1436 - Der Höllensohn
Sie sich etwas vorstellen?«
»Nicht direkt.«
»Aber Sie haben meine Veränderung bemerkt?«
»Das stimmt schon.«
»Dann müssen Sie auch etwas dazu sagen können.«
Mein Lächeln fiel etwas schmal aus. Ich wusste beim besten Willen nicht, was ich antworten sollte. Die Wahrheit wollte ich dem Popen nicht sagen, noch nicht. Er würde sie kaum begreifen.
Aber eine Lösung musste gefunden werden, und deshalb sagte ich: »Es kann durchaus sein, dass Sie das Fliegen nicht so gut vertragen können. Viele haben dabei Probleme mit dem Kreislauf, und ich denke, dass Sie…«
»Nein«, sagte er, »nein, das glaube ich nicht. Ich bin doch gesund, verflixt.«
»Sind Sie denn schon öfter geflogen?«
»Nur kurze Strecken, wie ich Ihnen schon sagte. Aber nicht ins westliche Ausland. Und ich weiß, dass es nicht mit dem Fliegen zusammenhängt. Das ist etwas ganz anderes gewesen. Etwas völlig anderes.«
»Kann sein.«
»Was haben Sie gesehen, John? Sie haben mich doch beobachtet.«
»Das stimmt.«
»Dann sagen Sie was!«
Ich winkte ab. »Es tut mir Leid, aber ich habe nicht so viel gesehen. Ich weiß nichts, was Ihnen weiterhelfen könnte. Das ist alles recht problematisch.«
»Das ist mir zuwenig. Was haben Sie gesehen?«
»Okay, ich sage es Ihnen. Sie waren plötzlich weg. Nicht körperlich, geistig.«
»Wirkte ich da wie eine andere Person?«
»So ähnlich.«
Jetzt nickte er. »Ja, so habe ich mich auch gefühlt, nachdem ich wieder erwacht bin. Ich habe an einen Schlaf gedacht, der mich plötzlich überfiel. Etwas ist in mir gewesen. Es hat mich regelrecht weggerissen. Ich kippte, ich fiel in ein Loch, ich war einfach weg. Gefangen in der dunklen Tiefe und…«, er wollte noch etwas hinzufügen, aber ihm fiel nichts mehr ein. Konstantin stoppte seine Rede und starre ins Leere wie jemand, der innerlich leer war.
Ich sah ein, dass ich ihn in Ruhe lassen musste. Er musste wieder zu sich selbst finden. Ob er mir allerdings eine Hilfe sein würde, das war fraglich. Ich konnte es nur hoffen, aber mehr als auf ihn musste ich mich auf den Geist des Schamanen konzentrieren.
Und der meldete sich nicht.
Ich glaubte nicht daran, dass er sich einen anderen Wirtskörper gesucht hatte. Oder er hatte dafür gesorgt, dass sich die entsprechende Person dabei nicht veränderte.
Ich stemmte mich wieder in die Höhe, um zu sehen, ob sich etwas verändert hatte. Im Prinzip nichts. Dann fiel mir doch etwas auf.
Weiter vorn standen die Flugbegleiterinnen zusammen. Sie flüsterten miteinander und machten auf mich nicht eben einen glücklichen oder zufriedenen Eindruck.
Ich befand mich in einer Situation, die nur äußerlich normal war.
Da gab es die andere Kraft, die darauf wartete, dass etwas passierte, und dieser Geist des Schamanen hatte mir bewiesen, wozu er in der Lage war. Für mich war das erst ein Anfang. Der wahre Horror würde erst noch beginnen, davon ging ich aus.
Als ich mich erhob, schaute der Pope zu mir auf. »Wollen Sie sich die Beine vertreten?«
»Ja.«
»Aber Sie kommen wieder?«
»Klar.«
»Das ist gut. In Ihrer Nähe fühle ich mich irgendwie sicherer.«
Ich deutete ein Lachen an und fragte: »Wie kommt das denn?«
»Verlangen Sie keine genaue Erklärung. Ich weiß nur, dass es so ist. Sie strahlen eine gewisse Ruhe aus, auf die man sich verlassen kann. Darf ich das so sagen?«
»Gern.«
»Etwas haben Sie an sich«, flüsterte der Pope, »das ist anders, einfach ganz anders…«
Ich wollte nicht näher auf ihn eingehen, sondern schritt durch den Mittelgang auf die beiden Frauen zu, die im Durchgang zur Pilotenkanzel standen. Im Hintergrund sah ich ihren männlichen Kollegen, der dabei war, etwas zu notieren.
Auf dem Weg schaute ich mir die anderen Fluggäste an. Allerdings sehr unauffällig, denn es sollte niemand das Gefühl haben, beobachtet zu werden.
Die Menschen zeigten sich meiner Ansicht nach nicht verändert.
Er war alles okay bei ihnen. Es gab keinen Passagier, dem der Flug nicht bekommen wäre. Sie alle saßen da und gaben sich ihren Beschäftigungen hin.
Ich wurde bereits gesehen. Zwei Augenpaare schauten mir misstrauisch entgegen, aber die fragende Stimme der Frau klang durchaus freundlich.
»Wo möchten Sie hin, Sir?«
Ich blieb stehen. Im hübschen Gesicht der Frau blieb der freundliche Ausdruck bestehen. Ich konzentrierte mich mehr auf die Augen.
Dort war oftmals zu erkennen, wie es einem Menschen wirklich ging. Mir fiel sofort auf, dass sie ziemlich nervös war.
»Ich
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