144 - Der Flug der Todesrochen
Unglücklicherweise war Hacker aber schwul, was einer Beziehung zwischen den beiden natürlich im Wege stand. Aiko wusste seine Freundin aber auch so in guten Händen.
»Mir wurde mitgeteilt, dass Sie den Kratersee kürzlich im Alleingang ausgespäht haben?«, wandte er sich an Mr. Black, ohne die stürmische Begrüßungsorgie der Running Men irgendwie zu kommentieren.
In diesem Moment zeichnete sich auch bei Collyn Hacker die Erkenntnis ab, dass es zwischen Honeybutt und Aiko nicht zum Besten stand. Nun, es gab sicher weniger subtile Möglichkeiten, die Lage zu klären. Aiko war mit seinen diplomatischen Fähigkeiten zufrieden.
»Ja«, bestätigte Black ungerührt. »Ich bin bis zu Rulands Ostküste vorgestoßen. Dort konnte ich beobachten, dass die Daa’muren einen Damm zum Pazifik geschaffen haben. Sie sind nun dabei, das Wasser aus dem abgetrennten Kratersee abzupumpen. Warten Sie, ich habe einige Karten vorbereitet, auf denen alles verzeichnet ist.«
Er ging zum Schreibtisch und drehte einen flachen Monitor herum, damit es alle im Raum besser sehen konnten.
Zuerst wirbelte nur ein Hammer-&-Sichel-Symbol über den schwarzen Hintergrund, aber gleich nachdem Black das Touchdisplay berührt hatte, machte der Bildschirmschoner einer stark vereinfachten Grafik Platz, die den riesigen Kometenkrater darstellte.
Das meiste von dem, was Black zu berichten hatte, war Aiko längst bekannt. Die Entstehung der durchgehenden Inselkette, die nun die bisher offene Ostseite des Kratersees säumte, hatte er selbst beobachtet. Zusammen mit Matthew Drax war er dabei mit knapper Not einem der Lavadrachen entkommen, die von den Daa’muren zu den gewaltigen Erdarbeiten eingesetzt wurden.
Andere Dinge, wie die riesigen Wechselwesen, die nun das Wasser aus dem Krater in den Pazifik pumpten, hatte Black zwar als erster entdeckt, doch natürlich waren seine entsprechenden Berichte an alle Allianzmitglieder gegangen.
Trotzdem konnte der Zaritsch von Moska noch mit Kleinigkeiten aufwarten, die dem Flug von Manta One dienlich sein mochten. Schließlich hatte niemand eine bessere Vorstellung von den aktuellen Gegebenheiten am See.
»Sie wollen über das Westsibirische Tiefland auf der Höhe von Tomsk einfliegen?«, erkundigte sich Mr. Black, um sicher zu stellen, dass die bisherigen Absprachen noch galten.
»Ja«, bestätigte Aiko, der gerade seinen silbernen Interface-Dorn aus dem rechten Handgelenk ausfuhr. Mit Hilfe dieses zwanzig Zentimeter langen Universalsteckers klinkte er sich problemlos in den russischen Computer ein und lud die zur Verfügung gestellten Karten und Navigationshilfen direkt in seinen Festspeicher.
»Das erscheint mir am aussichtsreichsten.«
»Kein Problem«, sagte Black. »Manta One wird bereits in einen ARET umgeladen. Die Besatzung wird Sie über den Ural bis zum Westufer des Ob bringen. Bis dahin sind nach unserer Erfahrung keine Attacken der Daa’muren zu befürchten. Wir müssen nur verhindern, dass Spione Wind von der Sache bekommen. Da wir alles innerhalb des Gebäudes verladen, dürfte die Geheimhaltung aber gesichert sein. Ein EWAT kommt zu Besuch, liefert Miss Hardy ab und fliegt wieder nach London. Nach außen hin wirkt das alles sehr schlüssig, und dass Sie hier umgestiegen sind, dringt gar nicht nach draußen.«
Nachdem die Allianz den Viren auf die Spur gekommen war, die den Daa’muren zur Beeinflussung dienten, hatte man alle eingeschleusten Verräter aufgespürt und einer Behandlung unterzogen. Aber natürlich war nicht auszuschließen, dass das Bolschoi unter Beobachtung stand, obwohl sich die Moskawiter unter Blacks Führung äußerst wachsam zeigten.
Was Aiko mit der Rochenattrappe vorhatte, wussten aber ohnehin nur zwei Menschen in der Stadt: Honeybutt und er.
Mr. Black, normalerweise in alle Belange der Allianz eingeweiht, fiel es entsprechend schwer, seine Neugier zu bezähmen.
»Darf ich davon ausgehen, dass Sie mehr als nur eine Aufklärungsmission verfolgen?«, fragte er, mit einem leichten Lauern in der Stimme.
Aiko sah von Mr. Black zu Mr. Hacker und wieder zurück.
Dass die beiden unter dem Einfluss der Daa’muren standen, war nach den jüngsten Erkenntnissen auszuschließen. Er wog deshalb nicht lange ab, ob er sie ins Vertrauen ziehen durfte.
Ein Geheimnis zu teilen, stärkte stets den Zusammenhalt. Und das mochte sich bei dieser Gruppe noch einmal als sehr nützlich erweisen.
Aikos Zögern dauerte nur wenige Mikrosekunden, dann erklärte er bereitwillig: »Mein
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