1429 - Totenkopf-Ballade
hineingezogen haben. Das ist alles andere als ein verlängertes tolles Wochenende.«
Ich winkte ab. »Mach dir keine Sorgen. Es ist mein Schicksal, mein Fluch, und ich kann wirklich behaupten, dass dort, wo ich mich aufhalte, immer wieder etwas passiert. Im Laufe der Jahre habe ich mich sogar daran gewöhnt.«
»Dann hast du ja nie richtig Urlaub gemacht«, murmelte Dagmar.
»Bingo.«
Sie schüttelte sich wie jemand, der friert. »Da kann ich nur hoffen, dass es Harry und mir nicht auch so ergeht. Leider ist der Anfang schon gemacht.«
»Zufall«, sagte ich.
»Nein, nein, ich denke…«
Jemand klopfte an die Zimmertür. Sofort waren wir still. Sobec und sein Kollege waren es nicht, die wären sofort ins Zimmer gestürmt. Dafür öffnete eine andere Person die Tür sehr vorsichtig und streckte ihren Kopf durch den Spalt.
»Kommen Sie rein, Jana, kommen Sie«, lud Dagmar die Frau ein.
Die Masseurin zögerte noch. »Ich will aber nicht stören.«
»Unsinn, Sie stören nicht. Wir haben sogar auf Sie gewartet.«
»Gut, wenn das so ist.« Jana stieß die Tür weiter auf und betrat das Zimmer. Dabei schien sie sichtlich erleichtert zu sein.
Wenig später wusste sie, mit wem sie es zu tun hatte.
Jana war vom Aussehen her eine Bilderbuch-Masseurin. Eine kräftige Gestalt, aber nicht dick. Dafür muskulös. Ihr offenes Gesicht gefiel mir, wenn auch jetzt noch das Gefühl der Furcht zu sehen war, das in ihren Augen lag. Sie hatte sich neben Dagmar Hansen auf die Couch gesetzt, da fühlte sie sich wohler. Etwas blass war sie im Gesicht, und bekleidet war sie mit einem grauen Jogging-Anzug, der rote Streifen an den Armen und Beinen hatte.
Sie erklärte uns, dass sie verhört worden war, und regte sich über den Assistenten und seine überhebliche Art auf. »Dem hätte ich am liebsten den Hals zum Korkenzieher gedreht, glauben Sie mir.«
Trotz der ernsten Lage mussten wir lachen. Diese Frau hatte Humor, und das war gut so.
Ihr waren ungefähr die gleichen Fragen gestellt worden wie auch Dagmar. Auch ihr hatte man den Namen Anita Koller gesagt, aber nicht gefragt, ob sich die beiden Frauen gekannt hatten.
»Das hat dieser Schnösel wohl vergessen. Er sprach zuerst mit mir. Sein Chef hat sich um andere Dinge gekümmert.«
»Kannten Sie Anita denn?«, wollte ich wissen.
Jana hüstelte gegen ihr Handgelenk. »Ja, ich kannte sie.«
Das war schon ein Erfolg.
»Gut?«, wollte Dagmar wissen.
»Nein. So wie ich Sie kenne. Beruflich. Sie hat sich von mir durchkneten lassen.«
»Mehrmals?«
»Dreimal bis jetzt.«
»Und was hatten Sie für einen Eindruck von ihr?«, erkundigte sich Harry.
Die Masseurin hob die Schultern. »Wie soll ich sagen? Einen neutralen, wenn ich ehrlich bin.«
»Was bedeutet das?«
»Nun ja, keinen schlechten. Sie hat alles mit sich machen lassen, und es tat ihr gut.«
»Hat sie auch über private Dinge mit Ihnen gesprochen?«
Jana zog die Nase kraus. »Da müsste ich mal nachdenken. Ja, sie hat mal etwas gesagt. Ihr Leben sei kein Zuckerschlecken gewesen. Ein ständiges Auf und Ab. Mehr ab als auf.« Jana hob die Schultern an. »Ich hatte den Eindruck, dass sie unter Schuldgefühlen gelitten hat und dies jetzt endlich aufarbeiten wollte.«
»Hier?«, fragte ich.
»Ja.«
»Wie hätte das aussehen sollen? Hat sie darüber auch etwas gesagt?«
»Nein, hat sie nicht. Ich weiß nur, dass sie sich hier mit jemandem treffen wollte.«
»Kennen Sie den Namen?«
Jana senkte den Blick. »Sie hat ihn mal erwähnt, und ich habe ihn auch wieder aus meinem Gedächtnis hervorgekramt. Sie hat von einer Frau namens Malinka gesprochen. Soviel ich weiß, war das ein Treffen der besonderen Art. Oder sollte es noch werden.«
»Wieso?«
Jana schüttelte den Kopf. »Bitte, das ist einfach zu komisch oder zu unglaubwürdig.«
Dagmar legte ihr eine Hand auf die Schultern. »Wir hören es trotzdem gern, meine Liebe.«
Jana richtete den Blick auf ihre Knie. »Es sollte kein Treffen mit einer lebenden Person werden, sondern mit einer Toten. Das hat mich gewundert.«
»Dann liegt diese Malinka auf einem Friedhof«, stellte Dagmar fest.
»Alles deutet darauf hin.«
Dagmar schaute Harry und mich an. »Ist das was? Da will sich jemand mit einer Toten treffen oder zum Grab einer Verstorbenen gehen, wird aber zuvor auf eine verdammt ungewöhnliche Art und Weise umgebracht. Das riecht doch nach Ärger.«
»Durch wen?«
»Durch die Tote, Harry.«
»Kannst du mir das erklären?«
»Nein, nicht genau. Was wäre
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