nicht erkennen ließ, ob sich darunter Leben verbarg oder nicht.
Ian Longwyn steuerte die Jet tiefer bis auf eine Höhe von zehn Kilometern. Aus dieser Höhe konnten sie ein paar Konturen ausmachen. Sie erkannten den Höhenzug mitten im Kontinent, der bis auf etwa dreitausend Meter über der Meereshöhe anstieg. Die Gipfel waren kahl und leer, es befand sich keine Station dort.
Sie versuchten es nochmals mit dem Hanse-Kode. Wieder hatten sie keinen Erfolg. Niemand gab ihnen Antwort, sie empfingen auch kein Kennzeichen einer automatischen Anlage.
Die Unsicherheit machte Bully mißtrauisch, und er beschloß, sich in keiner Weise übertölpeln zu lassen. Zwar hatte sich sein Mißtrauen gegenüber den Bekassu ein wenig gelegt, aber seine dumpfen Ahnungen über heimlich lauernde Gurrads wuchsen mit jeder Minute. Er schwieg darüber, doch er richtete sein Handeln danach. „Wir landen bei einer der Küstenstädte!" entschied er.
Sie kehrten zur Küste zurück. Der Diskus näherte sich einer Ansammlung von Städten, und sie entdeckten
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