144 - Der Flug der Todesrochen
den Inhalt der unter ihm liegenden Tanks nicht unnütz zu verschwenden. In ihnen befand sich ein von Naoki entwickelter Krankheitserreger, der auf den Untersuchungen des Stirnkristalls und der daran hängenden organischen Reste basierte, die Aruula erbeutet hatte.
Amarillo hatte sich sofort der Beute angenommen; die Enklave besaß die besten Gentechniker der Allianz. Nach dem Eintreffen des Kristalls mussten die Cyborgs zu ihrer Überraschung feststellen, dass die anhängige Gewebemasse daraus hervor gewachsen war. Sofortige Untersuchungen ergaben, dass der Kristall genetisch programmiert war, einen neuen Rochenkörper auszubilden. Das erklärte endlich, warum noch immer so viele Exemplare über dem Kratersee patrouillierten. Nur wenn man den Kristall zerstörte, war ein Rochen endgültig vernichtet.
Die Abhängigkeit von dem Kristall barg, wie die Wissenschaftler sofort erkannten, die große Achillesferse der Todesrochen. Naoki fand heraus, dass die Körperzellen der Rochen auf ständige Kristallimpulse angewiesen waren.
Weitere Tests ergaben, dass eine Synapsenblockade zwischen Kristallsplitter und Nervensystem den kompletten Körper abtöten würde.
Das zur Verfügung stehenden Rochengewebe wurde daraufhin genau analysiert. Sofort nach Entschlüsselung der fremden Gene entwickelte Naokis Team einen Virus, der die Synapsen zerstörte.
Eine Ironie des Schicksals: Erst hatten die Daa’muren mit Hilfe eines Virus die Menschen gefügig gemacht, und nun würde ein von Menschen entwickelter Virus sie ihrer wichtigsten Waffe berauben…
Der Test am lebenden Tier stand zwar noch aus, Aiko zweifelte aber keine Mikrosekunde an den Ergebnissen der Computersimulationen.
Durfte man den Laboren glauben, wirkte sich der Virus nur auf Todesrochen aus und ließ die übrige Tier- und Pflanzenwelt unbehelligt.
Um den Erreger wirksam einzusetzen, musste er jedoch direkt vor Ort verbreitet werden, am besten so, dass es für die Daa’muren so aussah, als ob sie eine unvorhergesehene Epidemie heimsuchen würde. Sprich: Der Virus musste durch direkten Körperkontakt von Rochen zu Rochen verbreitet werden.
Für den gezielten Einsatz entwickelten die Cyborgs deshalb Manta One. Eine täuschend echt scheinende Attrappe, die sich vollkommen unauffällig unter die richtigen Flugrochen mischen konnte. Zumindest in der Theorie. Der Beweis, dass sich die Tiere tatsächlich täuschen ließen, stand noch aus.
Aiko fieberte bereits der Bewährung entgegen. Mental blieb er zwar völlig ruhig, aber sein Körper reagierte instinktiv mit den bekannten Symptomen. Verstärkter Schweißfluss und nervöse Muskelkontraktionen bewiesen, dass Aiko unter Spannung stand.
Dann, endlich, nach beinahe acht Stunden Flugzeit, entdeckte er den ersten verdächtigen Schatten am Himmel.
Sofort zoomte er das Objekt mit den leistungsfähigen Kameras heran. Es handelte sich tatsächlich um einen Todesrochen, der aus zwei Kilometern Höhe das Land überwachte.
Aiko reagierte, ohne zu zögern. Unter Beibehaltung des ursprünglichen Kurses ging Manta One in den Steigflug über.
Bange Sekunden des Wartens verstrichen, doch der nördlich von ihm positionierte Rochen reagierte nicht auf die Veränderung. Reglos segelte er weiter und sah aufs Land hinab.
Niemand wusste, wie sich die Rochen untereinander verständigten. Ob sie sich an ausgestoßenen Lauten, an Bewegungen oder vielleicht am Geruch erkannten. Aiko musste näher heran, um die Reaktion zu prüfen. Nur so konnte er herausfinden, wie viel seine Tarnung taugte.
Diese Feuertaufe war nötig, auch wenn er damit sein Leben aufs Spiel setzte.
Auf zwei Kilometer aufgestiegen, schlug Aiko einen Bogen.
Langsam schloss er von hinten zum Todesrochen auf. Diagonal betrachtet, klafften noch zweiundzwanzig Meter zwischen ihnen, als er auf Höhe der fremden Schweifspitze stoppte.
Das mächtige Tier sah sich nicht einmal um. Keine seiner ums Maul verteilten Fortsätze, die zu langen Greiftentakel auswachsen konnten, schnappte zu; und der lange Schweif mit der platten, von harten Dornen bewachsenen Spitze zuckte nicht ein einziges Mal. Weder in Aikos noch in eine andere Richtung.
Wären nicht die breiten Brustschwingen gewesen, die im Takt auf und nieder gingen, um die Höhe zu halten, hätte der Todesrochen völlig lethargisch gewirkt. Das Tier war jedoch voll da! Es kümmerte sich bloß nicht um seinen aufgerückten Artgenossen.
Aiko atmete unbewusst auf.
Die Allianzwissenschaftler, die in dem Stirnkristall in
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